Walter Hövel

Auswertung eines meiner 'klugen Bücher' von 1996

Notizen aus der Provinz

Aus dem Leben (m)einer Schule

 

Normalität kreieren lernen

Staatliche und ihre Abart 'Freie' Schule stellt nicht den Menschen in den Mittelpunkt. Sie sieht dort ihren Herrschaftszweck und ihren Lehrstoff. In dem Maße wie Teile der Schulen, ähnlich wie Wirtschaft und Banken, einen Sinneswandel vollziehen und dehierarchiches, kreatives Denken mit dem Menschen einfordert, erleben 'alte' Konzepte wie die Reform- oder demokratisierende Pädagogiken an Aktualität.

 

Die Rolle der Freinetpädagogik

Freinetpädagogik zählt nicht zu der Reformpädagogiken. Ihre Begründer Elise und Célestin Freinet gründeten stattdessen die Bewegung der 'Modernen Schule'. Sie begannen aus ihrer Praxis hinaus und scharten Kolleginnen und Kollegen um sich, die eine ähnliche Praxis pflegten. Diese waren schon vor 100 Jahren 'auf dem Weg'. Dieser Weg begann mit einem kinderfreundlichen Kinder-Ernst-Nehmen hin zu einem immer mehr von Kindern bestimmten Alltag. Sie entwickelten die demokratische Kooperation und Kommunikation der Lehrer*innen und der Schüler*innen selbst. Sie veränderten die Mittel der Schule immer mehr zu Lehrer*ìnnen unabhängigen Lernwerkzeugen, die in sich demokratisiert waren, also von Kindern zum eigenen Lernen zu gebrauchen waren. Sie begannen damit, dass Kinder nicht mehr von Erwachsenen zu Erwachsenen erzogen werden. So wollten sie Schule revolutionieren.“ Heute stehen sie oft genug an den Grenzen der Institution Schule, die zur Herrschaft, nicht zum Lernen gegründet wurde.

 

Vor einem Viertel Jahrhundert beschreibe ich die Freinets als „außergewöhnliche Workoholics, charismatische Antreiber, politische Quertreiber und ein Paar, dass der gegenseitigen Kritik standhielt“. Freinetpädagogik ist kein geschlossenes Konzept. Es ist ein weit offenes, komplexes Gebilde, das in jeder Klasse, in jeder Form von Schule ein anderes Gesicht, eine andere Entwicklung zeigt. Sie kann nur eine Verbesserung bestehender Pädagogik meinen, als auch eine tiefgreifende Veränderung. Selbst vermeindliche Erkennungsmerkmale wie die Druckerei, Karteien, Wandzeitungen, die Korrespondenz mit anderen können, wie sehr vieles, wegfallen. Dagegen finden sich Prinzipien wie das eigene Lernen der Lerner*innen, der freie Ausdruck, die 'Methode Naturelle', die Kooperation, das Verfolgen der Menschenrechte für alle oder sich entwickelnde Inhalte der Demokratie.

 

Es findet sich über Freinetpädagogik der Glaube an die Entwicklung des Menschen, seiner Umwelt- und zu eigenen Schutz, seine soziale und Selbstentwicklung hin zu einem Menschen, der durch Lernen, Müßiggang und Arbeit zu sich selber als Mensch findet. Diese Pädagogik befreit vom Sicherhetsdenken der Erwachsenen, ihrem die Weit schaffen, dem Erwachsenwerden, Strukturen, Noten, Schulen, Verschulungen, Gehorsam, Funktionieren, Prüfungen, Fächern, Indoktrinationen, Politik, Macht, Rollenverständnis, Religion, Arbeit für andere, von allem was Menschen ein- oder unterordenen, unter-richten soll.

 

Freinetpädagogik heute ist vielleicht christlich-fortschrittlich (wie sich Putin versteht, oder im neuesten vom der Geschäftsführung zugesandten Literaturpamphlet steht), verwissenschaftlicht-psychologisch, mittelschichtig-demokratisch, institutionell-sektiererisch, bürgerlich-links, soziolo-gisch - individualisiert, ungenau-definierend, aber auf keinen Fall mehr in ihrem Kern marxistisch. Sie schwimmt mit der Zeit in Gegenwart und Zukunft, nach rettenden Ufern suchend. Sie findet keinen Halt, was vielleicht mehr zu einem Verein passt als alles andere.

 

Veränderung von Schule

Diese 'Veränderung von Schule', diese Weiterentwicklung des Lernens hat immer von anderen Menschen und Dingen gelernt. Diese Schule ist eine Schule der demokratischen Wissenschaften im Sinne eines Sammeln allen Nutzbaren, solange es Menschen und ihrer friedlichen Entwicklung nutzt. Freinetpädagogik lernt von ihren Schüler*innen, von ihrem sich immer verjüngenden, verändernden Denken. Sie lernt bis zur eigenen Abschaffung.

 

Menschen lernen die eigene Normalitiät zu kreieren. Sie fördert jeden Menschen zu seinem eigenen Lernen und Leben. Gesellschaftlich und individuell fordert sie nicht die Freiheit. Jeder Mensch ist frei. Die jetzigen Leitbilder sind Menschenrechte, Demokratie und Inklusion als Rechte, für alle gültig.

 

Kooperation ist freiwillig, Schule als Pflichtschule des Staates nicht. Somit ist die Kooperation von Kindern in den ersten Jahren und im Beruf erzwungen. Die Kooperation von Freinetlehrer*innen ist in der Schule auch erzwungen, nicht im 'Privatbereich'. Das klappte auch solange es pädagogisch 'anders', bezahlbar mit Geld und Zeit, erschien. Die Frage ist, ob es Kooperation in der erzwungenen 'Schule' gibt?

 

Freiwillige Kooperation

Es mag nun Schulen geben, wo nur Kolleg*innen freiwillig arbeiten. Weil es da so nett ist, sie die oder den Schulleitenden schätzen oder das, was sie tun für Demokratie halten. Es gibt die, die davon überzeugt sind, ihren Dienst in das Fortentwickeln des Vaterlandes zu stecken. Da gibt es noch die, die nicht darüber nachdenken, was sie da mit Notengebung, Beurteilung, Stoffverteilung und Selektion und nur ihren Job als Beamte und gut oder schlecht bezahlt machen. Da gibt es die, die nur Geld verdienen, weil sie nichts anderes lernten oder sich für gute Lehrer*innen halten. Es kann sogar sein, dass sie an besonderen Schulen arbeiten, wo der Mensch mehr lernt oder sich menschenrechtlicher verhalten lernt. Einige glauben an die Kraft der Kinder zur Veränderung der Welt, andere an die Weiterentwicklung der Bildung. Andere machen ihre Arbeit gerne, andere quälen sich. Andere machen den Job, weil schon Eltern, Großeltern oder andere aus der Familie Lehrer*innen waren. Einige wollen politisch sein, andere auf keinen Fall.

 

Die Schule als Norm

In Deutschland, in Europa herrscht an den Schulen eine „Norm“. Sie wird durch die Ausbildung, Einstellung, Erlasse, Notengebung, Besoldung, Gesetzte, Stoffverteilung, Fächer, Stundenpläne, Versetzungsordnungen, Richtlinien etc. weitergegeben, ritualisiert und tradiert. Da bleibt kaum Platz für Individualität, Freiwilligkeit oder Freiheit. Es ist kein Platz für Lernen und Leben. Eltern hoffen seit Generationen nur auf gute Lehrer*innen für ihre Kinder', die diese Zeit positiv erlebbar machen. Diese Lehrer*innen beweisen schon immer, dass Schule, also Lernen auch anders geht. In einigen Ländern wird dann auch mehr Geld für die Bildung vor allem junger Menschen ausgegeben. Das wird nicht in den Schulen zuerst entschieden, sondern in den Ministerien.

 

Die Norm als System

Es ist das System Schule, Wirtschaft und Gesellschaft, Bildung oder Education genannt. Es ist die kommunale, die Kreis- und Landesverwaltung mit Politik, Geldmitteln, Juristen, Erlassen und Gesetzen. Es sind die Lehrer*innen, die den Fortbestand der Schule tragen. Es sind Eltern, die dazu aufgefordert werden Mehrheiten zu bilden. Es sind die Kinder selbst, die durch Gehorsam und Funktionieren Schule schaffen.

 

Es ist pädagogische 'Wissenschaft', das Fehlen einer Lobby im Griff von Politik und Staat, eine sich nur langsam und schwer verschiebende, fast oder scheinbar sich ver-ändernde Ideologie der Schulen. Es sind Geld und Macht. Reaktionäres oder rechtes Denken, konservatives Tun, grünes Fühlen, immer wieder sozialdekokratische oder linke Verbesserung, die in verschiedene Richtungen wirken. Es ist das Bündnis einer sich verbessernder Pädagogik mit Kräften eines immer neuen Lerngedanken. Viele tun individuell, durch die Maschen der Systeme, etwas für Kinder, mehr noch für die Kinder der Mittel- und Oberschichten. Unterschichtler, Familien, Arbeiter*innen, Arbeitslose, Behinderte, Flüchtlinge, Frauen, Kinder, Student*innen, Geringverdienende, schlech-ter Gebildete, Minijobber*innen, Ausländer*innen und viele Migranten werden vernachlässigt. Veränderer tun sich schwer. Oft genug hindert sie die eigene Ideologie, die Ideologie ihrer 'Spezies'. Auch Mittelschichtler, entlohnte 'Diener', Beamte genannt, Verwaltungsleute in 'Ämtern', Restaurants, Sicherheit, Poilzei, Militär, Bildung, Pflege und Gesundheit werden verarmt.

 

Redidaktisierung

1996 schrieb ich:„Allerdings erfährt dieser Unterricht eine Redidaktisierung wie sich z.B. in der Grundschulzeitschrift nach 1985 widerspiegelt. Hier werden die Fehler gemacht die Schule in 10, 20 Jahren wieder korrigieren muss.“ Leider geschieht dies noch nicht 2021 und voraussichtlich in den nächsten Jahren. Ich schrieb weiter:„Freinetpädagogik als verbindliche Art etablierenen, läuft Gefahr ihren hohen Grad an Selbstveränderung zu verlieren. Auch sie könnte sich redidaktisieren, die Techniken des Lernens und Arbeitens könnten verschulen.“ Auch dies geschah. Heute 2021 will Freinetpädagogik sich 'renovieren'.

 

Lässt sie sich das noch? Ist sie ohne eine eigene Ideologie, die 'früher' von außen mitgebracht wurde, - nur mit zukünftigen Denken 'renovierbar' oder muss sie sich als eigne Pädagogik überleben oder verändert sie sich nur mit der staatlichen Zwangsschule?

Der Weg der Grundschule Harmonie

Die Grundschule Harmonie ging diesen Weg der Veränderung fast 20 Jahre lang. Heute ist dieser Weg fast gänzlich abgeschafft. Er ist nur noch bei wenigen staatlichen und auch „freien“ Schulen zu finden. Schule befindet national und international auf dem Weg eines Lashbacks. Auf Deutsch hieß das, sie wird mehr und mehr Teil des staatlichen Macht-Verwaltungs-Apparats unserer Gesell-schaften wird. Sie will sich modernisieren, aber verliert die Menschen.

 

Auffallen tut dies an gegenteiligen Zeichen wie ein Auf-der-Seite-der-Kinder-stehen, Kinder-Eigenes-Lernen-Zulassen, Leben und die Welt für die Menschen, gerade von Kindern verändern können. Lehrer*innen sollen keine Herren und Drachen mehr sein. Kinder und Erwachsene tragen Hausschuhe, sie können jederzeit aufstehen, selbst ohne Erlaubnis aufs Klo gehen. Du hörst keine brüllenden Lehrer*innen und siehst kein Schlagen mehr. Kinder bringen sich etwas bei. Sie repräsentieren ihr Lernen selbst. Kinder kooperieren demokratisch, lernen überall und jederzeit. Sie gestalten ihr Lernen selbst. Sie bestimmen was sie lernen.

 

Lehrkräfte oder Schulleiter tun immer nur, was sie sehen und können. Sie tun, was die „Zeit“ zulässt.

 

Lehrer*innenbildung

Damals glaubte ich noch etwas über die Ausbildung oder Weiterbildung der Lehrer*innen zur Verbesserung der Schulen machen zu können. Ich habe nie ernsthaft versucht über die GEW (in Essen, im Bund oder in Siegburg), die EU, den Bund, das Land (NRW), den Bezirk (Köln), den Kreis (das Schulamt in Siegburg) oder gar kommunal (in Eitorf) zu verändern. Natürlich habe ich die Menschen dort mehr gereizt, als sie mich reizten. Mensch hielt die Lehrer*innen „meiner“ Schule und mich eher für arrogant und eingebildet. Das waren wir, da wir unsere Schule für die beste hielten, zumindest in unserer Gegend.

 

Anders verhielt es sich mit der Lehrer*innenbildung. Wir wollten nicht beim örtlichen Seminar oder etwa bei den vielen Hospitationen bei uns der vielen Universitäten oder Lehrer*innen-bildungsseminaren des Zweiten Staatsexamenen 'gewinnen'.

 

Wir (mein Kollegium und ich, einige Teile gingen nur mit) wollten etwas anders machen in der eigenen Bildung. Mit zunehmender Zeit glaubte ich nur an die immer wieder notwendige Schaffung gleichbleibender, wenn auch schwankende Zahl der Demokrat*innen in Schulen und Hochschulen, die wir nur selber (aus)bilden. Ich stellte gar die Theorie auf, dass das System Schule sich selbst schwächt, weil die eigenen 'unteren' Reihen immer wieder ausdünnend 'gute Leute nach oben' beförderte. Und da wird nur ihre Vereinsamung größer und der Einfluss des guten Beispiels in der Klasse immer geringer. Sie werden zu Vertretern des Systems in den eigenen Reihen, der Fortbildung und Ausbildung, nicht zu dessen Verbesserung oder Veränderung. Zudem werden sie immer bessere Befehlsempfänger.

 

Dieses Andersmachen fing da an, dass wir den Lehramtsanwärter*innen versuchten klar zu machen, dass sie nicht im Seminar die Andersartigkeit unserer Schule propagierten oder gar verteidigten. Die LAAs hatten, die bei uns ankamen, zwei Ausbildungen. Im Seminar und den Fachseminaren trugen sie alle Fortschritte in unsere Schule und umgekehrt 'verbesserten' sie die fachliche Lehrer*innenbildung. Andererseits waren sie von nun an vollständige Lehrer*innen unserer Schule. Sie suchten selbst sich die Lehrer*innen und Kinder von denen sie lernen wollten. Hierbei wechselten sie entsprechend dem eigenen Fortschritt ihre Mentoren. Auch sie lernten für sich selbst, sie stärkten sich selbst und wir sie.

 

Für sie galten nicht mehr vorgeschriebene Anwesenheisstunden in der Schule. Sie entschieden selbst wie oft sie in unsere Schule gingen, was sie auch taten. Sie sollten 'unsere' gelebte Bildung und eine möglichst sehr gute Note bekommen. Auch das klappte bei fast allen.

 

Zwei LAAs verließen den neuen Beruf wieder und gingen zurück in den alten. Ihnen fehlte die „Berufung“. (Eine packte es übrigens beim zweiten Mal und wurde eine gute Realschullehrerin.) Ganz wenige wechselten abgeschreckt von unserer Offenheit zu „normalen“ Schulen. Die meisten suchten und fanden uns. Einige fanden später auch eine Einstellung bei uns. Sehr viele wurden Schulleiter*innen.

 

Im Fach Englisch wirkten sie durch die Einführung des Rollenspiels sehr initiativ. In den anderen Fächern trugen die LAAs zum individualisiertem und demokratischen Lernen bei. Sie veränderten den Lernbegriff. Viele sahen wir in der Arbeitskreisen des BüZ, den Exzellensforen des Deutschen Schulpreis und an bekannten Schulen später wieder.

 

Wichtig war, dass einmal in der Woche mit immer 2 bis 4 LAAs.eine schuleigene Bildung stattfand. Wir hätten auch so viele LAAs genommen wie wir über Mentoren verfügten. Aber das Ausbildungsseminar 'gab' uns nicht mehr LAAs, da sie immer als 'Belastung' für die Schulen angesehen wurden. Auf jeden Fall trafen die LAAs, der Schulleiter und 1 bis 4 Lehrer*innen sich wöchentlich. Wir diskutierten Vorkommnisse im Seminar, pädagogische Ansätze. Kinderwollen, Kinderverhalten, Projekte und Neuerungen.

 

In der Prüfung der LAAs mussten sie ein Thema vorstellen. Den Vortrag übten und besprachen sie in der wöchentlichen Konferenz unserer Schule. Im Anschluss diskutierten wir ihr Thema 'in Ernst'. Die LAAs waren immer fit, da wir auch ihre Literatur mitlasen.

 

Ob sie ihr Wissen und ihre Fähigkeit bei und und im späteren Beruf anwendeten, blieb immer in ihrer Verantwortung. Wie bei den Kindern forderten wir nicht, sondern förderten die Menschen.

 

Inklusion

Seit ihrem Bestehen 1996 bis etwa 2015 war die Schule eine Schule der 'Inklusion'. Schon mit ihrem Bestehen konnten Eltern ihre Kinder dort anmelden, die sonst an einer 'Sonderschule' gelandet wären. Es geschah einfach – ohne AO-SF-Verfahren. Recht wurde durch mich als Schulleiter geschaffen. Inklusion war für mich erst eine Selbstverständlichkeit, später eine politische Aktion. Möglich war das dadurch, dass Kinder als Menschen ernst genommen wurden und mehr und mehr das authonome, vom selbst organisierten zum selbst bestimmten Lernen der Kinder Oberhand gewann, bis es Standard war.

 

Zu Beginn waren es vielleicht 10 Kinder, später in jeder Klasse 5 bis 10 Kinder, also bis zu 100 Menschen an der Schule. Bei verschiedenen Jugendämtern hatten wir bis zu 11 „Integrations-helfer*innen“ oder Schulbegleiter*innen bezahlt eingesetzt. Zu Anfang waren dies meist „lern-, geistig- oder verhaltensauffällige“ Kinder. Sie waren ganz normal einfach im Klassenverband.

 

Später kamen sehr viele 'Asperger und 'echte' Authisten', 'Mehrfachbehinderte', viele 'Jugendamtsfälle', 'Mutist*innen', Kinder von Prostituierten und viele andere hinzu. Viele von ihnen wären als Sinti, Roma, Jenische, Ausländer*innen, Migrant*innen, Zeugen Jehovas, Kurd*innen, Türk*innen, Polen, Russ*innen, Portugies*innen, Griech*ìnnen, Italiener*innen, Südameri-kaner*innen, etc, Sikhs, Unterschichtler*innen oder Flüchtlinge oder eben 'Behinderte' 'aussortiert' worden. Viele Eltern, vor allem Mütter halfen, bei anderen Zusatzlehrer, die für Stunden kamem, viele Therapeuten und vor allem Amateure.

 

Es arbeitete viele Jahre eine 'sonderpädagogische Kraft' bei uns, bis zu fünf Studentinnen jeweils für drei Semester des Bastei-Studiengangs 'Inklusion' der Uni Siegen, eine Sozialpädagogin war über die Gemeinde bei uns tätig. Wir arbeiteten immer als Ganztag.

 

Die 'Sozial'pädadagogin wurde eine Klassenlehrerin von vielen. Sie arbeitete in Teams mit Pädagog*innen, die alle immer weiter alle Handwerke lernten. Vor allem lernten sie Schule zu einem Ort zu machen, an dem jeder Mensch lernen konnte.

 

Wir kooperierten mit zwei Inklusionsschulen in Gemeinde und Kreisstadt, mit einer Ganztagsschule in Münster, den Freinetlehrer*innen, der örtlichen Firma Mutabor, den Montagsstiftungen in Köln und Bonn, der PH in Klagenfurt oder anderen sich um das Problem kümmernden Institutionen.

 

Kinder kamen damals wie heute in ein Verfahren, dass 'Ausbildungsordnung zum sonderpädagogische Verfahrenen AO-SF' genannt wurde und wird. Das stellen die abgebenden 'Regel'schule in Zusammenarbeit mit einer Sonderpädagog*in, die in einem getrennten Studien-gang in Extraseminaren ausgebildet wird.

 

Sie arbeiteten in der Regel an Sonderschulen, die in Deutschland trotz Unterzeichnung des UN-Abkommens immer noch bestehen und in der Regel nicht nur vom bestehenden System der damals 16 verschiedenen Einrichtungen im System der Sonderschulen unterstützt werden, sondern auch von den zuständigen Beamt*innen der Schulämter, Kreisverwaltungen und Ministerien der Länder. Man kann heute noch sein Kind legal abstempleln lassen und zum Besuch der Sonderschulen empfehlen. Unglaublich, aber wahr.

 

Mit der Nazizeit werden in Deutschland behinderte Menschen privat versteckt und 'geheilt', damals gezielt getötet ('Euthanesie'). Sie werden in gesellschafttliche 'Hilf-, Sonder- oder Förderschulen' abgeschoben. Ursprünglich schützen sie vor der Regelschule (Prof. Wocken. Uni Hamburg). Sie werden auch in der Bundesrepublik seit ihrem Bestehen als 'behindert' bezeichnet und vom Betrieb der Kindergärten, Grund- und in gesellschaftlich separierenden Formen der verpflichtenden Sekundarschulen ausgeschlossen oder gefördert bis sie einem Durchschnitt entsprechen. Seit 2009 kannst du als Eltern mit der Unterzeichnung der BRD bei der UN dein Recht auf 'inklusive' Beschulung (mit Geld und Knowhow) einklagen. Wenige 'Behinderte' machen heute Abitur, studieren und arbeiten mit uns. Auch was über dem Durchschnitt liegt wird oft als störend oder 'schulunreif' bezeichnet und oft 'sonderbeschult'.

 

Seit 2009 konnten wir Kinder mit einem erfolgreichen AO-SF-Verfahren an der Regelschule halten. Jugendämter machten diese Verfahren gegen die Rechtsprechung zur Voraussetzung von 'Schulbegleitung', die die Jugendämter bezahlen mussten. Wir lernten mit Eltern zu verabreden, welche AO-SF-Verfahren für ihre Kinder für deren weiteren Lebensweg in der Regelschule 'notwendig' waren.

 

Leider setzten Nachfolger nach 2015 diesen Kurs der Inklusion nicht fort. Sie passten sich einem bestehenden System an und informierten Eltern nicht über ihre Rechte. Sie unterstützten ein System mit maximal zwei 'Inklusionskindern' pro Klasse. Sie machten nie alle Kinder zu Inklusionskindern.

 

Heute können wir darüber berichten, wie 'Autist*innen' Abitur machten, wie Migrant*innen Ärzt*innen wurden, wie Unternehmer*innen sich gründeten oder Wissenschaftler*innen forschten, wie wie aus Menschen Menschen wurden. Wir trugen in unserer 20jährigen Existens erfolgreich dazu bei. Es gab eigentlich nie Fälle, in denen eine Beschulung in der Regelschule unmöglich war. In der Fantasie der Lehrer*innen, Schulleitungen und leider auch einiger Eltern schon. Es hängt vom Wollen und der Einstellung der Schulen und Lehrkräfte ab. Es ist ein gesellschaftliches Problem des Geschäftemachens, der Industrie und ihres Konsums.

 

Erst 2021 verließ den AK 'AlleInklusive' der Gemeinde Eitorf. Er war endgültig von Lehrer*innen erobert und die Macht der Schulen etabliert worden. 2021, also 6 - 7 Jahre nach der Rückführung der Grundschule Harmonie in das System der 'normalen' Schulen, gründete sich in Hennef eine Freie Schule, die die Pädagogik der staatlichen Grundschule Harmonie fortzusetzen versuchte. Das kostete der staatlichen Schule immerhin fünf Schulleitungen. Aber der Preis wird von ihr bezahlt.

 

Die ersten Tage der Grundschule Harmononie

Anfang 1996 schrieb ich: „Die Schule existiert nun im 2. Jahr nach ihrer Gründung. Sie ist zweizügig, hat einen 'Schulkinder-garten' und eine 'Übermittagsbetreuung' (aus ihr entstand die Ganztags-schule). Die Zahl der Kinder, jetzt bei 200, wird in den nächsten Jahren bis zur maximalen Auf-füllung der Klassen auf ca. 250 Kinder ansteigen (was auch geschah). Die Zahl, der in die Neu-bauten hinzuziehenden Kinder. wird irgendwann nicht mehr die Schule besuchen dürfen. Der Neubau (!) der Schule ist bereits so ausgelastet, dass neben den 10 Klassenräumen kein einziger Raum mehr zur Verfügung steht. Die Gemeinde lehnte den weiteren Erweiterungsbau breits bei der Eröffnung der Schule (!) aus finanziellen Gründen ab, obwohl dies vom Schulamt des Kreises ange-sprochen wurde.“ (Stattdessen schnitt die Gemeinde die Schulgrenzen später so, dass die Ortschaf-ten Bach, Merten und andere der Grundschule Eitorf zugeschlagen wurden.)

 

„ … Die Sparpolitik der Gemeinde verhinderte jede Gestaltung des Schulgeländes. Sie pflanzte nichts als 16 (!) junge Bäume, Vielleicht noch Grashalme, sonst nichts. Eine projektierte Sporthalle wird niemals gebaut (2021 weiß das noch nicht einmal irgendjemand). In Eigeninititiave der Schule entstanden bisher ein Bolzplatz, (später mit der Gemeinde Hennef, nicht Eitorf, ein DFB-Minispielpatz) ein Schulgarten, eine Treppe und eine Rutsche. Der Hausmeister, er sollte einem Hausmeisterpool mehrerer Schulen angehören, konstruierte und baute als erstes Tore für einen Bolzplatz.“

 

Später baute die Schule und der Gemeindeausgleichsfläche mit den Kindern, ihren Eltern und den Lehrer*innen ein 'Schul-gelände' nach dem Vorbild eines Innenarchitekten. Die Schule ging mit einem Plus von über 3000,- DM aus diesem Projekt. Seitdem gab es es jährlich die 'Geländeaktion' bis 2014. Es sollte noch 12 Jahre dauern bis es Bürgersteige gab, die zur Schule führten. Die Gemeinde ignorierte viele ihrer Auflagen. Im Jahr 2000, also 4 Jahre später, erhielt die Schule den Umweltpreis des Rhein-Sieg-Kreises. Wir bauten ein Schulgelände einfach – auch gegen den Widerstand der Verwaltung und Politik der Gemeinde – selbst. „Die Schule richtete sich mit einem Jägerzaun, einer Hütte, eigenen Klavier, einer elektronischen Orgel, einer Werkbank, Stereolupen und einer Druckerei aus.“ (Später kommt sehr Vieles hinzu.)

 

Die Schule musste zu Schuljahresbeginn 1995 aus dem Stand anfangen. Der Schulleiter wurde zwei Wochen von den großen Ferien ernannt. Die Namen des Kollegiums wurde ihm nur unter der Hand mitgeteilt. Der Personalrat tat es unter der Bedingung, dass der Schulrat es nicht erfuhr, und der Schulrat, dass der Personalrat es nicht erfuhr. Das Kollegium traf sich zweimal vor Beginn der Schule, davon einmal 'geheim' in der Küche einer Kollegin. Der Unterricht begann mit 6 Klassen, den Klassen 1 bis 3. Es waren zwei neue Klassen, eine zusammengesetzte, zwei Klassen der Grund-schule Eitorf und einer der Grundschule Mühleip an. Während der Einschulungsfeier wurde die Schule mit 'Leihmöbel' der Schulmöbelfirma bestückt. Die eigentlichen Tische und Bänke kommen erst drei Monate später.“

 

Das erste halbe Jahr stand nur der westliche Flügel der Schule zur Verfügung, Das Forum mit Hausmeisterloge, Lehrer*innenzimmer, Übermittagsbetreuungsraum, dem (späteren) Musik- und Theaterraum und der südliche Flügel mit Verwaltungsräumen und weiteren 3 Klassen wurden noch gebaut. Es standen exakt sechs Klassenräume zur Verfügung.“

 

Zum Glück gibt es aber einen Flureingang und sechs eigene Eingänge der Klassen. Das hatte der junge örtliche Architekt Guido Kasper fantastisch gelöst.

 

Es standen zwei Hauptschullehrer, zwei einjährige Grundschullehrerinnen und zwei Berufsanfän-gerinnen als Lehrpersonal zur Verfügung. Zwei Leute kannten sich von der Grundschule Eitorf, alle anderen nicht. Der Schulleiter kannte niemanden.“

 

Jetzt (1996, ein Jahr später), arbeiten dort zwei weitere Lehrer*innen und eine Sozialpädgogin als Berufsanfänger und eine bisher arbeitslose Kindergärtnerin als Leiterin der Übermittagsbetreuung.

 

Diese 'Anfänger“ arbeiten ungeheuer professionell. Sie vebinden pädagogische Grundeinstellungen mit theoretischem Wissen (heute wissen wir Menschen, dass wir das lernen, was zugelassen wird), um sofort die konkrtete pädagogische Umsetzung zu leisten (und daraus zu lernen). Schauprojekte, Vorzeigeaktionen oder 'Grundschulzeitschrift' oder 'Grundschule' - Artikel und -Stunden sind verpöhnt.“ Ich hielt es bis zum Deutschen Schulpreis (2005/6) durch nichts von unserer Pädagogik in die Presse zu geben.

 

Wir entwickeln unsere Pädagogik auf der Grundlage der Kompetenzen und Probleme der Kinder.

(Wir lernten erst im Nachherein zu dokumentieren, was Kinder leisteten.)

 

In den beiden ersten Konferenzen wird zudem festgelegt: Die Kooperation der LehrerInnen findet statt. Sie findet nicht so statt, dass das Lehrpersonal die Vorgaben der Gesamtkonferenz zu verwirklichen hätte, noch die Kooperation eine nichtintegrierte Summe der pädagogischen Aktivitäten in der Klasse wäre. Vielmehr bringt jede Lehrerin, jeder Lehrer seine und die Kinder Kompetenzen ein. Unser Ansinnen ist es ein gemeinsames Programm der Schule Stück für Stück zu entwickeln.“ Der Gedanke vom 'Maximalkonsens' wird geboren.

 

 

 

Die Konferenz der Grundschule Harmonie 1996

Die wöchentliche LehrerInnenkonferenz, montags von 12 bis 14 Uhr, ist eingebettet in andere Konferenzen.

 

Da ist alle 14 Tage eine 'Schulversammlung'. Immer eine Klasse zeigt alle Präsentationen von Kindern, ob es Theaterstücke, Freie Texte, mathematische Erfindungen, eigene Themen, Tänze oder eigene Musik ist. Auch werden dort Probleme der Schule 'gelöst'.

 

Einmal im Monat gibt es eine Sitzung des Arbeiskreises Eltern-Lehrer. (Er wird wie die Schulver-sammlung und die anderen Konferenzen immer durchgehalten.)

 

Einmal im Monat gibt es die Sitzung der elterlichen Schulpflegschaft, der immer eine Sitzung der Schulkonferenz folgt. Dazu gibt es eine Unmenge von Fachkonferenzen und Treffen auf Klassenebene.

 

Von Anfang an etablieren sich Klassenräte in den Klassen. Hier hat jedes Kind und jede Lehrer*in jeweils eine Stimme. Zunehmend wird von dort jedes Geschehen, also auch das Lernen in der Klasse bestimmt. (Eine Klasse braucht 9 Jahre bis im Kinderparlament der Schule ein „Klassenrat' in der eigenen Klasse verbindlich beschlossen wird. Die Lehrer*in verlässt daraufhin die Schule.)

 

(Ein Kinderparlament wird erst in ein oder zwei Jahren errichtet. Dieses hatte von Anfang an die gleichen Rechte wie jede andere Konferenz.)

 

Das Lehrer*innenzimmer hat einen großen hellen ovalen Holztisch mit den dazu passenden Holzstühlen, was ich in der größten örtlichen Schreinerei suchte, bekam und bestellte. (Sie blieben über 10 Jahre das demokratisiernde Interieur.) Der Schreiner spendierte zwei Stehpulte(, die vor allem bei den Schulversammlungen von den Kindern genutzt wurde).

 

An drei Seiten hat es Fenster, zum Gang, wo auch die Tür ist und zum Forum, nach draußen auf die überdachte Fläche und auf den asphaltierten Schulhof. Der Architekt machte dies - in eigenen Worten, - 'damit die Scheißlehrer von den Kindern gesehen werden'. Die Wahrheit ist, dass sie sich gegenseitig sehen. Der Architikt erlebte noch (faschistische) Lehrer*innen, die nicht viel mit Demokratie zu tun hatten. 1996 sind Lehrer*innen da, die Demokratie und Kinder zur Grundlage des Lernens machen.

 

Es gibt eine große Wandzeitung im Lehrer*innenzimmer. Hier werden alle Themen, die behandelt werden sollen, von den Kolleg*innen aufgeschrieben. Jede Konferenz wird - wie der Klassenrat der Freinetklasse – von der nächsten Kolleg*in geleitet. Das bedeutet, dass der Schulleiter jede 10. Sitzung leitet. Die Tagesordnung wird von der Wandzeitung bestimmt. Die Leiter*in der Sitzung entscheidet, welches Thema oder Themen aud der jeweiligen Sitzung geleitet werden.

 

In der Regel beginnen wir mit den Unterrichtstipps. Im ersten Jahr stellte eine/r einen Musiktipp vor. Wie spiele ich das Lied 'Eine Insel mit zwei Bergen' auf dem Teppich in der Klasse? Die Kinder spielen die Berge, den Tunnel, Gleise, den Eisenbahnverkehr, das Meer, Lummerland, … , es wird erklärt wo und wie ich Specksteine bekomme, wie er bearbeitet wird, draußen (wegen der Rutschgefahr), … , wie in Barren Seilchen als Hängebrücken gespannt werden. Es folgt ein Beispiel mit Kinderlyrik …, (und das noch 18 Jahre bis 2014).

 

Schulorganisatorisches wird nicht auf Konferenzen behandelt. Nur inhaltliche Planungen des Lernens sind zulässig. Alle Kolleg*innen sind aufgefordert in Eigenverantwortung Dinge unter-einander und ggf. in Absprache mit der Schulleitung zu regeln. Zum Transparentmachen und zum Anzeigen von Terminen, dient eine einfache Standtafel, die im Lehrer*innenzimmer steht. Die Kon-ferenzen dienen nicht der Organisation der Fachunterrichts, sondern dem Lernen in, außerhalb und der Schule.

 

Im Wechsel gibt es pädagogische Themen wie auch allgemeine. Wird z.B. eine Projektwoche geplant, brauchen wir in der Regel zwei Wochen. Auf der einen werden Ideen und Bedürfnisse gesammelt, entstehen Themen und Aufbau der Woche und das persnliche Angebot, auf der anderen die Gestaltung der Arbeit, bis hin zur gemeinsamen Planung von Einstiegen, Exkursionen, Arbeitsphasen etc., die Arbeit jedes Lehrers.“

 

(Bald werden die tägliche Frühkonferenz der Lehrer*innen eingeführt und das Öffnen der Schule um 7 Uhr, Unterrichts-(Kreis)-beginn ist um 8 Uhr. Sie beginnt um 7.15 Uhr. Eine Kinderkonferenz auch.)

 

Fortbildung

Einmal im Jahr organisieren wir uns selbst eine eigene dreitägige Fortbildung. Wir machen sie in der Schule, in einem Tagungshaus oder anderswo. (Auch das halten wir fast 20 Jahre durch.) Hier wird am 'Innenleben' gearbeitet. Wir organisieren uns Schreibgespräche zu Grundsätzen unserer Pädagogik, zum Lernbegriff. Diese Arbeitsweisen orientieren sich an den Arbeitsweisen der Freinettreffen: Ein Programm wird gemeinsam aus Angeboten und Wünschen der Teilnehmer*innen erstellt. Einerseits gibt es Angebote der Teilnehmer an die gesamte Gruppe, anderseits werden ganzheitliche Techniken benutzt, die eine theoriefundierte praxisnahe Behandlung von Inhalten ermöglichen, die die Inhalte, also Fragen und Versuche der Teilnehmer*innen bezüglich ihrer Praxis selbst sind.

 

Kolleg*innen werden angehalten zudem landesweit mindestens eine Woche bei einer Fortbildung auf eigene Kosten zu verbringen.“

 

(Im nächsten oder übernächsten Jahr fuhr das Kollegium in die Schweiz, in das Dorf 'Schössli In' und deren Schule. Wir machten dort Fortbildungen, eine gemeinsame Konferenz und Urlaub1. Eine 7. Klasse der dortigen Schule machte eine Woche Unterricht bei uns.)

 

Förderverein

Einmal im Monat gibt es eine Sitzung des Fördervereins, der von Anfang an besteht. Es war damals an unserer Schule so üblich, dass kein Kind von einer Klassenfahrt oder anderen schulischen Aktion ausgeschlossen wurde. Eltern erhielten vom Förderverein der Schule die Fahrten und Aufenthalte ganz oder teilweise ersetzt. Diese Regelungen blieben immer eine Sache zwischen dem Förderverein und den Eltern. Nie erfuhr die Schulöffentlichkeit hiervon, in vielen Fällen auch nicht die Kinder.“

 

In Finnland gibt es eine solche Regelung nicht. Hier bezahlt die Schule für jedes seiner Kinder alles.

 

Das Programm einer Schulversammlung im November 1996

Die Versammlung leiten 'die Roten Mäuse' mit Sybille Vlachakos:

  1. Zur eigenen Ruhe in den Gängen

  2. Zwei Freie Texte

  3. Tanz mit eigener Musik von vier Mädchen

  4. Drei Freie Texte

  5. Ein Lied aus Dornröschen von den 'Kobolden'

Anschließend gibt es Versammlungen in den vier Jahrgangsstufen“

 

Schon vor 25 Jahren 'sehr seltsame Eltern'

Die Elternschaft der Schule ist unterschichtig, zu dem sehr heterogen in sozialen, etnischen oder weltanschaulichen Ansichten.

 

Schon vor der Grundsteinlegung der Schule gab es 'gewöhnlich gut informierte Kreise'. 'Ganz Eitorf' wußte, dass hier eine 'Waldorfschule' entstand. Als 'man' wußte, dass dies nicht geht, wird es eine 'Montessorischule'. Weder der zukünftige Schulleiter wußte das, geschweige denn irgendeine Lehrerin oder ein Lehrer. Gegenüber der Schule herrscht immer eine große Demokratieskepsis.

 

Hinzu kam bald die Unzufriedenheit gegenüber dem Transportproblem und der Sicherheit auf dem Schulweg. Die Busse zur Schule sind mit über 100 Kindern überfüllt, aber der Transport ist – so die Gemeinde – 'noch zulässig'. Bis heute (1996, nach ein einhalb Jahren – sie werden hierfür noch 12 Jahre brauchen -) ist es der Gemeinde nicht gelungen.

 

Wir Lehrer*innen erfahren, dass du als Schule ein Teil des Staates bist! Eltern wissen, dass Schule und Pädagogik nicht funktionieren, vor allem, wenn du Schule besser machen willst. Die Kommunal- und Schulpolitik sind besonders unterfinanziert und für den Bürger am leichtesten erreich-bar. Es gibt hier berechtigte und unberechtigte Ängste, Angelegenheiten und Desinformationen.

 

Ein erstes Beispiel: Im 2. Jahr unserer 'Schule ohne Fibel' lernen die Kinder nach der 'Methode Lesen durch Schreiben'. Die gesellschaftliche Unfähigkeit zum Lesen, Schreiben, Rechtschreiben, der Auseinanderhaltung von 'dass' und 'das', die mangelnde Beherrschung des Schreibens, Spre-chens und Sprache, das Nichtkönnen von Zeichensetzung oder die Fehler in der Groß-Klein-Schreibung, (und das schon immer, und immer schlimmer werdend), werden dieser 'Methode' angehängt. Auf Elternabenden wurde den Eltern erklärt, wie wir den Leselernprozeß und das Schreiben der Kinder begleiten. Wir baten die Eltern auf keinen Fall das ABC (also nicht 'a,be,ce. De, e, ef,...', sondern [a,b,c, d, e,f, …]), nicht Buchstaben, sondern die Laute zu lehren. Wir baten sie nicht zu buchstabieren oder gar die Rechtschreibung - bis sie fließend Lesen können – zu korrigieren. Wir erklärten stattdessen den Gebrauch des Buchstabentors, es sei denn, die Kinder können schon lesen oder lernen es so nicht! Und wann das 'Richtigschreiben' einsetzt.

Wir lernten, die Eltern haben keine oder zuviel Zeit für ihre Kinder. Im ersten Fall hatten wir Glück.

 

Diese Eltern machten nichts falsch. Andere folgten unserer Bitte, einige überzeugt, andere voller Skepsis. Wieder andere hatte 'erfahrung mit Schule`und machten 'das richtige Üben' geheim.

 

Und wie die ersten nach 3 Wochen, 2 Monaten oder einem halben Jahr strahlten. 'Mein Kind har gestern angefangen zu lesen … und zwar alles.' 'Mein Kind kann wirklich alles lesen, alles!'

 

Und da sich das Freie Schreiben daraus entwickelt, sagten sie bald: 'Mein Kind schreibt nun eigene Geschichten von 2, 3 Seiten'. Aber viele von ihnen holte die Skepsis bald wieder ein: 'Wann schreibt mein Kind ins Heft?' Wann in die Zeilen' und „Die Rechtschreibung, wann kommt sie?'

 

Mit den meisten Eltern ist heute ein konstruktives Gespräch möglich. Sie beginnen ihren Kindern zu trauen. Dann gibt es aber auch Eltern, die wollten der Schule nicht trauen. Sie haben das Lesen ihren Kindern so 'beigebracht', wie sie es selber lernten. Die Kinder, darunter sehr 'helle' und intelligente, lesen stockend, ziehen Buchstaben zusammen, schreiben Texte von höchstens einer halben Seite, sind unsicher und kennen das Problem der 'Schreibunlust'. Deren Eltern machen Konflikte.

 

Und es gibt Leute, die 'es einfach nicht wollen'. Im neuen Ersten Schuljahr wird von einem Vater einfach die Behauptung aufgestell: 'Die Kinder an einer anderen Schule wären im Fibelunterricht weiter'. Vielleicht hat er den Satz übernommen oder probiert aus, was ich sage. Vielleicht glaubt er es auch. Aber es schadet. Wir können nur mit Geduld, Gesprächsbereitschaft, Professionalität und die normale „Kraft des Faktischen', also die anhaltende Lust der Kinder entgegensetzen. Aber Kinder die zuhause hören, dass ihre Schule nicht gut ist, haben natürlich mit der Zeit Probleme mit Schule.

 

Ein zweites Beispiel: Irgendwer hatte in den ersten Monaten das Schreckgespenst des Projekts losgelassen. Im Klartext: Irgendwer hatte behauptet die Schule will nur noch in Projektem arbeiten, dann wird nicht mehr 'ordentlich' gelernt. Ein, zwei Leute machten eine Riesenunruhe. Wir nennen es eine 'Welle' Es wird mit einer Behauptung Angst gemacht,. Nicht das Gespräch wird gesucht. Wir werden gezwungen mit aller Kraft an einem Dimenti zuarbeiten, das noch mehr stoppt.Es gibt noch keine entwickelte Kommunikation. Heute, im zweiten Jahr, ist akzeptiert, dass es im laufenden Unterricht ständig Projekte des Lernens gibt, Projekte der Patenschaft oder Projekttage der Schule.

 

Das dritte Beispiel ereignete sich in den letzten Tagen des ersten Schuljahres, als ich einen dreifachen Sehnenriß hatte und der Konrektor der Nachbarschule die Schule leitete. Die Schulaufsicht in Siegburg und die Schulleitung die Diskussion um jahrgangsübergreifenden Unterricht auf. Eine Unterschriftenaktion der Elternschaft der Schule, initiiert durch eine abhängige Kollegin von der Nachbarschule, war eindeutig, Es wurden viel mehr Unterschriften von Eltern beschafft als überhaupt da waren.

 

Die Kolleg*in bekam von der Schulaufsicht eine Abmahnung, Der Schulpflegschaftsvorsitzende, der selbst die Aktion gegen 'Jahrgangsübergreifende Klassen' unterzeichnete, favorisiert im zweiten Jahr das Modell einer jahrgangsübergreifenden Klasse neben 'normalen' Klassen. Elternarbeit ist eine Frage der Macht.“

 

(So dauerte es noch viele Jahre bis die Eltern nach zweijähriger Arbeit am Problem und Hospitationen an Schulen mit Altersmischung der Mischung zustimmten. Für viele Jahre war dann die Grundschule Harmonie eine Schule, in der alle Klassen die Mischung 1-4, also alle Jahrgänge in einer Kasse gleich hatten [von 2002 bis 2021]. Ab damals hatten alle Lehrer'innen das gleiche Problem. Erst im Jahr 2021 gelang es mit der zweiten Schulleitung nach sieben Jahren und der Hilfe der Eltern einer Schule ohne jahrgangsübergreifende Praxis dies zu revidieren.)

 

Durch stetige Arbeit kristalisiert sich ein Kern von Eltern heraus, diezunehmend die pädagogische Arbeit der Schule wertschätzen, obwohl es auch solche gibt, die 'stänkern'. Aber es ist keine 'schweigende Mehrheit' mehr. 'Wellen' haben keine Angriffsfläche mehr. Aktive Eltern sagen jetzt was sie wollen, aber quatschen weniger nach. Die Eltern, die eine klärende Kommunikation suchen, Kinder in den Morgenstunden betreuen, drucken, Bücher sortieren, beim Schreiben helfen, tanzen, bauen, Wasserproben machen, werden mehr. Viele Eltern haben durch die immer offene Tür beim Unterricht ihres Kindes Vertrauen gefasst. Bei der Schulversammlung schauen Eltern gerne zu, sogar bei wöchentlichen Gottesdienst im Forum der Schule“

 

Professionalität als Regel

Die Kooperation zwischen Kindern, ihren Eltern und Lehrern nimmt Gestalt an. Hierbei wird es immer das Gefühl der Unzufriedenheit bei einer verpflichtenden Schuele geben. Uns Lehrern bleiben nur folgende Grundregeln:

 

Wir sind für das eigene pädagogisch Tun als professionelle Lehrer verantwortlich, wie ein Architekt für den Bau eines Hauses, wie ein Arzt für den Umgang mit seinen Patienten. Je professioneller wir arbeiten, um so transparenter machen wir unsere Arbeit, um so offener werden unsere Türen, (übrigens auch für andere Lehrer und Kinder.)

 

Um so professioneller wir arbeiten, um so mehr kommen wir in Erziehungsfragen ins Gespräch.

 

Um so professioneller wir arbeiten, umso eher und mehr können Eltern ihre Kompetenzen in den Lernalltag [ihrer oder der] Kinder integrieren. Daher werden Elteern nicht zu 'Hilfslehrern' oder Menschen, 'die für die Kinder basteln', sondern [mit den Lehrern]zu Partnern der Kinder, die gemeinsam mit ihnen lernen.

 

Um so professioneller wir arbeiten, um so mehr Eltern wollen sich auf allen Ebenen der Schule engagieren. Selbstbewusste Kinder, Eltern und Lehrer sind Voraussetzung für diese Arbeit. Die Voraussetzung hierfür sind eine funktionierende Kooperation und Kommunikation in der Schule selbst, und die ständige,wissenschaftliche Arbeit an der Theorie und Praxis des Lernens.“

 

Kinder

Kinder sind so verschieden wie ihre Eltern. Sie sind jünger, experimenteller, nicht so festgelegt, überlegter [weil es ihre Zukunft ist] und mutiger. Sie sind kompetente vollständige Menschen.“

 

(Viele Erwachsene wollen genau das nicht wahrhaben. Noch immer wollen sie Kindern beibringen, so zu werden, wie sie es schon sind. Dabei ist es bewundernswert, wie viele Erwachsene ihre Kinder (sich selbst), und wie viele Kinder die Erwachsenen aushalten. Welch eine Verantwortung Erwachsene haben. Sie prägen Kinder. Welch eine Verantwortung Kinder haben. Sie prägen unter diesen Bedingungen die eigene Zukunft.)

 

Da gibt es die, die im frontalen Unterricht lernen können, solche die einen handlungsorientierten Stationenbetrieb brauchen, die ihr Lernen schon in Kindergarten und Grunschule alleine durchführ-en oder ihn bestimmen.

 

Wir legen sie nicht auf eine Methode, eine Unterichtsart oder eine typischre Lernstrukur fest. Die übergroße Zahl der Kinder ist lernbegierig, lernwillig und kann die eigenen Kompetenzen für sein Lernen nutzen. Wir finden und verstehen mit ihnen ihre selbstbestimmten Lernwege. So macht das selbständige Arbeiten der Kinder einen großen Teil ihres Lernalltages aus. Lehrer sind Begleiter dieser Lernprozesse. Jeder Lehrer kann den Kindern nur anbieten, was sie kals Lehrer können, Das Können der Kinder ist bereits größer.

 

So haben Kinder das Glück eine begnadete Musikpädagogin zu haben, andere eine andere, die den Zusammenhang von motorischer, emotionaler oder intellektueller Intelligenzentwicklungen in einfachen Übungen präsentieren können. Die dritte ist ein Kommunikationstalent, da sie oder er die Arbeit spannend hält und der vierte ein Organisator und bei Kindern aufmerksamer Beobachter von sprachlichen, künstlerischen oder mathematischen Lernprozessen.

 

Zunehmend lernen Kinder und Lehrer die Schule zu verlassen, um die Welt als kompetente Lehrerin zu erfahren.

 

Auch trennen wir nicht das soziale, emotionale und körperliche Lernen von den Lerngegenständen ab, Unser Lernen bleibt oder wird wieder ganzheitlich. Es hat wieder mit den Kindern und ihrem Leben durch sie selbst zu tun. Auch lernen wir mit Fehlern und Leistung umzugehen.

 

Wir gehen nicht von einem pädagogischen durchschnittlichen Menschenbild aus, sondern von den Menschen in ihrer Vielheit und ihrem Sosein. Es gibt auch bei uns Kinder, erwachsene Eltern und Lehrer, die Schwierigkeiten mit sich selbst und ihrem Lernen haben. Sie stören das Lernen anderer, versuchen, es sogar zu verhindern. Sie können zerstören und mit Worten oder Taten verletzen.

 

Der Umgang mit solchen Kindern und Erwachsenen kostet uns viel Zeit unf Kraft. Wir zählen selbst zu ihnen. Die Gründe sind teilweise bekannt. Bei allen Menschen sind sie trotz großer Ähnlich-keiten verschieden. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte. Wir versuchen als einzelne Lehrerinnen und Lehrer und als Team an die Ursachen und Umgangsweisen mithilfe von Kindern und den Kindern heranzukommen, Wir lernen mehr und mehr mit Kindern zu reden, sie zu verstehen.

 

Wahrnehmungsstörungen, Vernachlässigungen in sozialer und psychischer Hinsicht, Mißbrauch, Zwangsarbeit, Verängstigung oder Trennungsprobleme sind einige der wichtigsten Ursachen, Wir suchen das offene und direkte Gespräch mit Eltern, Großeltern und Kindern zu führen. Wir schaffen es mit ihnen vor allem Hilfen von außerhalb der Schule zu finden.

 

Wir entwickeln Lern- und Arbeitsvarianten im Schulalltag. Wir zeigen aber auch deutlich unsere gesellschaftlichen und individuellen Grenzen. Wir fordern ihre Selbsthilfe ein. Selbsthilfe nicht zur Anpassung und besseren Funktionieren, sondern Selbsthilfe in der Förderung der Unterschichtler und der Demokratie. Hierbei kennen wir Ratlosigkeit, Unvermögen zur Hilfe, Wissen oft nicht weiter. Wir sind selbst gestresst sind, Fehler machen und uns ent-täuschen lassen.

 

So hat sich die Gemeinde gegen unseren Antrag zur 'Integrationsschule' aus Macht- und Haushalts-gründen gegen pädagogische Kriterien entschieden.

 

Diese Fragen bleiben aber Thema unserer Konferenzen und unserers Lernens.Wir sind uns einig. Wir brauchen mehr Zeit für die Kinder und diese für ihr Lernen.

 

Ich käme nicht auf die Idee Lehrer und Kinder in eine – und ist sie noch so 'natürlich' - Struktur zu sperren. Ich habe mich als Pädagoge und Schulleiter für die Kunst entschieden. Ich kann und will Leute nicht in ein Konzept zwingen – sei es noch so demokratisch odeer freinetisch. Ich denke, dass solche positiven Modelle scheitern. Sie erstarren irgendwann im Gegenteil.

 

Ich halte Laissez faire Erziehung für die Kehrseite der Torturmedallie. Die Kunst oder Ästhetik hält ohne Gewalttortur [oder ihre Kehrseite] Menschen dagegen zusammen.Wir brauchen schöpferische Kräfte. Wir brauchen freiwilliges, selbstverant-wortliche Kooperation, gemeinsames Eintreten für ein gemeinsames Schaffen. Selbstverantwortlichkeit umfasst für mich Verlässlichkeit und Verbindlichkeit im kontinuierlichem Kooperationsprozess, im Prozess der ständigen Entwicklung einer Schule, besser des Lernens.“

 

(Leider ist der Blick auf die Kinder ein negativer Aussonderungsblick. Das beginnt 1996 wie 2021 bei der Schulärztin, geht über das Ministerium, über Bezirksregierungen, Schulaufsichten, Förder-lehrer, Schulleitungen bis ins schwächste Glied, die Lehrer*in, der Schule hilflos ausgelieferten Eltern der Unterschichten.)

 

Der Schule steht wie der Gesellschaft eine gewaltige Veränderung bevor.