„Wir erkennen das Recht der Kinder auf Vergnügen an, das schon immer von Schule verdrängt wurde. Das Recht auf Vergnügen wird von jenen als etwas Ungeheuerliches angesehen, die die Menschen von Kindheit an auf die Entfremdung einer von „oben“ auferlegten Arbeit vorbereiten. Leben sollen sie erst in Konsum und Freizeit erfahren. Die Bestrebungen der Kinder aus eigenem Antrieb zu lernen, werden von uns nicht durch willkürlichen Zwang zu fremdbestimmten Zielen umgeleitet. Wir akzeptieren den Wunsch, aus eigenem Interesse ein frei gewähltes Ziel zu erreichen. Dieser Weg wird nicht ohne Mühe und Enttäuschungen sein. Aber die Erfahrung der eigenen Leistungsfähigkeit garantiert Vergnügen. Für uns gibt es keine andere Formung des Willens als die Erziehung zu freien Menschen durch die Übernahme von Verantwortung[1].“

 

Die Grundschule Harmonie in Eitorf

Eine Schule für bewusste Eltern und für jedes Kind

 

Die Menschen sind unzufrieden mit dem bestehenden Bildungssystem. Manche mehr, manche weniger. Bei einer Umfrage des Schulamtes unserer Gemeinde[2] in 2009 sagte über die Hälfte aller befragten Eltern, dass sie das bestehende gegliederte Schulsystem verändert haben wollen. Bundesweit ergab eine Umfrage im Sommer 2009, dass über 50% der Eltern in Deutschland ihre Kinder zu einer privaten Schule schicken würden, wenn sie das nötige Kleingeld dazu hätten[3].

Unterhält man sich mit Eltern über Schule heute, so erhält man alle möglichen unterschiedlichen bildungspolitisch-weltanschaulichen bis zu ganz privaten Einschätzungen. Aber in einem sind sich die Eltern einig: „Egal an welcher Schule du bist, du musst Glück haben mit der Lehrerin oder dem Lehrer“!

Wer heute die Publikationen der Erziehungswissenschaften, der Hirnforschung, der Psychologie, der Soziologie, internationaler Untersuchungen oder Erhebungen auch nur oberflächlich verfolgt, müsste sich der Meinung anschließen, dass das Lernen in unseren Schulen falsch läuft. Gemeint sind damit das Lernen unter Zwang, mit Druck und Schulpflicht, Leistungsangst, Selektion, Sitzenbleiben, Noten und Klassenarbeiten, 45-Minuten-Einheiten und Pausenglocke, Desinteresse, Mobbing und Schulmüdigkeit…. Gegen diesen Schulalltag propagieren staatliche Einrichtungen, Schulverantwortliche, Bildungsjournalisten und Schulaufsichtsbeamte neue Begriffe: „Kein Kind darf verloren gehen, individuelle Förderung, Integration oder gar Inklusion, ganzheitliches , fächerübergreifendes Lernen, Lernen in Projekten „Gut-drauf-sein“ „Tut mir gut“, gesundes Lernen und Leben in der Schule, Kreativität, Begabtenförderung, mehr Selbstständigkeit und mehr Verantwortungsübernahme der Lernenden und Lehrenden - und immer wieder wird der unermüdliche Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer beschworen.

 

Eine staatliche Schule die selbst lernt

Die Grundschule Harmonie[4] hat, 1995 als staatliche Regelschule gegründet, früh und konsequent Schlüsse aus dieser Entwicklung gezogen. Wir haben die Erkenntnis, dass Kinder nur bei „guten Lehrern“ in einer guten Atmosphäre lernen, in den Mittelpunkt unserer Arbeit gestellt. Für optimales Lernen sorgen die Beziehungen beim Arbeiten und Lernen. Als wichtigsten Aspekt unserer schulischen Arbeit bezeichneten 94,7% unserer Eltern das Herstellen des „sich Wohlfühlens als Lernvoraussetzung“[5], das mit dem Verhältnis zwischen Lernenden und „Lehrenden“ und zwischen den Kindern untereinander beginnt. Dann folgen die Verhältnisse, wie die Schule sich selbst und sich den Kindern anbietet, damit sie im Offenen Lernen zu allen Inhalten, Kenntnissen und Erkenntnissen der Welt und des Lebens gelangen können. Das letzte nennen wir die „lernende Schule“[6]

Wir Lehrkräfte sind nun keine Superlehrer oder „ausgesuchtes“ Personal. Wir sind normale Menschen, die Kinder ernst nehmen und sie nicht belehren, sondern alles tun, damit sie lernen können.

Wir schafften den Stundenplan zugunsten eigener Lernwege , das tägliche Unterrichten zugunsten des selbst bestimmten und eigen verantwortlichem Lernens der Kinder, das Gegeneinander von Noten und Leistungskonkurrenz durch Kooperation und Freude an der eigenen und gemeinsamen Leistung ab. Wir ersetzen den Zwang der Schule zur Teilnahme am Unterricht durch eine Selbstorganisation und Eigenverantwortung der Lernenden zu ihrem Lernen in einer menschlichen, unverschulten und demokratischen Umgebung.

Unsere Kinder gestalten ihr Lernen selbstständig aus der Kooperation der Klasse. Unsere Lehrkräfte entfalten ihre eigenen Kompetenzen, die sie den Kindern in Form von Angeboten zugänglich machen. So steht in den verschiedenen Klassen auch Verschiedenes im Mittelpunkt: hier der Umgang mit Medien, dort Musik, hier Englisch oder Theater, Projektarbeit oder Naturwissenschaften, - ohne die gleichen Teilaspekte des Lernens in den anderen Klassen oder gar in der ganzen Schule zu vernachlässigen. Hier greift die hochkomplexe Teamarbeit der Erwachsenen unseres Kollegiums bis in den späten Nachmittag.

Alle unsere Klassen haben eine Altersmischung von 1 bis 4. So steht es Kinder und Eltern offen mit zu entscheiden in welcher Klasse sie lernen wollen.

Der Mittelpunkt und Ausgangspunkt unserer Arbeit ist das konsequent selbst organisierte und selbst bestimmte Lernen unserer Kinder. So erfahren sie sich selbst, ihre Kompetenzen, ihr schulisches Wachsen und ihr persönliches Werden. Sie entwickeln eine gefestigte Lernerpersönlichkeit, ihre schulischen und sozialen Kompetenzen, sie behalten ihre Neugierde für das Lernen und Leben und finden ihren Sinn des eigenen Lernens und Leistens:

„Die Kinder sind überfordert, wenn man mit ihnen das falsche Lernen betreibt, wenn man Dinge von ihnen verlangt und dann nicht bemerkt, wie sie darauf reagieren. Langeweile, Unaufmerksamkeit, Ausweichen und Ärgerlichwerden – das sind Anzeichen einer solchen Überforderung. Kinder haben eine ungeheure Fähigkeit, sich auf Dinge einzustellen, die sie interessieren, die sie selbst erforschen, sie leiten uns dahin, wo ihre Interessen liegen. Wenn man auf diesem Weg mit ihnen arbeitet, dann ist die Frage der Leistung überhaupt kein Problem.“[7]

 

Die Grundgedanken unserer Schule

  • Die Kinder gestalten mit den Lehrerinnen ihr eigenes Leben, Arbeiten, Spielen, ihren Sinn und ihr Lernen in der Schule in einer kooperativen menschlichen Atmosphäre.
  • Jedes Kind hat das Recht auf seine eigene Lern- und Lebenszeit. Wir sind eine Inklusionsschule.
  • Jeder Mensch hat das Recht auf seine eigene Förderung und Anforderungen. Es gibt keine schwierigen Kinder. Die Lösung schwieriger Fragen ist Aufgabe aller.
  • Der Freie Text von Anfang an, ausgehend von „Lesen durch Schreiben“, ist wesentliches Element des Lernens, weit über den Sprachunterricht hinaus.
  • Das Berichten und Vorstellen von Gefundenem und Erfundenem, von Erlebtem und Gelebtem ist Alltag von Anfang an.
  • Das Finden eines eigenen mathematischen Weges hat immer Vorrang vor der Schuldidaktik. Jedes Kind kann seine Gleichgewichtung zwischen mathematischem Handeln und der Entwicklung von Rechenfähigkeiten und Erfindungen suchen.
  • Jede Form des Freien Ausdrucks, ob Tanz, Zeichnung, Musik, Text, Malen, Bewegung oder Theater als Mittel des sich erfahrenden und selbst bildenden Lernens ist wichtig.
  • Die Erwachsenen bieten den Kindern all ihr Wissen, ihr Können und ihre Begeisterung in Angeboten des Klassenunterrichts, im wöchentlichen Schulprogramm, in Vorlesungen und Seminaren unserer Kinderuniversität, in Projekten und Veranstaltungen an.
  • Regeln werden als die Formulierung des Umgangs mit sich selbst, den anderen, dem Lernen und Leben in der Schulgemeinde auf der Grundlage gemeinsam verständigter Werte verstanden. Die Einhaltung ist Angelegenheit aller.
  • Das Vorlesen, Erzählen, das Zuhören oder Hören von Musik ist niemals ein Verlust an Lernzeit.
  • Für das Experimentieren, Erforschen und Entdecken muss immer wieder genügend Zeit und Raum geschaffen werden.
  • Die Anwesenheit, Respektierung und Pflege verschiedener Sprachen prägt Toleranz und Verstehen.
  • Alle Inhalte und Formen, die es den Kindern ermöglichen ihre Welt zu konstruieren, zu verstehen und zu verändern müssen im täglichen Lernen präsent und zugänglich sein.
  • In die Mitte der Schule gehört die „Schule als Bücherei“, jederzeit für alle zugänglich.
  • In jede Klasse ist ein Internetanschluss, der jederzeit genutzt wird.
  • Von den Kindern individuell, oder in der Lerngruppe, selbst bestimmte Themen haben zumindest die gleiche Gewichtung wie Themen der Lehrpläne.
  • Einer natürlichen Methode des Lernens, bei dem Kinder ihre eigenen Lernwege gehen, ist immer der Vorrang zu geben.
  • Die Selbstbestimmung der Arbeitsvorhaben, Selbstorganisation der gemeinsamen Arbeit, wie die Regelung der hierbei auftretenden Konflikte ist Aufgabe aller und im Besonderen des regelmäßig stattfindenden Klassenrats oder anderer demokratischer Gremien.
  • Das Vorlesen und Veröffentlichen selbst geschriebener Texte in Dichterlesungen, im Kreis oder auf Schulversammlungen, auf der Homepage, in Klassenzeitungen und eigenen Bücher ist elementarer Bestandteil des Schulalltags.
  • Das Lernen findet im Klassenraum, in allen Räumen der Schule, auf dem Schulgelände und außerhalb der Schule in Gemeinde, Kreis, Kultur und Natur statt.
  • Jede Klasse, alle Kinder und Lehrerinnen gestalten ihre Klassenräume nach ihren Bedürfnissen.
  • Die Arbeit wird gemeinsam als Tages-, Projekt- oder Wochenplan abgesprochen und in Tages- oder Wochenabschlusskreisen entwickelt und ausgewertet.
  • Über die Wahrnehmung der religiösen Angebote, wie Gottesdienst oder Projekte entscheiden die Kinder selbst, über die Teilnahme am Religionsunterricht die Eltern. Über die Bearbeitung religiöser Themen in allen Phasen des Lernens alleine die Kinder.
  • Die Formulierung, Beantwortung und Bearbeitung der „Fragen zur Welt“ durch die Kinder ist ein „Hauptfach“.
  • Es gibt ein Kinderparlament, in dem jede Klasse durch je ein Mädchen und einen Jungen vertreten wird, dessen Beschlüsse den gleichen Rang haben wie die der Lehrerinnenkonferenz oder die der Elternpflegschaft.
  • Das Schulgelände ist als Abenteuerlandschaft gestaltet, in der gespielt und gearbeitet wird.
  • Alle Arbeiten können in der Schulversammlung, an allen Wänden, auf Stellwänden und in der Öffentlichkeit ausgestellt werden.
  • Die Schule kooperiert mit allen Institutionen oder Vereinen, die den Kindern als geladene Gäste oder Besuchspartner Begegnungen des Lernens organisieren, wie Umweltinstitutionen, Vereine, Schulen, Künstler, Sportler, Altenheime, Chöre, Universitäten, Kirchen, Theater, etc.
  • Kinder dürfen jederzeit essen und trinken, solange es sie selbst und andere nicht stört oder bei der Arbeit behindert. Mittags wird gemeinsam, gesund und bewusst gegessen.
  • Sie können jederzeit „ohne Erlaubnis“ zur Toilette und sich im Rahmen der gemeinsamen Regeln frei bewegen.
  • Menschen brauchen Anerkennung, Persönlichkeit, Bildung, Freunde, Erfolg, Freiheit, Autonomie und Demokratie, um werden zu können, wer sie sind.

 

Wie das Lernen jedes Kindes im Mittelpunkt steht[8]

Wenn man das Gebäude betritt, taucht man sofort in ein geschäftiges Treiben von Kindern und Erwachsenen ein. Überall gehen, sitzen, hocken und liegen Menschen. Sie schreiben, reden, lesen, tanzen oder spielen, auf den Gängen, an Tischen im Forum, in allen Räumen, auch im Schulleiterzimmer, draußen an Tischen, auf der Wiese, auf Schaukeln, auf Baumstämmen, Steinen und Brücken, am Wasser oder im Sand. Sie arbeiten im Garten, spielen im Weidenlabyrinth oder sitzen mit der ganzen Klasse in einem der vielen Sitzkreise. Nicht nur draußen auch drinnen sind in allen Klassenräumen Sitzkreise aus kleinen Holzbänkchen. Kreise prägen unser Schulleben.

 

Der erste Kreis

Da sind zuerst die Kreise der Klassen[9]. Hier lernen die Kinder selbst zu planen wie, was, wo und wann und mit wem sie arbeiten. Hier stellen sie ihre Arbeitsplanung, ihre Zielsetzungen, ihre Zeitvorstellung, ihre Hilfsmittel und -quellen, ihre Arbeits- und Präsentationstechniken und ihre Kooperationspartner vor. Hier präsentieren sie ihre Arbeit, hier finden Vorträge statt, werden Ausstellungen eröffnet, Produkte gezeigt und Ergebnisse begutachtet. Hier wird der Wert der eigenen individuellen und gemeinschaftlichen Arbeit beschrieben, herausgefunden, gewürdigt. Hier entsteht Selbstwertgefühl, selbst verantwortete BeWertung und der Aufbau einer selbst organisierten kooperierenden Lerngruppe. Hier werden die Erfolge, die Probleme, die Fehler und die Perspektiven der gemeinsamen Arbeit und des individuellen Lernfortschritts betrachtet, gelenkt und die Regeln und Prinzipien der Arbeit von den Kindern selbst, von ihrem eigenen Kreis formuliert und immer wieder verbessert. Die Lehrerin, der Lehrer, hat eine Stimme in diesem Klassenrat. Sie beraten, bringen Angebote ein, vermitteln Lehrpläne, Techniken, Methoden, ohne sich und ihre Form und Inhalte der Arbeit – falsche Fürsorge für Kinder übernehmend - aufzudrängen. Die Kinder sind verantwortlich für ihr Lernen, nicht die Lehrer. Die Grundlegung des Lernens beinhaltet, dass alle Menschen nur selber lernen können. Für das, was sie lernen können und lernen wollen, müssen sie selbst aktiv werden, selbst entscheiden, verarbeiten und selbst danach und damit handeln. Lehrer können nicht für ein Kind lernen. Wir erziehen nicht zum perfekten „Funktionieren“, sondern fördern und fordern die Gestaltung des eigenen Menschseins in und zu einem lebenslangen selbst gesteuerten Lern- und Lebensprozess.

 

Der zweite Kreis

Der zweite Kreis ist der Kreis der Lehrerinnen und Lehrer. Die Erwachsenen sind für ihre eigenen Fähigkeiten verantwortlich, als erwachsene Vorbilder. Als stets fortgebildete professionelle Spezialisten sorgen sie für ein hohes ganzheitliches und schulisches Lernniveau und sein Angebot. Sie sind wache und aufmerksame Begleiter des empfindlichsten Teils des Lebenswegs von Menschen. Sie haben Vertrauen in das menschliche Lernen und die immer neu zu verstehenden Kinder.

Es gibt keinen Stundenplan, der die Schule lenkt. Ein oder zwei Kollegen sind zuständig für jede Klasse. Sie verfügen über das gesamte Stundenpotential und organisieren mit den Kindern ihren Tages-, Wochen- und Jahresablauf. Hier werden Epochen, Projekte, Angebote und Klassen übergreifendes Lernen an außerschulischen Lernorten abgesprochen. Die Kollegen reden immer mit einander. Ihre Schule ist ihre Schule. Sie verantworten, mit weit reichenden Selbstentscheidungs- und Verantwortungsmöglichkeiten selbst. Es gibt kein für alle Lehrerinnen und Lehrer vorgeschriebenes Konzept der Arbeit oder des „Unterrichtens“ in der Klasse, sondern die Summe der Verwirklichung der Kompetenzen aller als maximaler Konsens des Kollegiums.

Es gibt die tägliche „Frühkonferenz der Lehrerinnen und Lehrer um 7.15 Uhr. Hier wird der Schultag geplant und abgesprochen. Es gibt die wöchentliche Lehrerinnenkonferenz, die der schulprogrammatischen und Fortbildungsarbeit dient.

 

Der dritte Kreis

Der dritte Kreis ist die Versammlung der gesamten Schule. Jeden Montag beginnen alle gemeinsam mit einer Versammlung im Forum. Der Schulleiter begrüßt alle und alle Geburtstage der letzten sieben Tage werden gefeiert. Alle, Kinder und Lehrer stellen vor, was in der vor uns liegenden Woche in der Schulgemeinde geschehen wird.

Alle 14 Tage findet eine Schulversammlung im Forum statt, deren Durchführung und das Zusammenstellen des Programms in den Händen der Kinder einer Klasse liegt. Hier wird präsentiert, - Experimente, freie Texte, Beschlüsse des Kinderparlaments, Theaterstücke, Tänze oder Berichte von Exkursionen oder Klassenfahrten. Wenn ein Problem anliegt kommt es auf die Tagesordnung oder es wird spontan eine Schulversammlung einberufen.[10] Es gibt Teilversammlungen, etwa der Erstklässler, oder der Mädchen, oder der Busfahrenden oder z.B. aller Geschwisterkinder der Schule. Einmal in der Woche trifft sich das Kinderparlament.

 

Unser Lernalltag[11]

Seit 2007 veröffentlichen wir wöchentlich auf unserer Homepage die „Chronik der Woche“. Hier ein kleiner Ausschnitt aus unserer mehr als hundertseitigen, immer aktuellen Chronik:

 

Die erste Schulwoche, 10. - 22. August 2009:

In der Montagsversammlung begrüßten wir 42 Erstklässler und gut 20 weitere neue Kinder. Es gab viele Geburtstage zu feiern. Neu ist ab jetzt eine Tafel im Forum, auf der alle besonderen und regelmäßigen Angebote der Woche von Kindern, Lehrerinnen, Lehrern, Assistenten und Gästen festgehalten werden. Die „Neuen“ gingen mit ihren Klassenkameraden in ihre Klassen. Die erste Frage der Woche lautete: „Wie funktionieren Zeitzonen?“

„Die Phönixe sind“, so berichtet Klassenlehrerin Sandra Weinert, „mit 10 neuen Kindern ins Schuljahr gestartet… die Kinder helfen sich gegenseitig und die Neuen fügen sich nahtlos ins Bild, indem sie fragen, abgucken, Altes neu versuchen und sich freuen, … Und so wuselte es bereits in der ersten Woche wie im Bienenstock: Themen wurden abgesprochen, Annalena und Franka brachten ihre Kaninchen im Außengehege mit und hielten einen Vortrag dazu…. Muka (1.Klasse) hat ein Plakat zum Thema Bienen gestaltet, brachte am Freitag Anschauungsmaterial mit und hielt vor der Klasse ihren ersten Vortrag. … Birte entdeckte im Bastelregal Filz und wollte daraus etwas basteln. Noah zeigte ihr, wie man näht, und so fingen sie an, Kissen zu nähen. Einer brachte es dem anderen bei, am Ende hatten wir eine große Nähwerkstatt. …

Es wurden viele Geschichten geschrieben, kunstvolle Ferientagebücher gezeigt, einige Kinder haben wieder die Ich-Texte entdeckt… Wir haben am Erzähltisch eine wilde Geschichte erfunden...“

Annette Käshammer von den „Blumen“ berichtete: „Daniel von den Genies hospitiert, die Erstklässler entdecken den Matheraum, … die vielen Zahlen und Spiegeln, zwei Texte wurden vertont, … Dabei kommen die Bilder viel besser’, meint Mirko, ... Kelvin, Marvin und Elena haben die Malaufgaben für sich entdeckt. Daniel arbeitet ein Plakat zu den Sträuchern auf unserem Gelände, … Zweitklässler helfen Erstklässlern beim Buchstabentor und werden richtig stolz darauf, was sie im letzten Jahr gelernt haben...

Kevins Mutter hospitierte am Freitag und freute sich über unsere Arbeitsweise ‚auch wenn es am Anfang chaotisch aussieht, - es stimmt alles und geht nur so.’ Die Blumen hatten ihre erste Sportstunde. Es wurde besprochen, wie wir mehr Englisch beim Sport lernen können.“

…Die Delfine machten am Donnerstag einen „Wochen- Rück- und – Vorschauplan“ mit Walter Hövel. Alles was sie schon in der ersten Woche getan haben und alles, was sie noch tun wollten, wurden an der Tafel notiert und danach die nächsten beiden Tage gearbeitet. Anschließend haben drei Erstklässler Celine, Codo und Max ihre ersten Wörter mit dem Buchstabentor geschrieben. Am Freitag gab es die erste Dichterlesung des Jahres.

Im ersten Adam-Riese-Kreis bekamen die je zwei Kinder aus jeder Klasse und aus allen Altersstufen Blätter auf denen nichts als Punkte in gleichen Abständen waren. Schnell sammelten sie fünf Handlungsvorschläge, wie zeichnen, zählen, geometrische Muster entwerfen, spiegeln und konstruieren. Zusammen entwickelten wir Beispiele wie quadratische Muster, „Schneeflocken“, und eine Schnecke nach der Fibonacci-Reihe…

Ulrike Schulte, Klassenlehrerin der Kichererbsen berichtet: „Am Montag nach der Montagsversammlung fand ein gemeinsamer Kreis von Phönixen und Kichererbsen statt, um das Konzept unseres eigenen Mathebuchs vorzustellen… Die Fragestellung heißt: Wie finde ich vom Überblick über die Inhalte/Kompetenzen zu meiner eigenen Arbeit? … Im Klassengeschehen klären wir im Laufe der Woche punktuell, anhand der von den Kindern abgesprochenen Arbeiten wie „mit dem Zirkel zeichnen“, „untereinander Plus rechnen“, „Sudoku“ wie und wo diese inhaltlich in das Matheheft passen…In der gesamten Woche ernten die Kichererbsen Pflaumen und Mirabellen. Unser Schulgelände ist voll mit Obstbäumen. Sie entkernen die Früchte, wiegen und berechnen die Zutaten und lernen, wie Marmelade gekocht wird. Es wird viel draußen gearbeitet, die Pflanzen im Gelände werden erforscht. Vanessa hält einen Vortrag über Geparden ... Florentine und Maike erstellen im Kunstraum Naturbilder. Anne Witt arbeitet mit Kindern im Matheraum.

Im Wochenabschlusskreis am Freitag erinnern und sammeln wir gemeinsam an der Tafel unter der Überschrift ‚Was wir in dieser Woche geschafft haben’…

Julia Klein und Marc Bohlen aus der Klasse der „Genies“: Bei uns wurde mit dem Millionenbuch und dem neuen eigenen Mathebuch gearbeitet. Laura, Kristina, Lisa, haben einen Kaufladen aufgemacht, …. Die Erstklässler haben den Matheraum kennen gelernt: sie haben gewogen, gemessen, gerechnet, Zahlen dargestellt, unsere Matheprogramme am PC erkundet, eine Stadt gebaut, die Zahlen bis 100 im Flur ausgelegt, Sie schrieben erste Wörter für die Dichterlesung, und vieles mehr. Philip hielt einen Vortrag über ‚Hot Wheels’… Es wurden viele Geschichten, Texte, Wörter geschrieben, die auf der ersten Dichterlesung am Freitag vorgelesen wurden. Es gab einen Wettbewerb, bei dem es darum ging, wessen Flieger am Weitesten fliegt. Der Rekord war bei exakt 12 Metern…

Ricardo stellte im Klassenrat die Frage, warum "Puschi" von der Lernwerkstatt gesperrt ist und hat das Spielverbot in Frage gestellt. Die Kichererbsen erklärten ihm, warum solche Spiele bei ihnen nicht gespielt werden: ‚Wir spielen das nicht, weil das sinnlose Beschäftigung ist und Zeit totschlägt’. Nach einer längeren Diskussion war es für alle Kinder der Kichererbsen klar…

Im zweiten Block bei den Mondscheinkindern haben Sophia, Daniel, Linda, DJ, Justin mit Heike Mirabellen gepflückt. Viele Mondscheinkinder haben anschließend Kletten gesammelt und dazu geforscht: An was haften sie? - An was haften sie nicht? ... Emily und Luna haben ein Thema zum Umweltschutz angefangen. Nurten hat in Mathe zum Thema Ansichten, Aufsichten, Perspektivwechsel gearbeitet. Sebastian, der neue Viertklässler, ist um die Schule gegangen und hat erst aufgeschrieben, was er sieht und was ihm an der neuen Schule besonders auffällt. Daraus entwickelte sich eine Geschichte…

Freitag haben die Delfine und Mondscheinkinder Sport zum Oberthema "Schwingen" gemacht. Es waren vielfältige Stationen aufgebaut: Taue, Reck, Ringe - aber auch: Einräder, Sprossenwände, Reifen, Fußballtor, Basketball , ....

Am gleichen Tag hat Mieke die schriftliche Addition gelernt … und direkt anschließend die schriftliche Multiplikation. Nachdem Nele mit dem Zirkel gelernt hat Kreismuster zu zeichnen, ist sie in das Lernen der schriftlichen Multiplikation eingestiegen. Yannick dann ebenfalls. Moritz und Niklas haben erst mit den Spiegeln gearbeitet und mit Wasser und diversen Messgeräten geforscht. … Tizian suchte nach Wortstämmen in vorgegebenen Wörtern…. Sophie hat mit ihren Arbeitspartnern ein englisches Thema zu Meerestieren angefangen. David und Maurice lasen im ‚I-Spy-Buch’.“

Christine Schaumann erzählte von den „Fledermäusen“: Pascal und Jan eröffneten in der Klasse einen Baumarkt. Da dazu Geld gebraucht wurde, machten Robin und Aileen eine Bank auf. Felix F. erfand und errechnete Zahlenmauern im Zehntausenderraum. Severin, Marc und Valentin zählten in der Schule Türen und Computer. Ronja, Adele, Celina und Daniel sortierten die Zahlen von 1 bis 100 auf der Hundertertafel. Dabei stellten sie fest, dass mehrere Plättchen fehlten, die umgehend von Robin, Linus, Daniel und Celina im Kunstraum ausgesägt wurden. Leah entdeckte das Tausenderbuch.… Es wurde geforscht, über Dinosaurier, die Feuerwehr, Hundewelpen, Fische, Eisbären, Koggen…. 

Am Mittwoch wurden die wöchentlichen zweistündigen Arbeitsgruppen für das Englischlernen festgelegt und eingeteilt. … die Lehrerinnen und Lehrer stellten ihre stets Alters gemischten Angebote vor. … es gibt „Animals“ „Games“, „Ways of Individual Learning, „E-Mail-writing“ und „Shops“ als Themengruppen. Auf dem anderen Flur gibt es ebenfalls eine „E-Mail-Gruppe“, „Mindscapes – Freie Texte in Englisch“, eine „Film-Gruppe“, „Picturebooks“, Learning Outdoor“ und „Nature’s Times in the Year“. Alle Kinder fanden ihre Gruppen, Themen und LehrerInnen….

Wir sind dabei eine dritte Gruppe im Ganztag (FlieG) zu gründen. Wir nähern uns unseren ersten Ganztagsklassen. ... Nun werden wir weitere Menschen einstellen…. Somit arbeiten nun bereits 10 Menschen zusätzlich zu den Lehrerinnen und Lehrern alleine in unserem Ganztag…Sandra Christ-Rösgen hat die Musicalarbeit … so gut gefallen, dass sie bis Ende des Jahres weiter machen wird…

Am Mittwoch, dem „heißesten Tag des Jahres“ legten wir unsere Wasserrutsche in den Hang unserer „Schularena“ und schlossen sie ans Wasser an. … Erwähnt sei, dass es im Haus angenehm kühl blieb. Der Architekt Casper aus Eitorf hat sich schon ein tolles Haus einfallen lassen!

Am Donnerstag gab es eine erste Schulversammlung. Ein Schüler war am Tag zuvor – auf Socken – ausgerutscht und hatte sich ernsthaft verletzt. Wenn die Erwachsenen der Schule auf etwas achten, so ist dies die Frage des Tragens von Hausschuhen. So gab es eine Wiederholung unserer fünf Grundregeln: „Lachen ist super, Auslachen nicht“, „Verletzte niemanden durch Worte oder Taten“, „Drinnen langsam gehen, draußen kannst du rennen“ –„Alle tragen im Schulgebäude Hausschuhe“ – „Arbeite immer so, dass andere auch arbeiten können!“…

Die ersten Hospitanten in diesem Schuljahr kamen aus der GS Uesfeld in der Eifel. Wie so oft war den Gästen die wichtigste Frage „Wie fangen wir an?“. So unterhielten wir uns lange über Haltung zu Kindern, zur Verantwortungsfrage und zum veränderten Denken über und in Schule und über das „Zurück zum Lernen“.

Frau Güven und Frau Özyurt starteten am Freitag den Türkischunterricht, der nun auch im neunten Jahr von uns zusätzlich angeboten wird. Sonja Fels setzte ihre im letzten Jahr begonnene Arbeit mit unserer Sintigruppe fort. In den nächsten Tagen wird auch wieder eine Spanischgruppe installiert werden können. Eva Mrosek, unsere Assistentin, „sammelte“ wieder Kinder, um mit ihnen Musik zu machen. Der Kunstraum und das Specksteinhaus waren wie immer von 9 bis 15 Uhr geöffnet.

Das Training unseres Mädchenfußballteams mit Alessia Wielpütz begann wieder, wie auch die Türkischen Tänze mit Şenay Özyurt...“

 

Eine bewährte Schule

Unsere Schule erhielt für das Schulgelände den Umweltpreis des Rhein-Sieg-Kreises, wurde zum ersten Deutschen Schulpreis nominiert, als Europaschule des Landes NRW zertifiziert und wurde mit dem „Gütesiegel für individuelle Förderung“ des Landes NRW ausgezeichnet. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung in NRW beschreibt die Grundschule Harmonie so:
Schwerpunkte der individuellen Förderung an der Grundschule Harmonie sind:

Eigenverantwortliches und selbst organisiertes Lernen als Grundprinzip der schulischen Arbeit;

Mit jedem Kind den eigenen Lernplan entwickeln; Regelmäßige Selbsteinschätzung der Kinder; Permanente Reflektion und Bewertung im Kreis-Beratungskultur im Team Kind-Eltern-LehrerInnen.
In der Laudatio heißt es weiter: „Die Grundschule Harmonie…erreicht in der Lernstandserhebung sowie bei den verbindlichen Empfehlungen für die weiterführenden Schulen weit überdurchschnittliche Ergebnisse. Die schulische Arbeit ist durch ein ausgeprägtes Profil der individuellen Förderung in den vier Handlungsfeldern gekennzeichnet. Schülerinnen und Schüler werden in ihrer gesamten Persönlichkeitsentwicklung in den Blick genommen. Durch das Auflösen der Klassenverbände 1 – 4 werden für jedes Einzelkind konsequent individuelle Bildungsgänge verwirklicht, die durch vielfältige Lehrplanrückkopplungen die jeweils geforderten Kompetenzen sichern. Dies wird auch möglich durch sehr weit gehende schulinterne Mitbestimmungsprozesse, die die Schülerinnen und Schüler zu echter Selbstbestimmung und Übernahme von demokratischer Verantwortung führen.“
Zur Nominierung zum Deutschen Schulpreis hieß es: „Die Mädchen und Jungen der Grundschule Harmonie in Eitorf entscheiden selbst, womit sie sich beschäftigen. Das findet auch bei Erziehungsexperten Anklang. Und so haben die elf Juroren die Einrichtung im südöstlichen Rhein-Sieg-Kreis für die Endrunde des erstmals verliehenen "Deutschen Schulpreises" nominiert.
An der Grundschule Harmonie lösen die Kinder ihre selbst gewählten Aufgaben alleine oder in Gruppen und tragen anschließend ihre Ergebnisse in der Klasse vor. "Es gehört zu unseren Prinzipien, dass alles, was erarbeitet wird, auch öffentlich präsentiert wird. So ein Vortrag stärkt das Selbstbewusstsein und macht den Kindern klar, dass das Gelernte wertvoll ist...Die Lehrer stehen den Schülern beratend - und nicht "allwissend" - zur Seite, greifen so wenig wie möglich in den Lernvorgang ein…Für die vor zwölf Jahren gegründete Schule ist "nie ein spezielles Konzept geschrieben worden, wir richten uns nach den offiziellen Lehrplänen", betont Walter Hövel. Doch wer nur den Alltag an einer "normalen" Grundschule kennt, der wundert sich bei einem Besuch in Eitorf über das Maß an Selbstständigkeit, mit dem die Kinder ihr Lernen gestalten. In den altersgemischten Klassen, in denen Erst- bis Viertklässler gemeinsam unterrichtet werden, gibt es keine festen Stundenpläne.“[12]
“Im Schulalltag in Eitorf wird den Kindern Zeit gelassen - Zeit, zu lernen und sich individuell zu entwickeln. Klassenübergreifende Modelle sind Standard. Aus Leistungsdruck wird in Eitorf Leistungsspaß, wovon alle Beteiligten profitieren.“[13]

 

Mehr erfahren über die Grundschule Harmonie

Wer sich intensiver mit unserer Schule beschäftigen möchte findet zu vielen Themen viele hundert Seiten Informationen, Texte und Bilder auf unserer Homepage www.grundschule-harmonie.de

Hinzu kommt die Möglichkeit bei uns zu hospitieren. Interessierte Eltern können uns - mit oder ohne Kind –jederzeit ohne Anmeldung besuchen und haben Zugang zu allen Ereignissen und Räumen unserer Schule. Hospitanten aus Schule, Universität, Lehrerinnenbildung, Wirtschaft, Kultur, oder anderen Institutionen bitten wir sich per Mail grundschule.harmonie@web.de anzumelden.

 

Anmeldung an der Grundschule Harmonie

Das Landesschulgesetz gibt es in die Hand der Eltern ihre Kinder an der Schule ihrer Wahl anzumelden. Viele unserer Kinder kommen aus anderen Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises und aus Rheinland-Pfalz. Auch Ihr Kind ist bei uns willkommen! Jedes Kind ist bei uns willkommen!

 

 

 

 

 



[1] Zitiert nach Walter Hövel, Titelseite des Buchs „Die Rechte der Kinder“, Bremen 1993

[2] Eitorf im südlichen Rhein-Sieg-Kreis

[3] EMNID 2009

[4] Benannt nach dem Ortsteil „Harmonie“, früher eine alte Bergwerkssiedlung

[5] Daphne Eisen „Jahrgangsübergreifender Unterricht in der Grundschule Harmonie. Praktische Umsetzung und deren konzeptionelle Begründungen im Spiegel der Erwartungen und Erfahrungen von Eltern“, Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung, Köln 2009, S. 59

[6] „Lernende Schule“, siehe Homepage www.grundschule-harmonie.de

[7] Kölner-Stadt-Anzeiger-Magazin vom 5./6.September 2009, Seite 9

[8] Walter Hövel, Grundschule Harmonie – ein selbst verwaltetes staatliches Modell, In: Lanthaler/Meraner (Hrsg), Bozen – Wien 2005

 

[9]  Falko Peschel, Offener Unterricht, Hohengehren 2002

[10] Walter Hövel, Ursula Resch, „Was Hänschen nicht lernt...“, Demokratie lernen in der Grundschule Harmonie, In: Beiträge zur Grundschulreform, Bd.116, Kinder beteiligen – Demokratie lernen?, Grundschulverband – Arbeitskreis Grundschule e.V., Frankfurt am Main 2003, S.222 ff.

[11] Auszüge aus unserer Chronik, www.grundschule-harmonie.de

[12] Bonner General Anzeiger, 08.01.2007

[13] Kölner Stadtanzeiger , 10.02.08