Jürgen Selge
Die Grundschule Harmonie
Eine Hommage an Walter Hövel

 
Damit eine Frage gleich zu Beginn beantwortet wird: Walter Hövel war der Schulleiter der Grundschule Harmonie und er war und ist, viel mehr als das. Was steckt hinter diesem Mann, den Hunderte von jungen Menschen und deren Familien kennen gelernt haben. Walter, so will ich ihn im Laufe des weiteren Artikel nennen, ist eine Person des öffentlichen Lebens, ein Menschenverbinder, differenzierter Kritiker, Anreger, sehr guter Zuhörer und Geschichtenerzähler und vor allem ein Menschenfreund mit großem Herz.

 

Große Freude liegt ihm darin, wenn er beobachten darf wie ein Kind, neugierig und selbstwirksam seine Welt entdeckt und im Miteinander mit anderen Kindern und Menschen seine Umwelt mitgestaltet.

 

Die Grundschule Harmonie ist eine Eitorfer Schule, die 1995 bis 2015 über Deutschland hinaus bekannt wurde. Walter Hövel begann hier 1995 als vom Rat einstimmig gewählter Schulleiter. Seine erste Frau „brachte“ ihn 1975 aus Köln nach Eitorf. Als Kind besuchte er vier Jahre lang eine Volksschule in Frechen, und bestand dann eine Aufnahmeprüfung, um an einem Kölner Gymnasium aufgenommen zu werden. Walter gehörte zu den 5 %-“Arbeiterkindern“, die das Abitur schaffen sollten. Er war der erste in seiner männlichen Familie, der je Lehrer war; in seiner mütterlichen Linie war er der zweite.

 

Er selbst studierte in Köln, wo er u.a. zweimal AStA-Vorsitzender war. Er war einer der Kämpfer, die die Welt verändern wollten. Der Zeitgeist war noch geschwängert vom Geist der 68er Jahre und Walter wollte seinen Beitrag leisten.

 

Eitorf, seine spätere Heimat, kannte er schon als 4- und 5-jähriger. Mit seiner Familie verbrachte er den Urlaub in der Obereiper Mühle. Walter Hövel ist ein Vielschreiber, er „muss“ das was ihn beschäftigt und interessiert aufschreiben. Die Zahl seiner Texte und Veröffentlichungen ist enorm.

 

1984 begann er zu veröffentlichen. Zuerst tat er dies als junger Hauptschullehrer an einer Kölner Schwerpunktschule mit einem Ausländeranteil von 60 - 70%. Walter stieß immer wieder auf das Problem der Bildungsungerechtigkeit zwischen Gutverdienern und etablierten Bürgern, von Ausländern und Menschen mit schlechtem oder keinem Einkommen.

 

Eine gute und nutzbare Bildung für „alle“, war während seiner gesamten Berufstätigkeit das Credo, das er wie eine Fahne vor sich hertrug. Hierbei sah er Bildung als ein sich veränderndes Gut und betrachtete die Förderung der Neugierde von Kindern als wesentliche Grundlage. Das heute sehr moderne Wort der Partizipation, also der Beteiligung von Kindern am Bildungsprozess, war für Walter und seine Teams, schon sehr früh maßgebend. Er schrieb im Zeitungsorganen seiner Gewerkschaft, und – was er bis heute nach mehr als 35 Jahren in insgesamt über 600 Artikeln beibehielt – in der Zeitschrift der Freinetpädagog*innen, in der „Fragen und Versuche“.

 

Zweimal war er mehrere Jahre Mitglied der Redaktion dieses außergewöhnlichen Magazins. Auch wurde er in den Vorstand der deutschen, und nach seiner Pensionierung der weltweiten Freinetpädagog*innen gewählt. Er veröffentlichte erste Aufsätze und Praxiserfahrungen bei – wie damals üblich - kleinen Verlagen. Er tat es bei Josef Kasper's Kaleidoskop (Gründungsmitglied der Grünen in NRW), bei Hannah Paul-Calm und Wolf Weipert (DGB) oder bei Ullli Hecker (Grundschulverband). Schon 1985 animierte er seine Lehramtsanwärterin, Kolleg*innen und Schüler*innen über ihre verändernde Arbeit mit ihm oder ohne ihn zu schreiben. 1986 erscheint von Astrid Kaiser, später Professorin an der Uni Oldenburg, das erste Buch, in dem über seine Arbeit berichtet wurde.

 

Bei Walter gab es keine in Stein gemeißelten Ansichten darüber, vielmehr einen dynamischen Austausch aller Beteiligten, wobei die Schüler stets ein fester Bestandteil dieses Verfahrens sein sollten. Seine ersten Hospitationsgäste, noch in Köln, sind Professoren von Unis und Mitglieder der Kölner Bezirksregierung. Er selbst besucht eine Fortbildung nach der anderen und lernte nach und nach Leute „mit Namen“ in der Pädagogikszene kennen, ob sie Wilfried Schley, Otto Herz, Hilbert Meyer, Erika Brinkmann oder Hans Brügelmann heißen. Vielen, die Walter als freundlichen und zugewandten Gesprächspartnerkennen, der es immer schafft in verbindender Sprache mit den Menschen in Kontakt zu kommen, wissen nicht, was für ein Arbeitstier in diesem Mann steckt.

 

Walter kennt Gott und die Welt. Sein ehrliches Interesse reicht vom Taxifahrer und dessen Geschichte über den persönlichen und fachlichen Austausch mit Professoren und Politikern. Er bewegt sich auf vielen Bühnen und ist und bleibt dabei bescheiden. Wehe aber, wenn der Geist der Freiheit und der Menschenwürde angegriffen wird. Hier meldet sich ein tief in ihm sitzender Widerstandsgeist gegen autoritäre Strukturen, gegen die er schon fast instinktiv angeht.

 

Er gab (bis 1989) beim Verlag „Spinnweben“, später „mopäd“ und beim „Verlag an der Ruhr“, später alle bei Klett, insgesamt vier Kunst- und Deutschkarteien - auch als Illustrator - heraus. Beim „Verlag an der Ruhr“ folgt seine erste eigenständige Schrift über „die Freie Arbeit und den Wochenplan“.1989 wird er Mitglied der Kommission zur Erarbeitung der Richtlinien und Lehrpläne für die Hauptschule in Englisch beim Kultusminister. Er wird Mitglied des Hauptpersonalrates für Grund- und Hauptschulen des Landes NRW. Hier lernt er Gertrud Diwo, Bürgermeisterin in Eitorf kennen.

 

Ab 1990 publiziert er in Brasilien, Schweden, Finnland, Italien, Frankreich, Spanien, Kroatien, Ungarn, Lettland, Japan, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz. Es kann dem Leser etwas schwindelig werden, bei der Fülle an Tätigkeiten, Ämtern und Veröffentlichungen, aber sie sind Ergebnis eines Menschen, der mit dem Herzen für seine Sache brannte und heute noch brennt.

 

Walter Hövel wird Bildungsverantwortlicher beim Schulamt des Rhein-Sieg-Kreises. Unter anderem sind Prof. Hans Brügelmann (Uni Siegen), Prof. Ute Andresen (Uni Erfurt), Jürgen Reichen (Sekretär im Kanton Zürich), Herbert Hagstedt (Uni Bremen), Prof. Annelie Keil (Schule und Gesundheit, Uni Bremen), Prof. Wulf Wallrabenstein (Uni Hamburg) oder Prof. Johannes Beck (Uni Bremen) bei ihm zu Gast..

 

1995 wird er Leiter der neu geschaffenen „Grundschule West“ in Eitorf. Schnell wird sie von der Ratsmehrheit in „Grundschule Harmonie“ umbenannt, weil es schon einmal eine „Volksschule Harmonie“ gab. Walter wird die Fußstapfen der Vorgänger als „alte autoritäre Bildungsinstitution der „volkstümlichen“ Volksschule“ bezeichnen und gemeinsam mit dem Kollegium, den Eltern und vor allem den Kindern neue Richtungen einschlagen.

 

1996 schreibt er mit Ute Geuß, heute Lehrerin an der Gesamtschule Köln-Holweide, die Kartei zu kooperativen Formen der Schreibens eigener Texte - die „Schreiblandschaften“- auf der Rückseite in Englisch als „Mindscapes“. Im gleichen Jahr erscheint mit Prof. Jochen Hering von der Uni Bremen sein Buch„Immer noch der Zeit voraus“.

 

Viel später, zu seinem 60.Geburtstag 2009, bringen Jürgen Göndör und Uschi Resch das Buch „Hier lerne ich was ich will“ über ihn und 15 Jahre Grundschule Harmonie heraus.

(https://www.yumpu.com/de/document/read/22099107/festschrift-zum-60-geburtstag-von-walter-hovel-grundschule-).

 

20 Autor*innen schreiben Beiträge über seine Arbeit an der Grundschule und deren Pädagogik in Eitorf-Harmonie. Über neue Lernstrukturen sollte die Lernmotivation des Kindes auf natürliche Weise angeregt werden. All dies im Vertrauen, das alles im Kind vorhanden ist, um selbstgewählte Zugänge zur Bildung zu finden. Dem Kind die Zeit lassen. seinen Weg zu finden, - in einer Gesellschaft die so viele beengte Bildungsvorgaben zum Lehrplan erhoben hat, - war die große Herausforderung seiner eigenen Schule.

 

Hierfür brauchte er Mitstreiter. Schnell findet er dort „sein“ Team mit Heike Wagner, Ulli Schulte, Rieke Schiemann, Gitte Haane, Annette Käshammer, Juliane Koch, Monika und Thomas Stahl. Dazu gesellen sich bald feste“ Leute wie Marc Bohlen, Steffi und Falko Peschel, Christine Schaumann, Sina Althoff, Alma Tamborini (Schmitz), Katharina Weber-Grohe, Miriam Patt, Mirja Halm, Martina Morenzin, Anne Witt, Susanne Hesse oder Jürgen Koch. Noch viele andere Lehrer*innen wie Alessia Wielpütz, Sandra Weinert, Sybille Vlachakos, Conny Huhn, Marion König, Sybille Schulz, Nacho Ruiz, Markus Spannan, Birte Hoffmann, Ina Spleen, Daniela Klaes, Kerstin Hoßdorf, und vor allem viele Lehramtsanwärterinnen bringen in vielen Jahren Arbeit die Schule nach Vorne.

 

Die Lehramtsanwärter*innen, fast 30 von ihnen, kommen als junge Lehrer*Innen in den Genuss einer doppelten Ausbildung. Sie lernen an der Grundschule Harmonie - wie vom Seminar verlangt - das Handwerk des Lehrens und - wie Kinder selber lernen. Die Note „sehr gut“ war die Regel. Sehr gut, das hieß: „Ich Lehrer, gehe davon aus, dass Du das allerbeste in Dir hast und in dem Maße wie Du selber ebenfalls daran glaubst, erhältst Du ein Sehr gut.“ Diese positive Grundhaltung ist Ausdruck einer inneren Haltung und soll einen Boden des Vertrauens zwischen Lehrer und Schüler schaffen,der jenseits von Leistungsaspekten ist. Diese Leistungsaspekte sind Ausdruck einer Erwachsenenwelt, die es erst wieder lernen muss in kooperativen Prozessen das „Wir“ in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Krankheit ihres fehlgeleiteten Ansatzes direkt auf die Kinder zu übertragen.

 

So zumindest habe ich den Ansatz von Walter und seinen Freunden verstanden.Je ein Viertel der Lehrer*innen kamen aus Eitorf, das zweite aus dem meist nahen Rhein-Sieg-Kreis, das dritte aus dem Rheinland und das letzte Viertel meist aus den Norden Deutschlands. Sie alle bringen ihre Gedanken in die Schule, verwirklichen Freiheit und Menschenrechte, wie sie ihrer Meinung nach in Schule mit selbst bestimmten Kindern sein kann. Sie tragen viele Ideen und Taten zur veränderten Pädagogik der Grundschule Harmonie bei.

 

Zu Anfang wusste niemand der Lehrer*innen, was sie an dieser Schule erwartete. Erst mit Gitte Haane und Marc Bohlen kamen die Ersten, die so etwas wie Harmonie suchten. Niemand agierte aus „politischen Gründen“. Sie machten mit, weil es ging und weil demokratisches Lernen erfolgreich war.

 

Oft genug war das zuständige Schulamt auch in der Vergangenheit nicht in der Lage. die Schule mit Lehrer*innen der ausgewiesenen Planstellen zu versorgen. Gut 10 Mal musste Walter Hövel Vertretungslehrer*innen „besorgen“, um überhaupt für Kinder und Eltern einen ordentlichen Schulbetrieb zu gewährleisten.

 

Von Beginn an wurde jedes Kind auf eigenen und auf Wunsch der Eltern eingeschult. So war die Grundschule Harmonie bis 2014 immer ein Ort der echten Inklusion. Auch schulte sie 4-jährige ein und 7-Jährige noch nicht, weil Kinder nicht „schulfähig“ werden, sondern die Schule „kinderfähig“.

 

Entgegen langläufiger Meinung, entscheidet nicht die Gemeinde oder das Schulamt, wer auf Antrag der Eltern Kind einer Schule wird, sondern es ist das Recht der Schulleitung. Walter hat diese Rechtsgrundlage für viele Einzelentscheidungen in Anspruch genommen. Hierfür gab es teilweise Gegenwind aus der Gemeinde, Bürgern, Verwaltung oder Lehrern.

 

Die Grundschule Harmonie hatte ein klares Gesicht. Eine Konrektorin sagte einmal. „Es gibt kein Zwischending. Entweder bist du für oder gegen Harmonie“. Aus Walters Sicht glaubten und glauben einige bis heute nicht, dass Menschen freiwillig und in Demokratie besser lernen.

 

Walter Hövel wird Professor an der Uni Lettlands in Riga. Zudem arbeitet er seit 1992 mit Lehraufträgen an den Unis in Köln, Siegen, Kassel und Bremen, an dern PHs Linz und Klagenfurt. Er wurde eingeladen zu vielen Vorträgen und Seminaren u.a. an den Unis Flensburg, Oldenburg, Frankfurt, Aachen, Hamburg, Stendal, Innsbruck, Koblenz, Leipzig, Zagreb, Heidelberg, Kassel, Zadar, Wien, Klagenfurt und Siegen,

 

Er lud mich einige Male ein, als Gastdozent in seinen Seminaren in Köln zu sprechen. Walters Art und Weise, ein Seminar zu führen ist in hohem Maße integrativ und stellt seine Student*innen mitunter vor die Herausforderung, eigene Positionen zu entwickeln. Das Wiederkäuen von Wissen anderer stößt bei ihm auf, aber jeder selbst gedachte Gedanke motiviert ihn die Student*innen weiter anzuregen.

 

Seit 1997 beginnen vor allem Besucher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz immer wieder über die Grundschule Harmonie zu schreiben. Sie schreiben. was sie sehen und was sie erleben. Es kommen auch Besucher aus den USA, der Türkei, Frankreich, Kanada, Katalonien, Ecuador, Slowenien, Rumänien, Litauen, Lettland, Polen, Estland, Irland, Großbritannien, Kroatien, Finnland, Dänemark oder Australien. Eitorf und die Grundschule Harmonie sprechen sich rum.

 

Von Hanneke van Diggelen erscheint 1998 ein Aufsatz über eine mathematische Korrespondenz der Mathematikerfindungen zwischen einer niederländischen und einer Klasse der Grundschule Harmonie für das „Instituut voor leerplanontwikkeling“.1999 hält er u.a. mit Uschi Resch und Ute Geuß als Kartak-Tänzerin den Schlussvortrag zu einem Symposion an der Uni Bremen. Spätestens hier beginnt seine enge Kooperation mit „Lernwerkstätten“.

 

Im gleichen Jahres startet er mit Prof. Gerhard Rabensteiner die gemeinsame Freinetlehrer*innenbildung“ der Uni Bremen und der PH in Kärnten. Später folgen die Ausbildungen in Wien und seine Teilnahme an der Weiterbildung der deutschen Freinetbewegung.

 

Der Teil „Demokratie“ fand mit allen Kindern und Kollegen in einer Woche des Jahres 2011 an der Grundschule Harmonie statt. Mit W.G.Mayer von der Bezirksregierung Köln, Uschi Resch und andern mehr machte er ein Sachunterrichtsschulbuch beim Bayrischen Schulbuchverlag und Cornelsen-Verlag.

 

Ab 2000 beginnen Lehrer*innen und Lehrer „seiner“ Schule zu schreiben. Dies sind u.a. Ulli Schulte (heute Papenburg), Heike Wagner (Freie Schulen), Rieke Schiemann (als Einzige immer noch in Harmonie), ChristineSchaumann (Schulleiterin im Sauerland), Nicola Meschede (heute Professorinan der Uni Münster) Steffi Peschel (Bildungsschule Harzberg), Marc Bohlen (Freie Schule Köln), Marion König (Schulleiterin in Windeck), Mirja Halm (Hennef), Birte Hoffmann (Uni Kiel), Ina Spleen (Uni Oldenburg/ SiliconValley), Katinka Düsterhoff (Kerstin Reich, Köln), Melanie Moskopp (Hessen), Anne Witt (Pulheim), Julia Klein (Laborschule Bielefeld) und Sara Roth (Bensberg).

 

Falko Peschel beginnt seine Veröffentlichungen über den „Offenen Unterricht“. Jahrelang schreibt er zwischen seiner Zeit der eigenen Schule und in Troisdorf über die Grundschule Harmonie. Er sagte einmal, er würde selber nicht glauben, dass es anders ging, wenn er es nicht selbst erleben würde. In den nächsten Jahren werden weit mehr als zehn von ihnen und einige Lehrer*innen mehr Leiter*innen eigener Schulen. Andere blieben tolle Lehrer*innen, so in Siegen, Bremen oder Berlin. Lehrer*innen werden in den folgenden Jahren auch viele ehemalige Kinder der Schule.

 

2002 beginnt das Düsseldorfer Ministerium die Eitorfer Schule bewusst wahrzunehmen: Oliver Mohr schreibt „Kinder sind verantwortlich für ihr Lernen“ online auf „Learnline“. Ein Jahr später folgen Zeitungen und Rundfunkanstalten.

 

Walter Hövel, oft mit Uschi Resch, der späteren Schulleiterin an der Grundschule Eitorf, veröffentlicht mehr und mehr in Büchern, wie in Hansen-Schaberg (Hrsg), in der Freinetpädagogik, in Hohengehren, bei Harald Eichelberger in Wien, beim Grundschulverband (Speck-Hamdan, Peter Wedekind, Herbert Hagstedt, Hans Brügelmann), bei Pia Rabensteiner, zunächst in den „Kooperativen Lernformen“ mit Gerhard Rabensteiner, dann in weiteren Büchern mit Prof. Eero Ropo aus Finnland, bei der Thomas-Morus-Akademie, bei Riemer/OBB, bei Lanthaler/Meraner in Bozen und Wien oder mit „Gelingende Schulen“ in Hohengehren.

 

Damals begann die Zeit, in der Lehramtsstudent*innen an der Uni Siegen und anderswo die Grundschule in Harmonie als Musterbeispiel, wie eine Schule sein kann und sollte, im Studium kennenlernten. Andere Schulen holten ihn zur Reflexion der eigenen Arbeit, wie die Freie Schule PrinzHöfte bei Bremen, die Winterhuder Schule von 1-13 in Hamburg oder die Eisschoul in Luxemburg.

 

.2004 beginnt die langjährige Comeniusarbeit u.a. mit Schulen in Slowenien, Estland, Litauen, Spanien, Österreich, England und Finnland. Schon vorher startet die sehr intensive Kooperation mit englischen Grundschulen (in Southwold an der Ostküste und 10 Jahre lang mit der Larkrise School in Derbyshire) und der Volks- und später Hauptschule in Klagenfurt (20 Jahre).

 

Das ganze Kollegium, sogar Kinder partizipierten bei Beratungsbesuchen an der Grazer Projektschule, der Schlössli-Ins_Schule in der Schweiz, der Luxemburger Eisschoul, die Hämeenlinnan Normaalikoulu der Uni Tampere/Finnland, der Larkrise School in England und Ben Schreiners Schule in Luxemburg. Alle Kontakte bestanden über viele Jahre.

 

Die Zahl der Praktikums-, Examens- und Doktorandenarbeiten über die Schule wird mehr. Insgesamt werden in 2o Jahren 10.000 Besucher*innen nach Harmonie kommen. Hunderttausende gucken in den Internetauftritt. Junge Menschen und „Arbeitslose“ wie Uwe Kindermann und Frank Trienenjost installieren das Schulgeschehen im Netz. Elternpflegschaftsvorsitzende wie Elke Schilling (aus Buchholz), Juliane Hermes, Karl Heusch und selbst Horst Jung und Hans-Peter Ehrsfeld aus Eitorf verankern die Schule in der Bevölkerung.

 

In Hochzeiten umfasst der Aufnahmeradius der Schule 70 km. Es bewegt sich etwas, und die Grundschule Harmonie scheint zu bewegen. Seit 2006 sind mehrere Fernsehteams von ARD, WDR, ZDF und RTL vor Ort willkommen. Die Schule ist Thema der Kindernachrichtensendung „logo“ und ihre selbstgedrehten Trailer laufen im Fernsehen.

 

Die Kinder und Lehrer*innen begannen eigene Filme und Nachrichten zu drehen. Bald wird eine eigene Zeitung von Kindern für Kinder gemacht. Viele Jahre hat die Schule eine eigene Homepage, bis sie 2015 von der neuen Schulleitung kommentarlos und ohne Ankündigung abgesetzt wird.

 

Der Schulleiter beginnt, eine jeden Tag umfassende, mehrseitig wöchentlich erscheinende Chronik herausgegeben. Der Eltern- und Lehrer*innenchor der Schule schließt sich mit dem Männergesangverein „Eintracht Harmonie“ zum lokalen Chor „Swinging Harmonie“ zusammen.

 

An der Schule findet die erste „Regionalkonferenz“ statt. Die Schule erhält in ihrem selbst gestalteten Schulgelände vom DFB einen Minispielplatz. Kinder sitzen in der Kölner Musikschule vor hunderten von sich fortbildenden Lehrer*innen auf dem Podium und werden gefilmt. Der schuleigene Kinderchor, wie die ganze Schule treten u.a. beim 1oo-Jahrfest in Harmonie oder dem vom WDR-Radio übertragenen Europakonzert in Köln auf.

 

Es gibt drei Jahre lang das Angebot der Schule auf dem Golfplatz. Mit der türkischen Bäckerei in der Siegstraße findet das eigene Backen von Weckmännern statt. Es gibt von Kindern geleitete Podiumsdiskussionen, dreimal eine eigene Schulband, und zig kulturelle Abende. Es gibt Kinderunis mit Kindergärten, einige von Kindern geplant und durchgeführt.

 

Die Fortsetzung sollte in der Ausgabe 2021 der Heimatblätter folgen.

Der neue Vorsitzende des Heimatvereins, Alwin Müller verhinderte dies.

 

Grundschule Harmonie
Zweiter Teil

 

An der Grundschule Harmonie gibt es ein eigenes funktionierendes Kinderparlament. Die Gemeinde gab ihr eigenes Jugendparlament auf. Der Tag der Offenen Tür etablierte sich an der Schule neben dem jährlichen Schulfest und einer Unmenge von Flohmärkten. Die katholische Gemeinde hält während der Renovierung der Kirche im Ortsteil Harmonie in der Schule weit über ein Jahr ihre sonntäglichen Gottesdienste ab. Sie steht immer für Wahlen offen. Die Kirchen und die Kinder organisieren - selbst auf Englisch - eigene Gottesdienste, Wallfahrten oder gemeinsame Kunst in der Kirche.

 

Alle zwei Jahre kommt das gegen sexuelle Gewalt stattfindende Theater von„Zartbitter“. Es kommt regelmäßig der Clown Francensco. Es kommen „die Waldschule“ und der Kinderprinz zur jährlichen eigenen Karnevalssitzung. Es gibt die Sing-Ins, die zweiwöchige Schulversammlung, den Morgentanz, die wöchentliche Montagsversammlung.

 

Es gibt regelmäßige Besuche des Elterntheaters, im Bonner Theater und Beethovenhaus, im Kölner ElDe-Haus, dem antifaschistischen Zentrum. Es gibt die Einweihung der Stolpersteine und den Besuch des jüdischen Friedhofs.

 

Alle Sintikinder der Gemeinde gehen zur Grundschule Harmonie. Die Klassen der Grundschule Harmonie gaben sich von Anfang an Namen. So hießen sie u.a. Amos, Sonnenblumen, Lila Bärentulpen, Forscher, Gerade Kurven, Himmelskinder, Genies, Fledermäuse, Sternschnuppen, Blumen oder Mondscheinkinder.

 

Kinder bauen Fledermaushäuschen, Holzlaternen, eigene Spiele, Häuser im Wald, oft Staudämme. Filme werden auch von Kindern in der selbst gebauten Bühne im Musik- und Theaterraum oder auf der interaktiven Whiteboard gezeigt. Das Lehrer*innenzimmer ist immer für Kinder - außer bei Konferenzen ohne Kinder – zugänglich. Die Kinder dürfen immer aufstehen, die Klassen verlassen und im ganzen Haus überall, wie im gesamten Schulgelände arbeiten und spielen. Es gibt keine Klingel und auch die Pausen können umgekehrt im Haus verbracht werden.

 

Gegessen wird im Forum und in den Klassen. Das Frühstück ist für alle und kostet nichts. Das Mittagessen, von eigenen Köchinnen in einer eigenen Küche gekocht, kostet höchstens 2€. Über die Hälfte aller Kinder nehmen an einem in der gesamten Schule integrierten Form - durch einen eigenen Verein selbst bestimmt - zu sehr niedrigen Beiträgen teil.

 

Für alles (!) können die Kinder ihre Schulregeln beschließen. Die Computer oder Laptops sind internetoffen seit 1997 in allen Klassen installiert. Die Nutzung von Handys als Computer ist nicht verboten, aber es gibt keine„falsche“ Nutzung der elektronischen Medien. Um das Schulgebäude gibt es keinen Zaun oder Ähnliches. Auch das wird von allen Kindern akzeptiert.

 

In den ersten Jahren gibt es noch schlagende Kinder, später sehr oft – zur Verwunderung der Gäste - nicht mehr. Es werden von Lehrer*innen keine Hausaufgaben aufgegeben. Gelernt wird immer. Es kommt also vor, dass Lernen von Kinder mit oder ohne Erwachsenen abgesprochen wurde. Im Schulalltag gibt es keine Tests, es sei denn, Kinder wünschen es. Es gibt – außer auf den vorgeschriebenen Zeugnissen -. keine Noten.

 

Die Kinder schätzen sich, auch mit Hilfe von Selbsteinschätzungsbögen – selbst ein. Vorneweg bestimmen die Kinder selbst, was sie lernen. Sie bestimmen auch wann, wo, mit wem sie lernen. Dies geschieht durch die lernende demokratische Gemeinschaft im Kreis und das Gespräch. Kinder sollen ernst genommen werden, mit vollen Menschenrechten, was für viele Erwachsene fremd war und sie vor große Herausforderungen stellte.

 

Dieser Spannungsbogen ist bis heute gespannt und sorgt in der Kinderrechtsdebatte aktuell für Haltungsdiskussionen. Walter war von seiner Pädagogik überzeugt und sah in unzähligen Beispielen, dass die Kinder gerne ihren Platz darin nahmen und sich entwickelten.

 

Die Freunde der Grundschule Harmonie lernten mit den Kindern und gewannen neue Sichtweisen. Die Gegner konnten in vielem ihre Kritik bestätigt sehen.

 

Aber schauen wir noch einmal in den Alltag der Schule. Das Englischlernen hatte das Ziel Englisch sprechen zu können. Den Kindern wurden diverse Arbeitsgruppen wöchentlich mit 2 Stunden zur Auswahl angeboten. Einige Beispiele: „To have mails with our friends in the UK“, „To play English games and transfer German ones“, „Ein Dorf im Forum bauen und allen 20-30 Stationen-Dialoge anbieten“, „To Celebrate an English Party“, „To Create my own Batman or a Supergirl“, „To play on a pirate boat in your gymhall“, „Eine englische Zirkusvorstellung machen“, “Songs on Stage“, „My own English Book“, „To learn English my Way“, To read an English Comic“, „To Replay Scenes of a Book“, to do science's experiments,

 

In einer weiteren Stunde in der Woche luden sie alle zur Englischversammlung ein. Es werden Lieder gesungen, Englisch-Mitmachgeschichten erzählt, Kinder und Lehrer*innen bauten freie Texte auf, in Einzelstunden sammelten sie englische Wörter in Wortfeld-Familien, um daraus individuelle Texte zu machen. „Bet you know 50 words of animals by their English names, or verbs startung wtth a B or an A.

 

Große Veranstaltungen in der ganzen Gemeinde wie „Eitorf liest“ und „Eitorf singt“ werden mit den Schulleitern Frau Peters und Uschi Resch geplant und durchgeführt. Die Kinder schreiben sich mit anderen Kindern in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, im Senegal, Südtirol oder Deutschland. Sie besuchen Kinder in Belgien, England oder Luxemburg. Sie werden von einer Klasse aus der Schweiz und aus Rostock besucht. Sie machen selbst organisierte Radtouren nach Windeck und entlang der Ems. Sie gehen zu Fuß bis zum Rhein oder machen einen bis zu 20km langen Sternmarsch zur Schule. Sie machen Geld- und Sachspenden in Länder wie Indien, Kambodscha oder Rumänien.

 

Sie pressen Apfelsaft, stellen Holundersaft her, sammeln Obst und kochen Marmeladen. Sie bereiten Essen zu und backen. Sie legen eigene Schulbeete an und bepflanzen Hochbeete. Kinder, Eltern, Lehrer*innen und Jugendliche machen die jährliche Schulgeländeaktion mit. Jährlich gibt es den Sankt-Martins-Zug in Harmonie. Jedes Jahr fand die Krötensammelaktion, das Müllsammeln, der eigene Stand auf dem Weihnachtsmarkt, das Fußballturnier, die Reise nach England, der 3-tägige Empfang der englischen Kinder an der Schule und unzählige Übernachtungen, sogar draußen im Schulgelände statt.

 

Die Aktionen der Schule werden so viel und intensiv, dass eine weitere Schulklasse entsteht. Diese Lernaktionen, die zu Vorträgen und anderen Präsentationen, Vorlesungen oder Hospitationen kommen, werden bei jeder Montagsversammlung von Kindern und Erwachsenen vorgestellt und an der Wand, für alle sichtbar, festgehalten. Die Schule arbeitet sehr eng mit der Montagsstiftung in Bonn zusammen. Sie wird als besonderer Schulbau des Eitorfer Architekten Guido Casper Mitglied der „ lernräume“ und bekannt für ihre Inklusionsarbeit.

 

Kolleg*innen und Schulleitung schreiben mit an den Büchern der Montagsstiftungen und gestalten Tagungen nicht nur mit ihnen zur Inklusion. Die Schule war auf der bundesweiten Seite des Inklusionskataster der Bundesregierung zu finden und wurde mit der Nachbarschule vom ZPE zu internationalen Tagungen eingeladen. Hier arbeiten jahrelang sehr viele Studentinnen des Inklusion-Studiengangs Bastei der Uni Siegen. Die Schule wird beim Deutschen Schulpreis ausgezeichnet, wird anerkannte und erfolgreiche Comeniusschule, sowie eine Landesschule für individuelle Förderung. Sie gewinnt den Umweltpreis des Rhein-Sieg-Kreises, sie wird ausgezeichnet für bundesweite vorbildliche elektronisch Computer basierte Arbeit und zertifiziert als Europaschule.

 

Drei bekannte Untersuchungen bestätigen die positive Zukunft der ehemaligen Schüler*innen an weiterführenden Schulen: eine wissenschaftliche Arbeit an der Uni Siegen, die Befragung des damaligen CDU-Vorsitzenden und eine Befragung des Schulleiters selbst bei einer ehemaligen Klasse der Schule.

 

Walter Hövel lernt die Wilds in Ecuador kennen. ihn besuchen Prof. Paul le Bohec aus Rennes und Prof. Nichlas Beattie aus Liverpool. Er tauscht sich aus mit Margret Rasfeld (Berlin) oder Zoe Readhead (Summerhill). Er streitet mit Jürgen Reichen (später Hamburg), Josef Watschinger (Schulrat in Südtirol) oder Claus Kaul (Institut für ganzheitliches Lernen). Er trifft Peter Galin (Dialogisches Lernen, Schweiz) und Prof. Theodor Rutt (PH Köln). Er trifft auf den Bundespräsidenten Horst Köhler beim Deutschen Schulpreis, Ex-Außenminister Klaus Kinkel bei der Telekomstiftung, Yvonne Gebauer (Bildungsministerin in NRW) bei der Inklusion, Barbara Sommer (ebenfalls Bildungsministerin in NRW) bei Preisverleihungen, er stritt mit Hartmut von Hentig (Uni Bielefeld) oder Hannes Löhr. Er freut sich über Österreichs Präsidenten Heinz Fischer, aber nicht über die sehr geschickte Rede von Jörg Haider (Landeshauptmann in Kärnten). Er kommt zusammen mit Hannelore Kraft oder Jürgen Rüttgers( NRW-Ministerpräsident*innen) . Er kannte und kennt mehr als 50 Schulrät*innen und noch mehr Professor*innen - und sie ihn.

 

Freunde wie W.G.Mayer, Gerhard Rabensteiner oder Harry Brabeck sind tot. Andere Bekannte wie Vivian Breucker (Offene Schule Köln), Dr. Angela Bolland (Uni Bremen, Werkstattpädagogik) oder Ursula Svoboda von der PHLinz/A, wie Karl-Heinz Imhäuser (Deutschland UNESCO, Inklusion), Andreas Nießen (Helios Schule Köln, BüZ) oder Wilfried Lohre (Netzwek-Stiftungen-Bildung) sind aktiv. Hinzu kommen viele und sehr viel jüngere Menschen, die die Grundschule Harmonie hospitieren.

 

Sie werden zu Exzellenzforen, PAD-Sitzungen der Deutschen Kultusministerkonferenz und diversen Tagungen im In- und Ausland eingeladen. Die Schule gründet ein eigenes „FreinetZ“, erst zum Austausch unter Freinetschulen und schließt sich dann dem bundesweiten Bündnis „Blick über den Zaun“, kurz „BüZ“ an. Dort ist sie erst mit acht deutschen Schulen in einer dreijährigen Arbeitsgruppe, dann mutig in einer Gruppe mit europäischen Schulen. Es sind die VS Welsberg/Südtirol/Italien, die Eisschoul, eine Versuchsschule des Luxemburger Parlaments, die Kooperative Hauptschule Hausen aus der Schweiz, die Montessori-Ostseeschule aus Kiel, die bekannteste deutsche Freie Schule „Glocksee“ aus Hannover. und die Nachbarschule in Eitorf.

 

An der Schule in Harmonie wurden Dank der Zusammenarbeit mit Martina Schneider und Heinz-Willi Keuenhof vom Schulamt der Gemeinde viele Arbeitslose und „Schwervermittelbare“ in der Lehre, Küche oder und technischen Bereichen der Schule eingestellt. Viel mehr Menschen als üblich fanden wieder Jobs und bis heute in die bezahlte und ehrenamtliche Arbeit.

 

Eltern, „Behinderte“, Studierende und Ganztagskräfte fanden sinnvolle Betätigungen. An Girls- und Boys-Days arbeiteten Schüler*innen, darunter viele Ehemalige, die an schulfreien Tagen immer wieder zum Arbeiten mit Kindern kamen.

 

Walter Hövel schrieb u.a. mit an Büchern wie „Ungehorsam im Schuldienst“ bei Wenders und Stähling, in Buchmanns, Diezemanns, Huisingas „Internationalen Perspektiven der Subjekt-entwicklungs- und Inklusionsforschung, G.A.F.B., in Christian Minuths Fremdsprachenlernen in Projekten von der Uni Karlsruhe, in Dr. Helle Becker.s Partizipation von Schülerinnen und Schüler im GanzTag, Beiträge zur Qualitätsentwicklung beim Institut für Soziale Arbeit (ISA), im Lernwerkstättenbuch des Grundschulverbandes, 2016 bei Hahn, Esslinger-Hinz, Panagiotopoulou, in “Paradigmen und Paradigmenwechsel in der Grundschulpädagogik”, oder mit Björn Selke über “Inklusion und Demokratie” bei Birgit Lütje-Klose, Susanne Miller, Susanne Schwab und Bettina Streese bei Waxmann in Münster. New York 2017. In Backhaus und Knorres “Demokratischer Grundschule” gibt es mehrere Artikel über die Grundschule Harmonie.

 

Vermehrt erschienen seit 2012 Artikel in „unerzogen“, in ELTERN FAMILY SPECIAL bei Gruner & Jahr oder der Zeitschrift KiTa. Immer wieder finden Seminare, z.B. der Unis in Bremen, Siegen oder Köln und der Hochschulen Linz und Klagenfurt an der Grundschule Harmonie statt. Die Studies arbeiten mit Kindern der Schule. Sie machten ihre Seminare, aßen bei der eigenständigen und mitfinanzierten Küche der Schule und viele schliefen dort.

 

Viele Hospitant*innen fanden bei Eltern und Kolleg*innen oder in vielen Eitorfer Hotels Kost und Logis während ihrer Aufenthalte. Die entstehende zusätzliche Klasse der Schule bot den Kindern „Lernlandschaften“ und Lernchancen, die weit über die übliche Tristesse und Langeweile des Unterrichts der bekannten Schule hinausgingen.

 

Sich selbst, der Welt und den Erwachsenen in eigener Wahl zu begegnen, fördert, ja macht das „natürliche“, genuine Lernen aller. Die Freiwilligkeit des Lernens machten Eltern oft Angst, Kindern nicht. Und die Kinder der Grundschule Harmonie waren sich dessen bewusst, dass sie anders lernten als andere Kinder. Die Angst, das Rechnen, Lesen und Schreiben nicht zu lernen war und ist, wie nicht nur sie wissen, vollkommen unbegründet. Die Behauptung dessen aber ist eine Waffe der Politik.

 

Immer häufiger machten Student*innen Interviews mit dem Schulleiter, über das Schulgelände, das freie Bewegen, die Altersmischung, die Kinder-Uni, die Demokratie in Lernen und Leben, Rollenspiel, die eigene Frage, die Bedeutung der Präsentation, die Selbsteinschätzung, die Freiheit ohne Noten und erzwungenen Arbeiten, Drucken, Musizieren, Schachspielen, der Kinderkonferenz (https://www.walter-hoevel.de/kinderkonferenz/), das eigene Essen, die Geländeaktion, durch das Kinderparlament, über den Ganztag, das Lesen, das Lernen im weit über die Schule hinaus (https://www.walter-hoevel.de/kinder-brauchen-das-ganze-dorf/), die eigenen Themen ..., und last but not least immer wieder über die Kinderselbstbestimmung und Selbstorganisation ihres Lernens.

 

Nach seiner Pensionierung 2014 machte Walter bei der Bezirksregierung Köln, an der Uni Bremen, der PH Linz, der PH Klagenfurt weiter, um nach 4 Jahren nur noch im Studiengang „Pädagogik der Kindheit“ an der TH Köln arbeiten zu wollen. Er lud mich mehrere Male ein für und vor seinen Studenten Gesichtspunkte der Praxis von Jugendhilfe darzustellen. Walter Hövel als Dozent ist ein Anreger und Neugier-Macher. Es waren und sind weniger die Antworten als viel mehr die Fragen der Studenten, die ihn interessieren.

 

Die Studenten müssen sich selber auf den Weg machen und immer wieder neue Fragen stellen,“ war ein Satz von ihm, als wir nach der Uni beim Griechen in der Kölner Südstadt saßen.

 

Einige Jahre waren wir gemeinsam im Bereich der Inklusion unterwegs. Wir hatten viel Spaß im Arbeitskreis „Alle Inklusive“ in Eitorf und die meisten unserer Projektideen entwarfen wir in einem Cafè oder einer der beliebten gemeinsamen Autofahrten.

 

Walter ist bei all seinen Vorhaben ein Vernetzer, es geht ihm nie nur um einzelne Player, die auf der Bühne stehend andere in den Hintergrund drängen. Er ist ein Mannschaftsspieler in der Aktion, obgleich er in der Feinarbeit lieber für sich selbst bleibt.

 

Gleichfalls ist Walter ein Kämpfer in der Sache von Menschenrecht und Gerechtigkeit, der bereit ist, sich einzusetzen. Sein Anliegen ist hierbei die„Kleinen und Ungeschützten“ unserer Gesellschaft zu protektieren. Der gemütliche Mann kann dann zu einem Löwen werden, dem man sich, in solchen Momenten, nicht in den Weg stellen will.

 

Er pflegt seine eigene Homepage „www.walter-hoevel.de“. Hier und in Büchern und Fachzeitschriften schreibt er weiter Artikel. Er publiziere seither neben der „Fragen und Versuche“ und auf seiner Homepage u.a. bei Gronert und Schraut im Handbuch Vereine der Reformpädagogik, in der „elise“ in Österreich, beim Bindestrich in der Schweiz, bei Prof. Andrea Platte, den Montagsstiftungen, Prof. Donja Amipur und den Eitorfer Heimatblättern.

 

Seine Art, Pädagogik zu machen, waren die „eigenen“ fünf Kinder, ihre Mütter und ihre Vorfahren, ihre Partner und Expartner, und nicht zuletzt die Enkelkinder. Es waren die Tausende von Schüler*innen, die er „mitbekam“ als er arbeitete. Es waren sehr viele Kolleg*innen, die sich für „ihre“ Kinder einsetzten. Es waren die vielen Eltern, die versuchten zwischen der eigenen und der Entwicklung der Kinder und ihren menschlichen Beziehungen klar zukommen.

 

Es waren die Begegnungen und Gespräche mit Freunden, die unendlich vielen Unterhaltungen und Treffen mit Hospitierenden, mit Gegnern und Befürwortern. Es waren die vielen Gespräche mit Sintis, anderen Migranten, Flüchtlingen, Jugendlichen, mit Bauern mit den vielen erfolgreichen und richtig Armen und Stolzen, und den vielen Reichen. Er traf Abertausende von Studierenden, Weiterbildern, Alkoholikern und Süchtigen. Er lernte Angst, Hoffnungslosigkeit, Dummheit, Intelligenz, Liebe, Gelassenheit, Empathie, Wissen, Begabungen, Unfähigkeiten und Einsicht kennen. Es waren die Treffen mit Reisenden, Expert*innen und Wissenschaftlern, und die mit sich selbst, um sich zu fühlen, um zu machen, zu denken, zu lernen, wie Neues und Altes gehen, wie man gewinnt und verliert, wie mensch lebt. Er lernte mehr zuzuhören, obwohl er so viel sagt.

 

Ein Mensch mit so viel Tatendrang und Verwirklichungskraft, wie Walter, eckt natürlich an vielen Stellen an. Sein Menschenbild ist inklusiv und somit eine Provokation für ausgrenzende Haltungen.

 

Es liegt in der Natur der Sache, dass Pioniere starke Prozesse der Selbstauseinandersetzung in sich tragen. Die Fragen an sich selbst, die Zweifel und die Ausdauer gegen den Widerstand von außen, gilt es auszuhalten. Menschen mit vergleichbaren Erfahrungen wissen, dass genau an dieser Schnittstelle kreative Lösungen geboren werden können.

 

Walter malt. In der Kunst kann er seine Auseinandersetzung mit dem Leben zum Ausdruck bringen und im kleinsten Detail wiedergeben. Der mittlerweile pensionierte Lehrer ist auch ein Genießer und er liebt das gute, mit Vorliebe selbst zubereite Essen. In Gesellschaft mit Menschen die er bekocht oder auch gerne bekocht wird, wird jeder interessierte und offene Geist schnell merken, dass Gemeinsamkeit entsteht.

 

Tagtäglich begegnen wir Menschen in Eitorf, die ihren ureigenen Weg gehen. Die einen stehen am Anfang, andere sind mittendrin oder schon ein gutes Stück gegangen. Walter sammelt Geschichten, hierbei zeigt er Zusammenhänge auf und lenkt den Blick auf Vergessenes und Vergessene. Besonders gerne beleuchtet er die kleinen Nischen, in denen sich mitunter wunderbare Dinge entdecken lassen.

 

Sein aufrichtiges Interesse an seinen Mitmenschen in Eitorf zeigt sich innerhalb seiner Aktivitäten für die „Heimatblätter“. Seine grundsätzliche Menschenfreundlichkeit und der Glaube an die Entwicklungsfähigkeit von Menschen durch eine gute Bildung, gipfelt in der Erkenntnis, dass die Bildung unserer Herzen Grenzen abbaut.

 

Wir haben in Eitorf so viele engagierte Menschen, die sich für den Gedanken der Inklusion einsetzen, für eine Gesellschaft arbeiten, in der alle ihren Platz finden können.“

 

Es gibt starke Begrenzungen in den Köpfen und Herzen der Eitorfer, die eine inklusive Gesellschaft verhindern wollen. Aber durch echte Begegnung untereinander können wir mitwirken, dass ein Gefühl von gemeinsamer Heimat entsteht“, sind ebenfalls Worte von Walter, die er innerhalb des Arbeitskreises „Alle Inklusive“ in Eitorf sprach.

 

Und wie heißt das südamerikanische Sprichwort: „Sie dachten wir wären Steine und warfen uns fort. Aber wir waren Samen.“

 

In der Summe aller Teile gesehen, ist Walter Hövel ein aktiver Mitgestalter unserer Gesellschaft durch Pädagogik und Bildung. Die Früchte seines Wirkens zeigen sich vor allem in den Menschen, die einen Teil ihres Weges mit ihm gegangen sind.

 

Wenn Sie ihn einmal in Eitorf treffen und bereit sind, ihm Ihre Geschichte zu erzählen, werden Sie in aller Regel ein offenes Ohr finden.