Walter Hövel
Schlangestehen

 

Heute, 2016, stehe ich in der Post in einer langen Reihe und warte darauf mein Paket abzugeben.
Vor ein paar Tagen stand ich im Supermarkt, in einer der sieben langen Reihen und wartete dort.
„Ist ja wie in der Ostzone“, sage ich dann.

 

Vor vielen Jahren wurde uns das Anstehen in der Schlange als einer der übelsten Erscheinungen des realen Sozialismus in der DDR per Erzählung und Bild vor Augen geführt: „Weil es nichts gibt, müssen die Schlange stehen!“ Noch heute heißt es: "Schlangestehen gehörte zum Alltag in der DDR".

 

In der Tat gab es in meiner Kindheit bei uns keine Schlangen. Aber es gab auch keine Arbeitslosigkeit. Dafür ein bis zwei Weihnachtsgehälter und Urlaubsgeld.

 

Als die Mauer 1989 fiel, verschwanden die Schlangen vor den Geschäften in Ostdeutschland. Seither gibt es die Schlangen in West und Ost innerhalb der Geschäfte.

 

Selbst in Kriegszeiten standen meine Eltern nie in der Schlange. Schließlich wurden die Deutschen mit allem, was sie wollten, durch das von ihnen eroberte Europa versorgt.

 

Heute gibt’s alles!

 

Die Besitzer der größten Lebensmittelketten gehören jetzt zu den größten Verdienern in Deutschland.

 

Heute gibt es alles, sogar aus aller Welt, zu kaufen. Und wir können überall in Europa, bei Aldi, REWE und Lidl, einkaufen.