Walter Hövel
Ein Vortrag im Zentrum der Reggio-Emilia-Pädagogik
Nicht die moderne Schule perfektionieren, sondern das Lernen demokratisieren

 

Zum Abschied von der Schule 2014

 

Grundformen

 

·        Kinder arbeiten nicht mehr nach den Plänen von Erwachsenen, sondern organisieren und realisieren ihre Pläne selbst.

 

·         Sie bringen sich das Lesen und die Schreibkunst selbst bei.

 

·         Sie lesen nicht mehr in Schulbüchern, sondern im Netz und in „richtigen“ Büchern in einer Schule, die eine Bücherei ohne Ausleihsystem ist.

 

·         Sie schreiben eigene Texte und lesen sie in „Dichterlesungen“ vor, vergleichbar mit einem „Weekly Poetry Slam“.

 

·         Sie lernen mit dem freien Ausdruck der Literatur, des Theaters, der Musik, der Kunst und des Tanzes.

 

·         Sie lernen die Mathematik selbst. Zunächst Materialen ergreifend, begreifen sie notwendige Techniken, das Lösen komplexer Fragestellungen und die mathematischen Vermessung (survey) des sie umgebenden Raums und ihrer Zeit.

 

·         Sie lernen aufgrund der eigenen und fremden Fragen und Themen selbsttätig und selbstständig Informationen zu bearbeiten, zu forschen, zu experimentieren, zu erfinden.

 

·         Sie lernen sich tastend (grope) hinein in eine immer wieder neue Welt.

 

·         Sie lernen wahrzunehmen und die eigenen Fragen zu stellen.

 

·         Sie lernen innerhalb und außerhalb der Schule.

 

·         Sie lernen das Gelernte zu präsentieren, um die eigene Leistung (effiency, achievement, benchmark) ermessen zu können, um das Gelernte zu teilen und um wiederum zu neuen Fragen und Aufgaben zu gelangen.

 

·         Sie lernen sich einzuschätzen (self-assessment), sie lernen ihr eigenes Lernen sowie das gemeinsame Lernen zu organisieren und zu strukturieren.

 

·         Sie lernen ihr eigenes Arbeiten zu reflektieren, zu versprachlichen (linguificate) und neu zu konzipieren.

 

·         Sie lernen die Verantwortung für das eigene Lernen, Sein und Werden zu übernehmen.

 

·         Sie lernen Verantwortung für sich und die enge und weite Umwelt zu übernehmen,

 

·         Sie lernen, wer und was wie inkludiert wird.

 

·         Sie lernen durch die Beteiligung an internationalen Projekten und grenz-überschreitenden Aktivitäten Menschen aller Nationen zu respektieren und zu schätzen.

 

Themenbeispiele als Stichworte:
Da sind das Kombinieren von fehlenden Somawürfelteilen, Kunst und Lyrik, Texte aus der Kiste, Tangram, Hindernis-Sport, (Obstacle course), Cleveres Rechnen (calculate).
Da sind das Drucken, Erste Schnitzversuche (cut wood), Experimente, Exkursionen zum Klärwerk (wastewater treatment plant) Sport in Afrika, Achtung Baustelle (works ahead!).
Da sind Mathe mit Muggelsteinen, Stars and Proms (Englisch), Rollenspiel - Sachhörbuch Piraten (audio book), Handy-Geschichten, Ins Netz gegangen (caught in the net),

 

Da sind das Schreiben für Anfängerinnen und Anfänger, Intelligente Mathematik, Lebensräume zum Forschen (invironments of research), A Very Hungry Caterpillar.
Da sind das Ringen und Raufen (scuffle), Arbeiten mit Pastellkreide, Vorträge zu eigenen Themen, Geschichten in Kisten, Rechtschreiben kann man lernen.


Da sind abertausende (!) von anderen Möglichkeiten des selbst bestimmten offenen Lernens.

 

Da gibt es eine Kinderuni mit Vorlesung über „Grundbegriffe der Mathematik“, Dinosaurier, über Europas Geschichte, die Vielfalt seiner Länder und Regionen, um die Mitgliedsstaaten der EU...

 

Da gibt es Seminare, die jedes erreichbare Wissen anbieten.

 

Lerngelegenheiten schaffen in Projekten

 

·         Der Nachbar kommt vorbei und spricht in seiner faszinierenden Art über seine Kindheit, wie er Krieg, Nazizeit und sich selbst erkannte.

 

·         Das Crazy-Banana-Musikprogramm wird selbst gemacht und zusammengestellt.

 

·         Ein halbes Jahr lang arbeiten die Kinder in vielen kleinen und großen, klasseninternen und klassen- und schulübergreifenden (comprehensive) Projekten an den 100 Jahren Geschichte unseres Wohnviertels (residential area).

 

·         Das „Rheinische Lesefest“  lässt Autorinnen mit den „Zeitdetektiven“ oder den „Moorländern“ lesen.

 

·         Im neu geschaffenen Psycho-Motorik-Raum bietet das Angebot „Achtung Baustelle“ Lernen mit Bewegungen, Strukturen und Sprache.

 

·         Eine gesamte Zirkusvorstellung (circus tent show) wird für die Schulversammlung in Englisch vorbereitet.

 

·         Sprachforscher- untersuchen wie unsere Sprache gemacht ist. 

 

·         Im „Matheladen“ werden Währungen, Wirtschaft und Gesellschaft im Rollenspiel wiedererfunden. (re-invented)

 

·         Seit 2006 werden englische E-Mails den Partnern an der englischen Schule geschrieben.

 

·         Die „kosmische Glibbermasse“ (a cosmic slime, corn starch) wird in einem großen Forschungsprojekt untersucht.

 

·         Eine Murmelbahn (marble tracks) wird aus Pappe (card board) und Papier gebaut.

 

·         Es wird mit Kindern philosophiert.

 

·         Kinder denken sich selber Tischrollenspiele aus und führen durch den Plot.

 

·         Stetig und ständig wird Kindern von Erwachsenen und Kindern gezeigt, wie selbst ausgesuchte Themen bearbeitet und präsentiert werden.

 

·         „Momo und die Zeit“ wird als Film gesehen und dann mit den Kindern an ihrem Zeitbegriff (concept of) gearbeitet.

 

·         Der Besuch im Altenheim (home for elderly) wird akribisch (meticulous) vorbereitet

 

·         Ein Gesangsworkshop mit einem lokalen Chor und gemeinsamen Auftritt, wird wochenlang, auch mit Besuchen an anderen Schulen realisiert.

 

·         Alle Grundschulen machen mit bei der Aktion „Unsere Gemeinde liest“. An zwei Tagen gibt es 70 Lesestationen in der Gemeinde.

 

·         Eine einwöchige Wanderung wird von Grundschulkindern mit mehreren Übernachtungen bis zum Rhein gemacht.

 

·         Es gibt eine Fahrradtour zu den Schiffsbauwerften an der Ems.

 

 

Die Kinder-Unis trugen die Überschriften

 

·         „Geschichtsfragen der Kinder“

 

·         „Inklusion“

 

·         „Kinderrechte“

 

·         „Erzählen“

 

·         Kompetenztransfer“

 

·         „Essen und Trinken“

 

·         „Smalltalk zu Tisch“

 

·         „Andere Länder, andere Sitten“

 

·         „Zucker in Getränken, Untersuchungen von Lebensmitteln“

 

·         „Knallbunt und zuckersüß (sickly sweet) - Veräppelt! (Kidded) Was uns Supermärkte vorgaukeln (posing, pretending)“

 

·         „Vegane Ernährung - Ein Bilderbuch“

 

·         „Sinnesparcour: Fühlen, Riechen, Schmecken, Hören und Sehen von Obst und Gemüse“

 

·         „Tischsitten“

 

·         „Wortschatzarbeit (Word pool work) zu Essen und Trinken“.

 

Da kommen Kindergärten zu Gast und Kinder gestalten mit Kleineren gemeinsam die Kinder-Universität: Sie besuchten das Seminar „Schöne Mathematik“ und  gestalteten Muster, Ornamente und Kreisbilder mit Mosaiksteinen (tessera). Da gibt es das „Matheladenprojekt“, dort werden Handstabpuppen gebaut und er wird damit gespielt. Es gibt „Erkundungen am Teich“ mit der Entdeckung und Erforschung von Molchen (newt), Gelbrandkäfern (great diving beetles), Taumelkäfern (whirligig beetles), Wasser-läufern,(water striders) Wasserspinnen, Schlammschnecken (mud slug) und Fröschen.

 

Die Schülerinnen und Schüler vom 5. bis zum 11. Schuljahr der Nachbarschulen boten zum Boys’ und Girls’ Day in Zweierteams Seminare an. Weiter entstanden Themen wie „Experimente mit Oberflächenspannungen und -entspannungen“ (tention of surfaces) , „Satz des Pythagoras“ (theorem)Krafttraining ohne Geräte“(strength training without equippment), das Basteln (handicraftwork) von Osterdeko, „Flächen, Umfangs-berechnungen des Kreises“ und „Addieren und Subtrahieren“.

 

„Dass Schule mir hilft mich zu finden, ich selbst zu sein und weiter werden zu können“

 

Grund-Sätze des Lernens

Die Kinder bestimmen, organisieren und bewerten ihr Arbeiten, ihre Leistung und ihr Lernen selbst, wobei sie

 

·         ihre texte so erzählen und schreiben, dass sie ausdrücken können was sie beeindruckt und für sie bedeutsam ist

·         lesen cool finden

·         das mit ihren Händen tun können, was sie mathematisch denken sollen

·         ihre mathematischen techniken so weiter entwickeln, dass sie freude an mustern, flexiblem und vernetztem denken, dem eigenständigen und gemeinsamen Erkennen, benennen und lösen von problemen gewinnen

·         Gelegenheiten haben,  mathematik in ihrem alltag wiederzufinde

 

·         experimentieren,Forschen und Erkunden und so eigene und übernommene fragen, Hypothesen und  Ziele selbsttätig bearbeiten.

·         ihre Arbeiten auswerten, überprüfen und so neue Kenntnisse und Erkenntnisse gewinnen sowie Zusammenhänge erkennen

·         eigene themen und Inhalte so bearbeiten, dass sie die Welt, die anderen, sich selbst und neue fragen entdecken, sich orientieren und stärken KÖNNEN

·         eigene Themen nicht für andere oder die Schule bearbeiten, sondern für sich selbst

·         ihren freien ausdruck durch mittel des tanzes, des Theaterspiels, der sprache, der Mathematik, der musik, der kunst und der bewegung  entwickeln, geniessen, rezipieren und hinterfragen

·         GELEGENHEIT HABEN SICH IN IHREN FAMILIENSPRACHEN, IN DEUTSCH UND ENGLISCH AUSZUDRÜCKEN

·         sich so bewegen, dass sie freude und anstrengung empfinden

·         die medien und ihre techniken so beherrschen, dass sie selbst  nicht von ihnen beherrscht werden

 

·         Ihre Präsentationen so gestalten, dass sie andere erreichEN
 
   

·          DIE „ZONEN IHRER AKTUELLEN LERNENTWICKLUNG“ WISSEN UND DARAN ARBEITEN

·         im Gespräch über sich, ihr arbeiten und lernen ihre eigene Sprache UND WELT entwickeln

 

·         Sprache, verhalten,Gefühle, Denken und kompetenzen nutzen; um über die eigene Meinung EIGENE fragen, konflikte, zweifel und sorgen in austausch und zusammenarbeit ZU treten

·         SICH MIT SINN, ZWECK UND NOTWENDIGKEITEN VON LERNINHALTEN UND KOMPETENZEN AUSEINANDER SETZEN

 

·         ihre arbeiten durch ihren eignen Willen und zahlreiche techniken wie der Dokumentation, der reflektion und der Überzeugung der Sinnhaftigkeit ihres Tuns begründen 

·         IHRE ZEIT ALLEINE UND MIT ANDEREN BEWUSST BESTIMMEN UND ERFAHREN, IHRE ENT- UND BESCHLEUNIGUNG, SO WIE HOCHLEISTUNG UND PAUSIEREN SELBER LENKEN

·         ihre  achtung gegenüber der Welt, sich selbst und anderen zum ausdruck bringen 

·         Freude an der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, des eigenen, SOZIALEN UND POLITISCHEN Verhaltens, der Aufmerksamkeit und Wachsamkeit haben

·         HILFE, UNTERSTÜTZUNG, FEEDBACK UND VERANTWORTUNGSÜBERNAHME  IN GEGENSEITIGER KOMMUNIKATION UND KOOPERATION LEBEN

·         IM ALLTAG, BEIM GEMEINSAMEN LERNEN, IN IHREN VERSAMMLUNGEN UND GREMIEN, SO WIE IN DER BEGEGNUNG MIT ERWACHSENEN, DEMOKRATISCHE GRUNDSÄTZE KENNENLERNEN UND IHR HANDELN UND IHRE HALTUNG AKTIV DEMOKRATISCH GESTALTEN

·         ohne aggressionen und langeweile zusammen und allein arbeiten, spielen und ruhen

·         ERWACHSENE VORFINDEN, DIE IHRE RECHTE UND IHRE PERSON SCHÜTZEN

·         VON DEN MENSCHEN IHRER UMGEBUNG UNTERSTÜTZT WERDEN UND TEILHABE IN ALLEN SITUATIONEN MÖGLICH IST

·         Ihre Lernumgebung so vorfinden, dass sie Freude an  deren gestaltung, an ästhetik , SCHRIFT UND RECHTSCHREIBUNG HABEN 

·         FREUDE AN LEISTUNG UND WERTSCHÄTZUNG ERFAHREN

·         SICH UND IHRE PERSÖNLICHKEIT DURCH IHR ARBEITEN UND LERNEN STÄRKEN UND DARAN WACHSEN

 

Der Kern-Gedanke der Schule:

We accept the right of the children on pleasure that always has been blocked away by school.
The right on pleasure has been seen as a monstrosity by those, who want to prepare human beings beginning with their childhood for their estrangement by alienation “from above”. Life they shall experience only beginning with consumption, new media and leisure.
We don’t divert the effort of children to learn out of their own impulsion by arbitrarily enforcement into heteronomous aims. We accept the desire to reach a freely chosen aim out of their own interests.
These ways will not be free of efforts and disappointment. But the experience of your own abilities will guarantee pleasure.
For us there is no other way of forming your freewill but the education to free people by taking over responsibility from the first day.

 

„Wir erkennen das Recht der Kinder auf Vergnügen an, das schon immer von Schule verdrängt wurde.
Das Recht auf Vergnügen wird von jenen als etwas Ungeheuerliches angesehen, die die Menschen von Kindheit an auf die Entfremdung einer von „oben“ auferlegten Arbeit vorbereiten. Leben sollen sie erst in Konsum, Medien und Freizeit erfahren.
Die Bestrebungen der Kinder aus eigenem Antrieb zu lernen, werden von uns nicht durch
willkürlichen Zwang zu fremdbestimmten Zielen umgeleitet. Wir akzeptieren den Wunsch, aus eigenem Interesse ein freigewähltes Ziel zu erreichen.
Dieser Weg wird nicht ohne Mühe und Enttäuschungen sein. Aber die Erfahrung der eigenen Leistungsfähigkeit garantiert Vergnügen.
Für uns gibt es keine andere Formung des Willens als die Erziehung zu freien Menschen durch die Übernahme von Verantwortung“.

 

Und jetzt Eure Fragen…