Ingrid Dietrich

 

Bericht über das Seminar

 

Wie werde ich Freinet-Lehrerln

 

an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Winter-Semester 2006/2007

 

 

 

Die Szene um uns herum ist in Bewegung geraten - der PISA-Schock hat das scheintote, selbst-zufriedene deutsche Schulsystem aufgeweckt und viele kritische Diskussionen ausgelöst.

 

 

 

Gute Beispiele sind gefragt, „best practice“-Schulen werden ausgezeichnet. Dass die Grundschule Harmonie mit Walter Hövel als Schulleiter unter die besten 18 Schulen im Land gekürt wurde, darf auch als Erfolg der Freinet-Padagogik verbucht werden. Und dass im Anschluss an das Symposion in Bremen 26 neue Leute in die Freinet-Kooperative eingetreten sind, ist ebenfalls als ein Zeichen von Aufbruch und Hoffnung zu werten.

 

 

 

Was tut die Freinet-Bewegung fur die Rekrutierung ihrer eigenen Nachfolgerinnen an den Schulen?

 

 

 

Ein Weg dazu ist es, in der Ausbildung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer über Freinet-Pädagogik zu informieren und einige ihrer Elemente im Seminar-Zusammenhang selbst zu praktizieren. Dies aber stößt zur Zeit auf allergrößte Schwierigkeiten. Die neuen modularisierten Prüfungsordnungen - in Verbindung mit den Studiengebühren in fast allen Bundesländern eingeführt - zwingen die Studentinnen dazu, knallhart zu kalkulieren: Kann ich mir dieses Seminar ,leisten’? Passt es in meinen übervollen Stundenplan? Kann ich damit einen der geforderten ,Scheine’ abdecken? Wird das in diesem Seminar möglich sein mit seinen offenen Arbeitsformen, bei denen nicht von vorn-herein ganz klar gesagt wird: Für so und so viele Seiten schriftlicher Hausarbeit gibt es diese Art von Schein? Denn wenn ich keinen ,Schein’ bekomme, wird das von jetzt an richtig teuer.....Also im Zweifelsfall: Keine Experimente, und folglich auch keine ,experimentellen’ Seminare, wo es keine festgelegte Referate-Liste gibt, von denen ich eins übernehme und mich während allen anderen

 

Sitzungen berieseln lasse...

 

 

 

Immerhin kam im Winter-Semester 2006/2007 an der PH Heidelberg ein kleines Häuflein von 12-15 Studentinnen und einem Studenten zusammen, die sich auf diesen Weg der Selbsterprobung und der Nachdenklichkeit im Hinblick auf ihre eigenen pädagogischen Perspektiven eingelassen haben.

 

 

 

Selbstbestimmtes Lernen - gerade im Hochschulalltag, wo sich die Beteiligten ja nur 1 'A Stunden pro Woche in einem ziemlich unpersönlichen Rahmen sehen - kommt meist nur sehr zäh und zögerlich in die Gänge. Immerhin lief das selbstgesteuerte Lernen mit der Rezeption von Artikeln und Erfahrungsberichten zur Freinet-Pädagogik in kleinen Gruppen nach ein paar zähen Anlaufschwierigkeiten prima an.

 

 

 

Von Anfang an stand die Frage im Mittelpunkt: Kann ich mir selbst die Umsetzung einer solchen Pädagogik vorstellen und zutrauen? Ein Schreib-Atelier zur Selbstreflexion der eigenen Lehrerlnnen-Rolle sowie eine Diskussion mit Urs Lufft (Darmstadt) als Gesprächspartner im Seminar halfen, diese Frage zu vertiefen.

 

 

 

Und zwei engagierte Studentinnen ergriffen die Initiative und setzten eine Fragebogen-Aktion bei Freinet-LehrerInnen in Gang, auf die erstaunlicherweise hauptsächlich Schweizer Kolleginnen antworteten (Ergebnisse dazu in einer späteren Ausgabe).

 

 

 

Zum Abschluss unseres Seminares habe ich mit einigen Studentinnen noch eine dreitagige Hospitationsfahrt zur Grundschule Harmonie in Eitorf (NRW) unternommen. Kommentar der Studentinnen: "Jetzt glauben wir erst richtig, dass es möglich ist, womit wir uns ein Semester lang auseinander gesetzt haben...."