Walter Hövel
Meine Lehramtsmentorin

Sie war “meine“ Englischmentorin“ oder ich „ihr“ Lehramtsanwärter beim Zweiten Staatsexamen. Ich war ihr also zugeordnet worden. Ich hatte sie nicht ausgesucht. Ich glaube, sie mochte mich nicht. Ich war ihr immer zu anders. Sie warnte mich immer wieder mich mehr an das Englischbuch und seine Vorgaben zu halten. Sie forderte von mir mehr Vorbereitung. Ich wollte keine Schulbücher, keine Units, kein Gleichschritt für alle Schüler*innen, - sie aber schon. Sie glaubte fest daran, dass “ihre“ Schüler*innen so wie sie es wollte gut Englisch lernten. Und diese konnten Englisch, weil sie auf ihre Art eine gute Lehrerin war. Ich glaubte allerdings nicht, dass sie noch mehr lernen konnten. Es sollte ihnen auch Spaß machen. Aber sie wollte mir „beibringen“ ein guter, nämlich perfekter Lehrer zu werden. Sie war damals jung, 30 (vielleicht älter). Heute muss sie also über 70, vielleicht über 80 sein und schon lange pensioniert. Ich allerdings werde bald allerdings auch 73 Jahre alt.

 

Das war während der Ausbildung 1979 in Ratingen-Süd an einer Gesamtschule. Dort, in Süd, lebten die einfacheren Menschen, meist in Hochhäusern, die nicht zu einem Gymnasium gehen sollten.

 

Sie spielte aber keine große Rolle für mich. Ich machte eh, was ich wollte. Ich konnte gar nicht anders. Sie setzte mich nicht sonderlich unter Druck. Zudem war meine Lehramtsanwärterzeit vor der langen Arbeitslosigkeit für junge und neue Lehrer*innen die letzte Chance in den Schuldienst zu kommen.

 

Ich war stellvertretender Vorsitzender der Lehramtsanwärter in Heiligenhaus. Vor mir wurde Eva Schuhmacher gewählt, eine vorbildliche, begabte und junge Lehrerin.

 

Damals glaubte ich, es wäre das Heiligenhaus in meiner Nähe. Das war nicht so, was ich erst erfuhr, als ich schon in dem anderen Heiligenhaus angemeldet war. Es war in Mettmann. Ein Kölner in Mettmann, Ratingen und Düsseldorf. Und jeden Tag eine Strecke von über 70 km hin und 70 km zurück. Welch ein Kulturschock, zudem für einen ausgeruhten und lebenserfahrenen Menschen, der schon 1973 sein Erstes Examen gemacht hatte.

 

Ich lehrte eine Woche oder zwei an einer „Comprehensise School“ in Nottingham. Hier lernte ich, dass die Schüler*innen in den Raum der Fachlehrerin oder des Fachlehrers kamen. Zuden konnten wir Lehrer*innen zu Beginn einer jeden Stunde eine Kiste voll mit Materialien zum Thema in einer runden Bibliothek holen. Der Fachleiterin, Frau Tobertge, hatte ich auch sonst viel Unterstützung zu verdanken.

 

Ich machte zur Prüfung eine Stunde, die meiner Mentorin, gar nicht gefiel. Die Stunde hieß „She has left home“ und beschrieb in Schüler*innen eigenen und sehr individuellen englischen Texten, was das Mädchen des Beatlessongs „She is leaving home“ erlebte, nachdem sie ihr Zuhause verlassen hatte. Ich beachtete nätürlich die verschiedenen Zeiten und machte neben den freien Texten die grammatikalische Zeitenfolge. Die Stunde war perfekt. Ich hatte gut bei meiner Mentorin gelernt, konnte Englisch sprechen und zeigte modernen Unterricht.

 

Während meiner Prüfung wurde ich gefragt, was ich unter „didaktisch“ verstand. Ich habe keine Ahnung mehr, was ich geantwortet habe. Viele Jahrzehnte später gab ich über viele Jahre ein Seminar an der TH Köln. Das Thema war „Didaktik“.

 

Zudem schrieb ich meine Examensarbeit über das „Rechtschreiben“. Ich stellte die sowjetische Interiorisationsmethode vor und machte über drei Monate eigene vergleichende Erfahrungen mit der Schulung der Aufmerksamkeit. Mein Seminarleiter Michael Fuxen, ein sehr fortschrittlicher Mensch, fand die Arbeit und mich „sehr gefährlich“, weil die Ergebnisse so verändernd wirkten. Das Gremium zur Bearbeitung von Examensarbeiten wollte die Arbeit wegen „zu vieler Rechtschreibfehler“ erst nicht „sehr gut“ nennen. Erst dann merkten sie, dass ein Legastheniker über das Rechtschreiben geschrieben hatte. Es muss ein lange Diskussion darüber gegeben haben, ob die Prüfung auch als „sehr gut“ bezeichnet wurde,

 

Meiner Mentorin gefiel nicht, dass ich die Prüfung mit Bravour bestand, und dass ich Lehrer wurde! Sie führte eine Dienstbeschwerde gegen mich. Nach (!) meiner Prüfung bekam ich auf das „Lehrer-butterbrot“ geschmiert, dass ich wohl vorher bei Eis und Schnee zu spät gekommen war. Die Beschwerde über mich wurde natürlich abgewiesen, und ich sahdie Mentorin nie wieder.

 

Ich überstand auch die Zeit als Lehramtsanwärter mit Gegenwehr, Zuspruch und Hilfe. Was ich aber leider von deer Mentorin übernahm, war die Fehlerkontrolle beim englischen Sprachgebrauch.