Walter Hövel
„Max and Mary“,
Gutes aus einem Bonner Kindergarten
Die TH Köln bietet u.a. eine eintägige Hospitation an. Zum Thema „Didaktik der Kindheit“ werden besondere Lernorte
angeboten, dabei der englischsprachige Kindergarten „Max and Mary“[1] in Bonn.
Als die wenigen besuchenden Studentinnen zurückkamen, waren sie enttäuscht. „Wie andere Kindergärten,… wir wurden gar nicht betreut,… lieblos“, waren ihre Aussagen. Ich tendierte deutlich dazu
ihnen zu glauben und ärgerte mich schon, dass meine Intuition falsch war, als ich über diesen Kindergarten einen Kurzfilm von Bo Riedel gesehen hatte.
Seltsam bestätigend schien mir, dass sich die mir bisher unbekannte Leitung auch über die Studies bei uns beschwerte: „Vor Eltern geraucht, … Desinteresse…, keine Fragen,…“.
Ich besuchte in der folgenden Woche mit meiner Freundin Angela, die eine selten gute Native- Speaker-Lehrerin an der Eitorfer Grundschule ist, den Kindergarten selbst.
Unsere Wahrnehmung war sofort eine vollkommen andere! In jeder Gruppe arbeitete grundsätzlich auch ein Mann. Kein Kind wurde stehen gelassen. Sie wurden angesprochen und wenn sie wollten, auch „in Frieden“ gelassen. Alle Erwachsenen sprechen immer Englisch, auch mit den Kindern. Die Kinder sprechen untereinander auch Deutsch. Es wird akzeptiert, aber die Erwachsenen bleiben konsequent bei der englischen Sprache. In der musikalischen Früherziehung „hämmerten“ die Kinder frei in die Tastatur oder auf andere Instrumente, aber sie verloren nie den Rhythmus. Überall an den Wänden stehen Kinderfragen, echte „Fragen zur Welt“. Sie werden offensichtlich gepflegt. Die dänische Leiterin schien die gesammelte Pädagogik ihres Landes mitgebracht zu haben. Die „Headteacher“in strahlte die großartige inklusive und Kinder nahe kanadische Einstellung ab.
Wieso hatten die Studies dies so anders gesehen oder warum sah ich es so anders als sie? Ich habe ihnen bei meiner Rückkehr meine Sichtweise mitgeteilt. Die Reaktion war, dass sie danach (als einzige) das Seminar nicht mehr besuchten. Eine Auseinandersetzung konnte nicht stattfinden.
Muss ich sie aufgrund meines pädagogischen „Erfahrungsvorsprungs“ besser vorbereiten, auf das was Studentinnen sehen „müssten“. Oder darf ich sie in die Konfrontation der Wahrnehmung einer anderen, nämlich Kinder zentrierten Pädagogik, gegen die eigenen Bildungserfahrungen „zwingen“?
Kann ich es ihnen verdenken, dass sie nach 20 oder mehr Jahren frontalen lehrplanorientierten, Unter-Richtet-Werdens und kontrollierter Reproduktion von abzutestenden Lehrzielen vom Kindergarten, über das Abitur bis ins Studium, die Welt so sehen, wie sie für sie ist. Muss ich ihnen nicht viel mehr Zeit geben, selbst aktives und selbst bestimmtes, eigen verantwortliches Lernen erleben zu können…
Ich antworte deutlich mit Nein. Sie waren nicht den ersten Tag in meinem Seminar. Sie wollen Kinder erziehen, alte Menschen betreuen, Straßenkindern helfen, Verantwortung für das Lernen und Leben von Menschen übernehmen. Sie hatten bereits die Chance an ihrer Haltung zu arbeiten, um in einer heterogenen, inklusiven und demokratischen Zukunft von Lernen als Profis unterwegs zu sein.
Im Gegensatz zu ihren Kommilitoninnen machten sie zu. Sie zeigten keine Bereitschaft zu lernen. Schadenzufügen durch unreflektiertes „Getratsche“ kenne ich aus Eitorf gegenüber der Grundschule Harmonie zu genüge. Hätte ich diesen Studies geglaubt, hätten wir einer so tollen Bildungseinrichtung wie dem Kindergarten „Max and Mary“ in Bonn gemeinsam Schaden zugefügt.
[1] Googelt den Kindergarten und den Trailer! Oder besucht ihn!