Sybille Vlachkos ("gerade Geschriebenes 1996"), Walter Hövel (kursiv Geschriebenes 2021)
Schreibanlässe

 
Die Lehrerinnen und Lehrer der Grundschule Harmonie passten sich immer den eigenen Entwicklungen an. So konnten sie nicht von heute auf mogen „den Hebel umlegen“ und etwa freie Texte schreiben. Für die Lehrer*innen war der (Um-)Lernprozeß häufig sehr schwierig. Sie schrieben in einer guten Atmosphäre erst auf, was sie schon konnten oder sie sich zutrauten (!). Neueres kam erst später. Hier wahrscheinlich von Sybille aufgeschriebene Beispiele weit vor der Jahrtausendwende.

 

  • „Zu einer Geschichte schreiben und malen – eventuell über eine längere Zeit, über eine fortlaufende Geschichte, (z.B. 'Die kleine weiße Ente' aus dem Beltz-Verlag)."

    Bald schrieben die Kinder die Geschichten selbst weiter oder ersannen verschiedene Fortführungen zum Aussuchen für die Leser.

 

  • "Fühlrätsel der Woche, Gegenstand im Fühlkasten ertasten, Lösung aufschreiben."
    Später erfanden sie Geschichten mit dem erfühlten Gegenstand.

 

  • "Klassentagebuch. Reihum schreiben/malen die Kinder zum jeweiligen Schultag."

    Wie gut war hier das falsche Lesen „Klassenbuch“, Ja, so ließen sie sich auch schreiben. Später schrieben jeder seine Klassen- oder Schulchronik. Kinder waren hierbei oft Mitschreiber*innen.

 

  • "Schülertagebuch."
    Sie wurden privat oder in jeder Klasse Usus.

 

  • "Briefkasten. Kinder schreiben an die Lehrerin, andere Kinder, das Klassentier, Partnerklasse etc.

 

  • Fotos kommentieren

 

  • Büchertipps: 'Rezensionen' für die Bücher der Leseecke schreiben (Inhalt, Einschätzung. Was-gefiel?, Was-nicht-gefiel, etc)"
    Bald merkte die Lehrer*in, dass die Kinder wirklich die brauchbarsten Rezensionen schrieben.

 

  • "Meinungsbuch: Die eigene Meinung mitteilen (Meinungsbuch der Regenbogen-Lesekiste)"
    Die Kinder hatten bei der Lehrer*in eine eigene Meinung!)

 

  • "Zeugnis der Kinder für die Lehrer*in oder Lehrer

 

  • Blankobücher für kleine (!) Geschichten, Rätsel oder ähnliches.

 

  • Themenbücher: Blankobücher können auch zu gemeinsamen oder auch zu eigenen sachunterrichtlichen Themen benutzt werden."

    Jetzt ist nur noch ein sehr kleine Schritt zu eigenen Themen.

 

  • "Klappbücher: Beispiel Zau-Tü-Fon oder Lesebogen-Lesekiste.

 

  • Ich-Bild. In die eigene Silhouette (mit Tageslichtsschreiber hergestellt) können die Kinder Persönliches, Hobbies, Vorlieben, Fotos, etc einkleben, malen, schreiben um sich der Klasse vorzustellen.

 

  • Der Sachunterricht bietet immer vielfältige Schreibanlässe."

    Nicht umsonst ist der Sachunterricht damals das 'Hauptfach' der Grundschule.

 

  • "Notizen zur Erinnerung Hausaufgaben" (!), "Milchgeld" (!), "Sportzeug" (!), "Förderunterricht"

    (! alles übernommene Begriffe der 'Schule') oder auch als Nachricht ('Bin um 6 Uhr wieder da', 'Bin spielen' etc.)

 

  • "Einkaufszettel.(Gute Möglichkeit für die Eltern einen ernsten Schreibanlass zu finden.)"

    In dieser Zeit fand ich kaum ernste Situationen, die wirklichkeitsrelvant oder echtes Spiel und nicht „kindhaftes nachgestelltes Spiel, also 'Als-Ob-Situtionen', typich für Schule waren.

 

  • "Erzählkiste als Gesprächsanlass oder Ideenkiste für Geschichten. Möglicher Inhalt: -anregende Bilder

    - Bilder, die unvollständig und die Fanatasie anregen

    -Erzählanfänge (Als ich gestern wieder meine Verkleinerungspille nahm)"

    (klassische Freie Texte neben dem 'Schreibunterricht' der Grundschule)

 

  • "Anlässe aus Klassensituationen: Probleme, Streitigkeiten, Regeln, Vereinbarungen werden schriftlich festgehalten. Regeln und Vereinbarungen werden in einem Buch festgehalten."

    (Tür zur Demokratie. So werden auch die verbindlichen Regeln des eigenen Lernens festgehalten)

 

  • "Ferientagebücher

 

  • Klassenmuseen: Ausstellungsstücke werden gesammelt, ausgestellt, beschriftet"

    ergänzt durch die individuelle Dokumentation ist das der Weg zur Präsentation

 

  • "Gedichte und Lieder können zum Selberdichten anregen"

    Das ist der Weg zur Dichterlesung

 

  • "Bücher und Buchprojekte entstehen z. B. durch das Lesen der Ganzschrift"

    (So entstehen Homepages, eigene elektronische Dateien, das Mailen, die mobiles, die Beherrschung des Computers“

 

  • "Comics mit eigenen und einfachen Mitteln selbst herstellen

 

  • Spiele: zu selbst erdachten und neudefinierten Spielen die Spielanweisungen und Regeln auch für andere Kinder aufschreiben.

 

  • Einladungen, Plakate für Feste, Theateraufführungen, Spielnachmittage herstellen.

 

  • Klassenzeitungen, Litfaßsäulen, Rätselecken,...

 

  • Bilderdose: Für die tägliche Schreibübung sind in einer Dose Bilder (aus alten Arbeitsblättern und ähnlichem) die die Kinder ziehen, in ihr Heft kleben und dazu schreiben können."

    (So verschwanden auch Dinge für alle und sie reihten sich ein in eine Unzahl von Lerntechniken der Kinder, über deren Einsatz sie selber entschieden.)

 

Sybille Vlachakos war nur das erste Jahr Lehrerin an unserer Schule. Sie besuchte viele Jahre später ein Schulfest. Sie sagte zu mir: „Heute verstehe ich, was du von uns Lehrer*innen damals wolltest“.

 

Sybille und ihr Mann Michael sind heute Heilpraktiker in Meppen. Zudem ist Sybille Lehrerin an der Grundschule Flechum-Westerloh.