Mirja Halm, Walter Hövel
Das Førdern in der Lounge

 

„Die eigenen Bücher finden, wenn ich schon lesen kann“

 

 

 

Einmal bekamen wir für über zwei Jahre eine zusätzliche Lehrkraft. Ich schaute auf die besonderen Fähigkeiten der Kollegin. Sie war wahnsinnig empathisch und in der Lage mit Kindern zu arbeiten ohne die Chefin spielen zu müssen. Die Kinder mochten sie besonders.

 

So konnten wir eine Arbeit intensivieren, die wohl in jeder Schule, in jedem Lese-Lern-Prozess entsteht und in jeder Klasse gepflegt sein sollte.

 

Da es an der Schule üblich war, dass das Lernen an jedem Ort(!) der Schule stattfand, konnten wir ihren Arbeitsbereich so definieren, dass sie sowohl einen eigenen Arbeitsraum bekam, als auch in allen Klassen arbeitete.

 

Wir nahmen – passend – den Raum für Kinder- und Jugendbuchliteratur. Diesen Raum wählten die Kinder bereits vorher, wenn sie einen besonders ruhigen Raum zum Arbeiten suchten.
Die Koordination fand täglich in der Frühkonferenz als auch im Lernalltag statt. Die Grundlage war immer das individuelle Gespräch mit dem Kind.

 

Ihr Blickwinkel auf das Lesen und Schreiben blieb auch in der Lernarbeit der Schule als sie diese verließ. Ein weiterer Weg „lernender Schule“.

 

 

 

Aus dem Schulprogramm der Grundschule Harmonie

 

Was ist die Lounge? - Raum für individuelle Förderarbeit

 

Die Lounge ist ein Raum, der der individuellen Förderarbeit zur Verfügung steht. Er ist mit Tischen und Arbeitsmaterialien, sowie mit Computern und einer Tafel ausgestattet.

 

Dreimal in der Woche haben die Kinder hier die Möglichkeit in kleinen Gruppen zu lernen.

 

 

Wer kommt in die Lounge? – Ein Angebot

 

Die Klassenlehrer entscheiden, welchen Kindern das Angebot gemacht wird, in der Lounge zu arbeiten. In Gesprächen wird den Kindern vorgeschlagen, an verschiedenen Lernbereichen in der Lounge zu arbeiten. Dann entscheidet jedes Kind für sich, ob es dieses gerne tun würde. Für die Kinder ist der Besuch der Lounge daher freiwillig und wird als Privileg gesehen.

 

Entscheiden sich aus einer Klasse mehrere Kinder für eine regelmäßige Arbeitszeit in der Lounge, kommen sie an einen Tag gemeinsam. In der Regel besuchen die Kinder der Eingangsstufe die Lounge.

 

 

Wann wird in der Lounge gelernt?

 

In der Woche gibt es fünf Zeiten in der die Lounge besetzt ist. Die Arbeitszeit gliedert sich in drei Einheiten in der Woche vor der Pause und zwei danach. Das Zeitfenster liegt bei etwa 1,5 Zeitstunden für jede Gruppe. Manche Kinder lernen auch zweimal in der Woche in der Lounge.

 

 

Welche Angebote gibt es in der Lounge?

 

Das Angebot in der Lounge gliedert sich in sechs Bereiche:

 

• Freies Sprechen/Erzählen

 

• Schreiben

 

• Lesen

 

• Spielen

 

• Feinmotorik

 

• Wahrnehmungsförderung

 

 

 

Freies Sprechen/Erzählen – Erzählkreis - Zuhören

 

Regelmäßig, zu Beginn der Arbeitszeit in einer Gruppe, gibt es eine Erzählrunde. Meistens berichtet jedes Kind darüber, was ihm in diesem Moment wichtig ist. Es kommt aber auch vor, dass es ein Thema gibt, zu dem wir uns Gedanken machen und austauschen. Die Kinder genießen diese Zeit sehr und teilen sich gerne in der Kleingruppe mit.

 

Sie lernen, sich verständlich auszudrücken, Erlebnisse und Gefühle zum Ausdruck zu bringen, Meinungen zu akzeptieren und erweitern ihren Wortschatz. Das Aussprechenlassen einer Person und das Zuhören ist Voraussetzung für diesen Teil der Stunde. Auch aktives Zuhören, durch Wiederholen von Aussagen, gehört zu diesem Teil der Arbeitszeit.

 

 

 

Schreiben - Schreibanlässe

 

Ein Bestandteil jeder Stunde ist das Schreiben. Es wird zum größten Teil auf leere, weiße Blätter geschrieben. Kopien und Arbeitsblätter gibt es nur selten.

 

Es werden unbekannte Buchstaben besprochen und erarbeitet. Wörter zum neu gelernten werden gesammelt und notiert.

 

In der Regel gibt es einen Schreibanlass, zu dem Wörter und Sätze geschrieben werden.

 

Das kann:

 

-ein vorher besprochenes Thema sein,

 

-Bilder und Bildgeschichten,

 

-vorgelesene Geschichten (weiter schreiben, gemerktes schreiben,

 

Geschichte verändern …),

 

- Schreibanlässe, die sich durch Spiele ergeben.

 

Die Ideen zu den zu schreibenden Wörtern stammen immer von den Kindern selber. Sie gestalten ihre Arbeitszeit indem sie mitdenken, den Verlauf der Schreibzeit gestalten und vorantreiben. Texte und Wörter werden eigenständig, aber auch mit Hilfe kontrolliert, besprochen und korrigiert.

 

 

 

 

Lesen – Verstehendes Lesen

 

Das Lesen beginnt mit der Überprüfung und dem Vortragen eigener Texte, also erst dann, wenn die Kinder durch ihr eigenes Schreiben das Lesen erobert haben. Die Kinder lesen ihre eigenen Wörter, oder die der anderen, häufig vor.

 

Zusätzlich steht Material für den Leseanfang und zum Sinn-Erfassen zur Verfügung. Außerdem legen wir großen Wert darauf den Kindern vorzulesen, um das Zuhören zu trainieren, den Wortschatz zu erweitern und das Interesse am selbstständigen Lesen zu fördern.

 

 

 

Spielen -  Rhythmisierung

 

In jeder Gruppe gibt es Zeit für gemeinsame Spiele

 

• Teamspiele

 

• Regelspiele

 

• Wortspiele

 

• Anlautspiele

 

• Spiele die die Phantasie anregen

 

• Spiele zur Merkfähigkeit (z.B. Kimspiele)

 

• Spiele zum Anweisungsverständnis

 

• Spiele zur Wortschatzerweiterung

 

• Spiele die das Lesen erfordern

 

Aus dieser Arbeitszeit resultieren ebenfalls viele schöne Schreibanlässe.

 

 

 

Feinmotorik

 

Meist gegen Ende der Stunde, beginnen wir ein Angebot zur Feinmotorik. Das kann Schwungübungen, basteln, malen, schneiden, kneten und vieles mehr bedeuten. Oft kommen die Ideen von den Kindern. Sie organisieren sich in dieser Zeit besonders selbstständig und kommen immer wieder mit neuen Vorschlägen in die Lounge.

 

 

 

Wahrnehmung

 

Manche Kinder benötigen noch Übung in verschiedenen Wahrnehmungsbereichen. Wenn das Lesen und Schreiben noch sehr schwer fällt, beschäftigen sich die Kinder neben einer verkürzten Schreibzeit, mit unterschiedlichen Bereichen der Wahrnehmung.

 

• visuelle Wahrnehmung

 

• Auditive Wahrnehmung

 

• Logische Reihen

 

• Raum – Lage Verständnis

 

• Figur – Grund Wahrnehmung

 

• Labyrinthe ( Augenspaziergänge )

 

Wir gehen in das Nachbessern der basalen Entwicklungen jedes Kindes. Diese gehören zu den Hauptangeboten in der Lounge. In diesem Bereich gehört auch mal ein Arbeitsblatt dazu, aber hauptsächlich wird mit Materialien wie LÜK, Logiko, liegende Acht, Path Finder, Nagelbrett und PC gelernt.

 

Zuhörend lernen -Spielend lernen - Bewegung ist Lernen

 

 

 

Ziel der Arbeit in der Lounge

 

Das Ziel der Arbeit in der Lounge ist in erster Linie, dass die Kinder gerne ihre Zeit in dieser Kleingruppe verbringen. Sie sollen Spaß und Freude am Lernen haben und durch die kleine Gruppengröße besonders viel Kommunikationsmöglichkeit haben.

 

Die Individualität und der Lernstand werden immer berücksichtigt und jedes Kind arbeitet in seiner eigenen Geschwindigkeit. In der Lounge gibt es die Zeit, auch mal einen Schritt zurück zu gehen. Stress und Druck gibt es nicht.

 

Wie lange jedes Kind in die Lounge kommt, ist sehr unterschiedlich. Es ist durch aus vorgesehen, dass die Gruppen eine Zeit bestehen, dann aber auch wechseln können.

 

 

Leseverständnis -  Diagnostik

 

Ein Teil der Arbeit in der Lounge bezieht sich auf das Überprüfen der Entwicklung der eigenen Lesekompetenz der Kinder, die bereits schreiben und auch lesen können. In jeder Klasse gibt es Kinder die lesen können, aber das Sinn-Entnehmen, -Finden oder –Füllen noch nicht ausgebildet ist.

 

Im ersten Schritt dieses Angebotes ist es uns wichtig heraus zu finden, aus welchen Gründen das jeweilige Kind entweder nicht gerne liest, Lesen vermeidet, oder den Inhalt von Texten nicht verarbeitet.

 

Um den vielen möglichen Schwierigkeiten beim Lesen auf den Grund zu gehen, entscheidet der Klassenlehrer, welches Kind sich in der Lounge mit dem Thema „Lesen“ befasst.

 

In einem Einzelgespräch mit dem Kind versuchen wir zu erfahren, ob das Kind gerne liest,

 

was es liest,

 

wo seine Interessen liegen,

 

wo es selber seine Schwierigkeiten und Grenzen einschätzt,

 

was seine Leselust steigern könnte,

 

warum es lesen können möchte.

 

 

 

Sich finden - Sich wohl befinden - Lernen können

 

Zeit - Lesen verstehen - Individuelle Diagnose

 

 

 

Verfahren

 

Dann steigt das Kind mit dem Zuordnen von Wörtern zu Bildern in die Lesepraxis ein.

 

Der Schüler bekommt einen Satz vorgelesen, den er lautgetreu wiederholen soll. Zu diesem Satz werden nun mehrere Fragen zum inhaltlichen Verständnis gestellt, welche mündlich beantwortet werden. Dadurch kann festgestellt werden ob das Kind in der Lage ist, sprachlich vermittelte Informationen zu verarbeiten.

 

Später liest das Kind einen Satz selbstständig und wiederholt und beantwortet dazugehörige Fragen. Es wird eine große und eine kleinere Schriftgröße angeboten. Damit ist der Einstieg in die Arbeit zum Lesen mit Sinn gemacht.

 

 

 

Angebote

 

Wenn die ersten Schritte des eigenständigen Lesens erfolgreich waren, wird angeboten:

 

- vertikal lesen

 

- Spiegelschrift entziffern

 

- Auf dem Kopf stehendes lesen

 

- Aussagen zu einem Bild überprüfen

 

- Stolpersätze bearbeiten

 

- Informationen aus einem Sachtext erhalten.

 

 

 

Lernverträge

 

Abhängig von Verlauf und Erfolg bei der Bearbeitung der gestellten Herausforderungen, erarbeiten die Kinder mit Unterstützung und Beratung einen Vertrag.

 

Dieser Vertrag beinhaltet die Schritte, welche in nächster Zeit nötig sind, dem selbstständigen Lesen näher zu kommen und die Freude am Lesen zu erhalten oder zu erfahren.