Walter Hövel

Neues aus der Kinderuni

Kinder machen Geschichte

Fragen von Grundschulkindern zu Vergangenheit und Geschichte

 

Das Kollegium der Grundschule Harmonie machte eine schulinterne Fortbildung im ehemaligen GestapoHaus in Köln. Dort trafen wir auf eine Museumsbegleitung, die unter anderem erklärte, dass sie bei den Führungen gelernt hätten, Kinder nicht mehr so sehr belehren und aufklären zu wollen, sondern dass sie mehr von den Fragen der Kinder und Jugendlichen ausgehen. Das freute uns, weil wir das in Schule auch so sehen.

 

So kamen wir zurück und setzten den Gedanken gezielt für die Arbeit mit der Geschichte um. Die Lehrerinnen und Lehrer fragten die Kinder in den Klassenversammlungen nach ihren Fragen an Vergangenheit. Die Kolleginnen und Kollegen schrieben sie zur Vorbereitung unserer nachfolgenden Konferenz auf. Wir hatten aus den Schulen der Sekundarstufen I und II häufiger gehört, dass es bei Schülerinnen und Schülern dieser Schulformen ein deutliches Desinteresse am Fach Geschichte gäbe.

 

Wir gingen der Frage nach, ob diese Abneigung der Schülerinnen und Schüler eine Reaktion auf das Fach und seinen Unterricht sein könnte oder, ob es ein Desinteresse von jungen Menschen gegenüber Vergangenheit und Geschichte gibt. Die hier gesammelten Fragen der Kinder geben eine eindeutige Antwort:

 

Erfindungen

Wer hat die Autos erfunden? Wie war es? Wer hat die Schule erfunden? Wer hat das Kolosseum erbaut? Wer hat Minecraft erfunden? Wer das Hackfleisch? Wer die Zeitung? Wer die Streichhölzer? Wer die Nägel? Warum gibt es Spitzhacken und wer hat die erfunden? Wer hat das Geld erfunden? Wer das erste Erzbauwerk? Warum wurden Waffen erfunden? Wer kam auf die verrückte Idee, eine Atombombe zu bauen? Haben die Wissenschaftler, die die Atombombe gebaut haben, es später bereut? Wie haben die Leute früher einen Ball hergestellt? Seit wann gab es Papier? Wer hat die Farbe erfunden? Wann wurde das erste Buch geschrieben? Mit was wurde geschrieben? Wer hat LEGO erfunden? Warum wurden Geschichten erfunden? Entstehung Wie sind die Blumen entstanden? Wie ist das Wasser auf die Erde gekommen? Wie sind die ersten Bäume entstanden? Wie das Universum? Leben heute Warum fahren auf der Insel Juist keine Autos? Wie viele Menschen sind über die Mauer geflohen? Warum gibt es in manchen Ländern weniger Wasser? Leben früher Wie haben die Menschen früher Fußball gespielt? Was hatten die früher für Schuhe an? Was haben die Leute in Ägypten gespielt? Wie ist das Geld entstanden? Was haben die Leute früher mit Schwerverletzten gemacht? Wie wurden die Leute begraben? Hatten die Spielgeräte? Woraus haben die getrunken(aus welchen Gefäßen)? Was? Wovon haben die gegessen? Welche großen Frauen und Männer gab es? Hatten die Uhren? Wie haben die Haare geschnitten? Wie haben die sich rasiert? Wie haben die sich den Po abgeputzt? Wie haben die sich die Zähne geputzt? Gab es Turnmatten? Gab es Metall? Gab es Tierparks? Welche Krankheiten gab es zu welcher Zeit? Wie haben die Menschen in anderen Ländern ihre Toten begraben? Was war mit Germanen und Kelten? Was war in Ägypten? Was war in China und in Indien los? Wie haben die früher Sachen transportiert? Wie haben die Könige und Bauern gelebt? Wie hat sich Kinderarbeit entwickelt? Wie war das Leben ohne Telefon? Wie war das Leben ohne Fernsehen? Wie war das Leben ohne Geld? Gab es gute Medizin? Welche Schulhefte gab es? Wie streng waren die in der Schule? Warum gab es früher Könige? Wie funktionierten Kutschen? Was sind Hofdamen? Was haben die mit Behinderten gemacht? Was haben die mit Kriegsverletzten nach Kriegen gemacht? Wie war die Mode? Wie wurde gewaschen? Wie waren Medizin oder Heilmittel? Wie geht ein Leben ohne Laptop? Wie wurde Papier hergestellt? Gab es Schokolade oder andere Süßigkeiten? Welche Bücher gab es? Wie war die Hygiene? Gab es Licht, Lampen oder andere Beleuchtung? Gab es früher Schulen? Wie sah die erste Schule aus? Mittelalter Warum heißt der Ritter „Ritter“? Wie sah die erste Ritterburg aus? Wer war der älteste Burgherr? Was haben die im Mittelalter gespielt? Mochten die Leute im Mittelalter Tiere? Wie ging das Burgleben? Wie wurden damals Häuser gebaut? Woraus wurden die Häuser gebaut? Gab’s da Klos oder Plumpsklos? Wie konnten die ohne Zeitung leben? Was haben die ohne Brillen gemacht? Wie alt wurden Pferde von Rittern? Urzeit Wie groß war der größte Dino? Gab es Drachen? Gab es wirklich Dinos? Sind die Flugdinos wirklich Vorfahren von Vögeln? Wie haben die Urmenschen überlebt? Warum haben die Dinosaurier nicht überlebt? Warum sind die Dinosaurier ausgestorben? Wie lange lebten die Menschen vor langer Zeit? Krieg Wie war der 2. Weltkrieg? Wie war es im 2. Weltkrieg? Wie ist der 2. Weltkrieg entstanden? Warum gab es den 2. Weltkrieg? Wie viele Panzer wurden vernichtet? Wie viele Menschen lebten nach Kriegsende noch? Wie viele Flüchtlingslager gab es? Warum haben „sie“ den Krieg angefangen? (1. Und 2.Weltkrieg) Wie war die Schule im Krieg? Wie haben Kinder im Krieg gelebt? Wie viele Leute wurden in den Krieg gezwungen? Wie viele Leute sind freiwillig in den Krieg gezogen? Waren die Kinder und Eltern gut versorgt? Wer war der Kaiser? Was machten Kaiser? Warum werden Kriege geführt? Nazizeit Wie ist der Hitler gewählt worden? Wie hieß Hitler mit zweitem Vornamen? Wo hat der Hitler gewohnt? Warum hat der Hitler Menschen vergast? Warum hat Hitler Selbstmord begangen? Was bedeutet das Sprichwort: „Unter dem Schnäuzer lebt es sich besser“? Was hat meinen Opa dazu gebracht, auf Hitlers Seite zu kämpfen? Wie hätte man sich vor den Nazis verstecken können? Wie war die Nazizeit in Berlin? Familiengeschichte Wie war das, als mein Papa Kind war? Wie war mein Opa? (hat den Opa nicht kennengelernt) Religion Gab es Jesus wirklich? Wie lange lebte das Christkind? Wie lange gibt es den Nikolaus? Wie haben die Menschen in anderen Ländern ihre Toten begraben? Kultur Warum hat Mozart so doofe Musik gemacht? Warum hat Da Vinci die Mona Lisa gemalt? Wie lebten die klassischen Musiker (Mozart, Lindenberg …)?

 

Welch eine Fülle und Vielfalt der Fragen! Welch eine Weltsicht! Es liegt nicht an den jungen Menschen!

 

Zudem gaben die vielen Fragen uns eine Menge Material zur Arbeit im Kreis, in der Zeit der selbstbestimmten Arbeit der Kinder und in unserem „Bauhaus des Lernens“ 1 , unserer Kinderuni.

 

Wir fragten die Kinder, wie sie Geschichte und Vergangenheit erfahren wollen. Hier ihre Vorschläge:

Aus Büchern, von Experten, von alten Menschen, durch Vorlesungen, mit Filmen, im Museum, durch gute Vorträge, selber rauskriegen, selber forschen, googeln, Geschichtstheater spielen, Gespräche führen, durch Kunst und Bilder, nur Fragen stellen, Krimis aus der Geschichte hören, Lebensgeschichten von Menschen oder Familiengeschichten hören, eigene Themen bearbeiten, Kinder erzählen, was sie wissen, Orte besuchen, Projektwochen machen, Kinderuni zu Geschichte, Fragen sortieren und damit arbeiten, … Die Themen der folgenden Kinderuni2

 

 

1 Rainer Wick: Bauhaus-Pädagogik. DuMont, Köln 1982 2 http://www.grundschule-harmonie.de/alte_website/artikel-pdf/Artikel_2_pdf/Kinder_Uni_selber_machen.pdf http://www.grundschule-harmonie.de/assets/Uploads/PDF/Artikel/kinderuni-sich_selbst_sein_Lernen_begreifen.pdf

 

Gut einen Monat später findet unsere einwöchige Kinderuni zum Thema Geschichte statt. Die Titel der

Arbeitsgruppen entstanden in Kooperation mit dem Kinderparlament und den Klassenversammlungen aus den Fragen der Kinder. Sie wurden teilweise von zwei Lehrerinnen angeboten:

 

„Historische Persönlichkeiten“ - „Die Geschichte der Erfindungen“ - „Von der Nachkriegszeit bis heute“ - „Der Zweite Weltkrieg“ - „Menschen erzählen von früher“ - „Die Indianer Nordamerikas“ und „In der Zeit der Dinosaurier“. Berichtsausschnitte der Lehrerinnen und Lehrer aus den Seminaren „Im Dino-Projekt werden Dinosteckbriefe und eine Zeitleiste erstellt.

 

Die Kinder messen aus, wie groß die Dinos waren und beantworten eigene Fragen zum Thema. Sie nehmen ihre Informationen aus Büchern, dem Internet, Hörspielen und Filmen.“ „Die Kinder der Gruppe, die die Geschichten alter Menschen von früher hören wollen, waren im Altenheim St. Elisabeth in Eitorf und hatten ein über einstündiges Gespräch mit drei Bewohnerinnen, die alle über 90 Jahre alt sind. In Gruppen zu 4 Kindern stellten sie Fragen zum Leben früher. Am meisten beeindruckt haben sie die Geschichten aus dem Krieg. Es kam die Idee auf (vom Leiter des Altenwohnheimes), solche Treffen regelmäßig stattfinden zu lassen. Einige Kinder würden gerne noch einmal zum Helfen kommen. Wir bleiben also in Kontakt.

 

Die Kinder schrieben am Freitag einen Artikel zu ihrem Besuch3 .“ „Am Mittwoch kam Herr Krist, ein Nachbar, in die Schule. Herr Krist hat als Kind die Nazizeit erlebt und fing irgendwann an zu ahnen, dass etwas nicht stimmen konnte. Ohne großartig politisch zu sein oder zu

 

3 http://www.grundschule-harmonie.de/assets/Uploads/PDF/Produkte-der-Kinder/Schulkinder-im-Altenheim-von-Elea- Schroder.pdf

 

werden, wandte er sich ab. Diese Haltung hat er bis heute behalten. Zunächst erzählte er seine Geschichte seinen Kindern, jetzt in der Schule. Herr Krist kam in den folgenden zwei Wochen noch zweimal!“

 

„Am Donnerstag fuhren sie ins Siegtalhaus und besuchen eine Fotoausstellung des ‚Heimatvereins‘ und kamen auch dort mit älteren Menschen ins Gespräch, die sich seit Jahrzehnten mit Geschichte beschäftigen.“ Im Seminar, die sich mit der Nachkriegszeit auseinandersetzte, stand er Autor dieses Artikels als Zeitzeuge zur Verfügung. Er hat die 50iger und 60iger Jahre als Kind und Jugendlicher erlebt. Die Kinder wollten als erstes wissen, wie es zu den beiden (!) Weltkriegen kommen konnte und wo die Ursachen für Nationalsozialismus, Hass auf andere Menschen und für Krieg liegen. Sie wollten immer wieder Geschichten hören, über das Spielen nach dem Krieg, der Schule von damals, über die Spielsachen, über das Bauen, Technik und, und, und.

 

Besonders fasziniert waren sie von einer Erzählung über die Entwicklung Eitorfs von der Urzeit bis heute. Hierbei ging es um Armut, Arbeit und vor allem um die Bedeutung der Land,- Wasser-, Schienen-, Luft- und Datenwege nach Eitorf.

 

Am Donnerstag wurde dann Eitorf historisch erkundet, ein Fabrikgelände, die Statue mit dem Bogen aus Steinen des zerstörten Kirchturms, die Überreste der Schienen vom Bergwerk zum Bahnhof. Die Gruppe „Nachkriegszeit“ wurde am Freitag von einer unserer Köchinnen geleitet. Auch diese Gruppe hatte unseren Nachbarn, Herrn Krist, zu Gast.

 

„Die Gruppe ‚Erfindungen‘ sahen als erstes zwei Filme: ‘Was ist Was - Erfindungen und Bionik‘ und ‚Erfinder in Hessen - über Tüftler, Forscher und Entdecker‘(ARD Mediathek). Der zweite Film über eine Erfinderwerkstatt für Kinder in Fulda, war für viele Kinder mit dem Gedanken eigene Erfindungen zu machen verbunden. Lenni arbeitete z. B. an einem Gerät nach dem ‚Was passiert dann Prinzip‘ - diese Erfindungen soll das jeweils gewählte Buch aus dem Regal ‚herausgeben‘, heraus befördern. Aliah knobelte an einer Erfindung, die verhindern soll, dass der Schnuller ihres kleines Bruders in den Dreck fällt: der Schnuller wird mit Hilfe eines Magneten auf eine am Schnuller befestigte Plastikunterlage gezogen. Chayenne tüftelte an einem Gerät, das verknotete Seile und Schnüre entknotet. Jamal und Piet bauen ein Holzboot. Laurin, Linus, Oliver versuchten einen elektrischen Antrieb für ein Fahrzeug. Fritz probierte den Klang eines Dosentelefons zu verstärken. Einige Kinder schraubten alte Elektrogeräte wie Kassettenrekorder oder CD Player auseinander und freuen sich über eine Antenne oder die Entdeckung eines Magneten oder Zahnrades. Andere probierten verschiedene mechanische Vorgänge mit dem Material von Fisher Technik.“

 

„ Die Kinder erforschten die Geschichten ‚historischer Persönlichkeiten‘. Am Freitag war z.B. ‚NelsonMandela-Tag‘. In Rollenspielen ging es u.a. um ‚Apartheid‘ und die ‚Strategie der Verhandlung‘.“

 

„Die sehr große Gruppe ‚2.Weltkrieg‘ arbeitete mit ihren Lehrerinnen die ganze Woche intensiv an den Fragen der Kinder. Freitag fuhren sie zum Museum über die Nazizeit ins Kölner ElDe-Haus.

Ohne Führung hielten die Kinder selbst mehrere Vorträge, die sie in den letzten Tagen vorbereitet hatten und beantworteten selbst die Fragen der anderen Kinder. Die drei mitgefahrenen Dozenten von der PH Klagenfurt waren mehr als beeindruckt.“

 

Auswertung

In den Klassenversammlungen wird die Kinderuni bei uns im Anschluss immer ausgewertet. Auch die nachfolgende Schulversammlung, diesmal geleitet von der Klasse der Kichererbsen, setzte sich den Erfahrungen des letzten Lerngangs auseinander. Es ging es um die gemeinsame Reflektion der GeschichtsProjekt-Kinderuni-Woche.

Festgehalten wurde u.a. welche Inhalte für die Kinder und Erwachsenen die wichtigsten und beeindruckensten waren, welche Arbeitsmethoden erfolgreich oder nicht so effizient waren, wo die besten Lernorte, Lernpartner oder Lerngelegenheiten waren, welche neuen Fragen auftauchten und wer wie weiter lernen will.

 

Beschlossen wurde, dass es eine weitere Geschichtswoche geben sollte und, bald eine „Kinder-Kinder-Uni stattfinden“ sollte. Kinder machen ihre Uni selbst Das Kinderparlament beschloss die nächste KinderUni ohne Angebote Erwachsener laufen zu lassen.

 

Die darauf folgende Kinder-Kinder-Uni hatte mehr als 40 ausschließlich von Schülerinnen und Schülern kommende Angebote. Wie bei jeder Kinderuni wurde in den Morgenkreisen der Klassen von jedem Kind selbst beschlossen, wer in welches Angebot geht. An jedem Tag gab es ca. 20 bis 25 Angebote. Einige Kinder blieben über drei Tage, andere an zweien, und es gab einmalige Seminare.

 

Die Lehrerinnen und Lehrer setzten sich ab 8.30 Uhr ins Forum an einen großen Tisch, um als Berater oder Helfer zur Verfügung zu stehen. Die meisten Gruppen funktionierten vollkommen ohne Lehrer. Nur wenige Kinder baten uns um Hilfe.

 

Einige Angebote wie Logicals, Matheladen, Cupsongs oder das „Lieblings“spiel hatten sie von früheren Erwachsenenangeboten übernommen. Die meisten aber waren pure Ideen der Kinder.

 

Anschließend gab es das Feedback der Kinderuni in den Klassen. Hier Beispiele für Angebote der Kinder zur Kinder-Uni: Abzeichnen von Bildern, „Achtung Baustelle“ mit Kapla, Bastelangebot, Cupsongs, Eisenbahnen, Extremsport (Muskelaufbau), Farbenmischen, Film über Dinosaurier, Film über Bionik, Flugzeuge mit Gummimotor, Flugzeuge (mit Vorkenntnissen), Geschichtenbuch schreiben, Geschichten erzählen, Geschichten mit rotem Faden, Gitarrenkurs, Handy-Gespräche, Hockey, Hütchenslalom, Jonglage, Judo, Kunst der Natur, Logicals, Matheladen (siehe Bild unten), „Mein Lieblings…ist ein“ (ein Spiel), Mumien, Nähen, Naturbilder, Parcours, Pferde, Roboter, Schach, Schnitzen, Schlafkönig, Stabmonster-Theater, Tai Chi, 1000 Gefahren, Geschichten, Teamspiele, Tischtennis, Trommeln, Versuche zum Geschmack, Vortrag Hunde, Wasserröhre betonieren, Waveboard für Anfänger, Werwolf spielen, Warriorcats, vorlesen, Zeichnen üben,…

 

Einige Kinderstimmen zur Kinder-Kinder-Uni: „Ich hab ein bisschen gebraucht, bis ich die richtige Gruppe mit dem richtigen Thema gefunden hatte!“ „Ich hab ein eigenes Angebot gemacht. Die anderen Kinder waren richtig dabei. Alle haben zugehört. Die wollten den Film über Dinos nochmal sehen.“ „Ich konnte draußen lernen!“ „Finn hat tolle Teamspiele angeboten. Weil ein Kind der Lehrer war, haben mehr Kinder selber weitere Spiele angeboten.“ „Nicht nur das Thema war gut, auch die Personen, die mitgemacht haben.“ „Ein Kind ist für ein fehlendes Kind eingesprungen, damit die Gruppe stattfinden konnte. Ich bin froh, dass er eingesprungen ist, und ich hab jetzt echt gelernt wie’s geht.“ „Thomas hat beim Matheladen das Spekulieren an der Börse eingeführt!“ „Am besten war, dass ich als Anbieterin selbst einen Plan gemacht habe. Da stand drin was wir machen und was wir dafür brauchen.“ „Wir haben eigene Zeichen beim Arbeiten erfunden!“ „Wir Kinder konnten zeigen, was in uns steckt!“ „Ein paar haben versucht zu zicken. Es war dann zwischen wild und ruhig.“ „Zu meinem Angebot ist keiner gekommen. Das war ein komisches Gefühl. Dann habe ich eine andere Gruppe gefunden. Das war danach okay.“ „Das war nur okay! Das wollen wir wiederholen!“ „Kinder sollen jetzt immer was anbieten.“ „Ich fand meine Gruppe gut, weil es fast nach Plan geklappt hat und weil meine Freundinnen dabei waren.“ „Ich fand Finn gut. Ich habe noch nie erlebt, dass Spiele so ohne Stress waren. Wahrscheinlich waren die Spielideen so gut.“ „Am Ende hat jeder eine Geschichte dazu erzählt. Also wussten alle, was sie gebaut hatten.“ „Ich will jetzt Spanisch Lernen anbieten!“ „Und ich etwas über Leoparden.“ „Ich will was über die Bibel und das Kleidermachen wissen.“

 

Eine Lehrerin: „Mich hat am meisten der verantwortungsbewusste, ehrliche Umgang der Kinder mit ihrer eigenen Kinderuni begeistert.“ Eine andere: „Die Besprechungen vorher und nachher in den Klassen war total wichtig!“

 

Das Kinderparlament beschloss die Anzahl der Kinderangebote zu reduzieren, aber dass „sie weiterhin einmal im Monat stattfindet. Ab jetzt finden also abwechselnd die mit Erwachsenenangeboten und die KinderKinderUnis von Kindern angeboten statt.“ So geschah es.

 

KinderUnis für Kindergartenkinder

Dann kam jemand aus dem Kollegium auf die geniale Idee, die vielen regionalen Kindergärten zu unserer Kinderuni einzuladen. Ein Einladungsheft5 als „Vorlesungsverzeichnis“ entstand mit den Angeboten wie „Erkundungen am Teich“. Unsere Gäste entdeckten und erforschten mit unseren Kindern Molche, Gelbrandkäfer, Taumelkäfer, Wasserläufer, Wasserspinnen, Schlammschnecken und auch Frösche. Kinder anderer Kindergärten besuchten das Seminar „Schöne Mathematik“ mit ehemaligen Kindern der beiden Kindergärten. Sie gestalteten Muster, Ornamente und Kreisbilder mit Mosaiksteinen. Wieder ein anderer Kindergarten war begeistert an einem „Matheladenprojekt“ teilzunehmen. Weitere Angebote waren „Vorlesecafe“, „Geschichten in Kisten“, „Kunst und Lyrik“, „Natur mit allen Sinnen erfahren“, „Komm wir spielen kämpfen, kleiner Tiger“.

Die nächsten Kinder des Kindergartens kamen, aber die anbietende Lehrerin war krank. Unsere Kinder hatten in ihrer KinderKinderuni aber das gleiche Thema „Stabpuppenspiel“ vorbereitet. Sie luden die Kinder ein und bauten in einer tollen Atmosphäre mit ihnen tolle Stabpuppen. So übernahmen die Kinder auch diesen Teil der Kinderuni.

Alle Termine für Kindergartenbesuche an Kinderunis waren über mehrere Monate ausgebucht, zum Teil fanden sie mit 30 Kindern in mehreren Angeboten statt. Die Kinderuni wird das ganze Dorf sein Vernetzung ist zum Lernen da. An einem Morgen wurde die Kinderuni, die in den verschiedenen Formen weiter 14tägig stattfand, um sechs Angebote erweitert!

 

Da der „Girls- und Boys-Day“ anstand, hatten sich zwölf Jugendliche, in der Mehrzahl ehemalige Kinder unserer Schule bei uns angemeldet. Wir luden sie unter der Bedingung ein, dass sie im Rahmen der Kinderuni unseren Grundschülerinnen und Grundschülern qualifizierte Angebote machten.

Die Schülerinnen und Schüler vom 5. bis zum 11. Schuljahr bildeten Zweierteams und boten folgende Seminare an: “ Experimente mit Oberflächenspannungen und –entspannungen“, „den Satz des Pythagoras“, „Krafttraining ohne Geräte“, „ Basteln von Osterdeko“, „Flächen und Umfangsberechnungen des Kreises“ und „Addieren und Subtrahieren“.

Eine Kichererbse, 8 Jahre alt, zu den Angeboten der Boys und Girls: „Ich fand‘s toll“. Sven(15), einer der „Boys“: „Bei uns am Gymi fragt keiner, was denn jetzt bedeutet, Grundschulkinder wollen es aber wissen!“ Justin, ein anderer der „Boys“ (16): „Auffallend war, dass Kinder an den Punkt kommen, an dem Spaß in die Anstrengung kommt.“ Eine Lehrerin: „Unsere Kinder machen keinen Unterschied zwischen Liegestützen und dem Satz des Pythagoras. Wenn sie was wissen wollen, lernen sie es!“

 

Lernen im Dorf

Diese Aktion hatte schon seit Jahren viele Vorgänger. Mal bieten Eltern Seminare und Vorlesungen an, mal Experten aus dem Ort, ob Pfarrer oder Seniorinnen, mal eingeladene Gäste von „echten“ Unis, Museen oder Instituten. Es geht darum, nicht nur mit dem Lernen die Schule zu verlassen, sondern weit über die Kompetenzen der „schuleigenen“ Erwachsenen, Lernqualität in die Schule zu bringen. So lernen auch per Internet mit anderen Partnerschulen und live mit allen Menschen, die kommen. Ich denke, dass eine mögliche Zukunft von Schule darin liegen wird, dass die Schule die ganze Gemeinde, die ganze Stadt, das ganze Viertel „einspannen“ wird. Lehrerinnen und Lehrer werden den Bildungs- und Erziehungsansprüchen in der Zukunft anders begegnen müssen. Offenes, selbstbestimmtes Lernen der Kinder ist die eine Antwort. Die andere wird die sein, dass alle Menschen dem Lernen von Kindern zur Verfügung stehen müssen. Diese Kontakte zu Experten und Kompetenzen , also zu allen Menschen in der Gesellschaft zu organisieren, wird eine der Aufgaben der Schule der Zukunft sein. Wir haben damit angefangen.

5 https://www.dropbox.com/s/h1gn1sfco8stv5u/Kindergarten-Vorlesungsverzeichnis%20IV.pdf (Geduld! Es lädt etwas länger runter.)