Prägend für den Begriff der Universität sind seit dem europäischen Mittelalter die Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden (universitas magistrorum et scholarium), das Recht zur Selbstverwaltung mit der Möglichkeit der eigenständigen Erstellung und Ausführung von Studienplänen und Forschungsvorhaben…1

 

  Walter Hövel

Kinder-Uni selber machen!

 

Wer forschend und eigenständig lernt, entdeckt die Universität wieder 

Die  Grundschule Harmonie macht in unregelmäßigen Abständen bis zu drei Tagen Dauer ihre „Kinderuniversität“. Diese Form des Lernens in der Kinderuniversität hat verschiedene Ursprünge.  

Vor vielen Jahren begannen wir uns aufgrund des eigen verantwortlichen Lernens unserer Kinder mit einem eigenen Kompetenzbegriff auseinander zu setzen. Wir konnten beobachten, dass durch die Selbstbestimmung der Themen und Inhalte, der Organisation und der Formen der Kinder im täglichen Klassenrat, sich enorme Lernkompetenzkräfte entwickelten und vermittelten.   

Wir sahen, dass das autonome, kooperative und demokratische Lernen, mit der Selbsteinschätzung der Kinder (orientiert an den Richtlinien und Lehrplänen des Landes und Erwartungen der Schule) und mit einer gegenseitigen Beratungskultur von Kindern, Eltern und Schule, nicht nur die Noten ersetzte, sondern die Kinder  befähigt, ihre eigenen Lernwege zunehmend gestalten, beschreiben und beherrschen zu können.   

Die Kinder lernten durch ihre Eigenaktivierung in ihrer eigen verantwortlichen Planung und Präsentation für sich selbst und von einander mehr und intensiver, als vermittelter Lehrstoff dies als Prinzip der Lernorganisation schaffen kann.   

Als wir nach zweijähriger Diskussion mit Kindern und Eltern das durchgehend altersgemischte Lernen (1-4) Anfang des neuen Jahrtausends einführten, wurde uns immer bewusster, dass das Lernen durch die Selbstorganisation im Klassenrat nicht nur in den Klassenverbänden gelernt wird. Wenn wir die Klassen, wie an vielen anderen Schulen üblich, als abgesonderte Einheiten „unabhängig“ von einander hätten arbeiten lassen, hätten wir zwar den Vorteil des Lernens mit der Altersmischung gehabt, aber auch  den Nachteil,  dass eine größere Menge der Kinder Gleichaltrige mit der Ähnlichkeit des Denkens, Arbeitens und den Interessen gefehlt hätte. Wir nennen eine größere Anzahl von Lernenden “die kritische Masse des Lernens“, die nötig ist, um Kettenreaktionen beim Lernen in Gang zu setzen.   

Wir lernten immer wieder in größeren Verbänden von zwei oder drei Klassen oder im ganzen Flur zu planen, zu arbeiten, zu präsentieren und zu evaluieren. Wir lernten „Englisch“ mit der ganzen Schule in Versammlungen durchzuführen. Wir machten Vorträge in oder von Klassen für alle Interessierten zugänglich. Vorlesungen, klassenübergreifende, über die Lerninhalte angebotene „Lehramtsanwärterstunden“, offene Chor-, Mathe- und Theaterangebote und viele weitere Angebote von Kindern, Eltern, Praktikanten, Studierenden und anderen Gästen bilden seitdem ein breites zusätzliches Lernangebotsprogramm der Schule.  Kinder suchen sich Angebote aus und entscheiden selber über ihre Teilnahme. 

                                                           1 http://de.wikipedia.org/wiki/Universit%C3%A4t 

 Kinder gehen „als Spione“ in andere Klassen, um zu sehen konnten, wie andere arbeiten, sich organisieren und verhalten oder wir tauschten Kinder-Spezialisten und -Fachmenschen aus.   

So kamen wir bereits in den 90iger Jahren auf die Idee über 50 Stationen Kinder anderen Kindern zeigen zu lassen, mit welchen Materialien und Techniken sie arbeiten. An einem Samstag wurde daraus dann ein „Tag der offenen Tür“ für Eltern.   

Daraus entwickelten wir „Kompetenzschulungen“. Je mindestens zwei Kinder jeder Klasse besuchten eine von Erwachsenen angebotene Arbeitsgruppe, in der Computerwissen, Schreibtechniken, Experimentaufbau und -durchführung, Mathematerialien, etc., etc.  in Dreitagekursen intensiv vermittelt wurden. Dem folgten nur von Kindern angebotene und organisierte „Kompetenztransfer-Seminare“ zu von ihnen selbst herausgefundenen und formulierten eigenen Fähigkeiten. Themen waren Theater, Kunst,  Musik,  Handarbeit, Filmen, Lesen, Bauen, Experimente, Schach, Phantasie- und Rollenspiele, Tanzen, Zu eigenen Themen forschen, Werken/Laubsägen, Mathe, Schreiben, Türkische Märchen, Band,  Abpausen  und Spiele.  

Wir begannen darüber nachzudenken, was das, was wir taten, mit „Schulentwicklung“ über Klassenräte, Schulversammlungen, Kinderparlament, Teilversammlungen (etwa der Erstklässler), Halbjahres-Feedbackrunden oder Ganztagsversammlungen hinaus zu tun haben könnte. Wir begriffen, dass wir hier die Verstärkung der bisherigen intrinsischen Arbeit zum Selbst-Lernen auf weitere Bereiche wie die Verbesserung der Qualität des Lernens in den Fächern, die Anhebung des Niveaus bei Qualifikationen, Standards und Kompetenzen erheblich erweitern konnten. Wir betrieben nun die Schulentwicklungs- und Weiterbildungsarbeit nicht nur für Kinder, sondern mit ihnen und durch sie, als „Lernende Schule“2.  

Zum andern wurden damals die „Kinderuniversitäten“ der Banken und Industrie zur Begabten- und Eliteförderung eingeführt. Da „durfte“, und darf immer noch, ein(!) ausgesuchtes Kind aus jeder sich meldenden und dann ausgesuchten(!) Schule gegen Bezahlung(!) und eigene Beförderung(!) durch die Eltern in den Ferien(!) zu einer Schule(, die sich dann Uni nennt) oder in eine echte Uni(, die sich dann aber auch „Kinder“-Uni nennt), um eine Woche lang Japanisch, Chemie oder sonst etwas „Außergewöhnliches“ zu lernen. Um kurz und inklusiv zu sagen, was wir dachten: Jeder Mensch ist begabt, jeder Mensch sollte „auf Verdacht“ Förderangebote bekommen und, „Kinderuni“ konnten wir schon lange! Also gründeten wir unsere eigene Kinderuni.  

Entweder die Lehrkräfte, die Kinder oder qualifizierte Gäste bieten Seminare zu einem Oberthema an. Die Formulierung der Inhalte übernehmen immer andere, entweder durch Befragungen oder durch das Kinderparlament nur die Kinder oder nur die Lehrerinnen und Lehrer mit ihrer Konferenz oder es geschieht gemeinsam in den Klassenräten oder auf den Schulversammlungen. Die Kinder suchen sich aus, zu welchen Seminaren sie gehen. (Es gibt auch Kinder, die gar nicht hingehen, sondern an ihren ureigenen Themen weiter arbeiten.) Es fallen angebotene Themen weg, andere entstehen neu, weitere müssen mit einem weiteren Referenten gedoppelt werden, weil das Interesse so groß ist.  

                                                           

2 Walter Hövel, Von der Lernanstalt zur lernenden Schule, Fragen und Versuche 126/2008 und: http://www.grundschule-harmonie.de/artikel-pdf/pdf_3/lernende%20schule.pdf  

An einem, bis zu drei Tagen finden in allen Räumen und außerhalb der Schule die Angebote der Kinderuni als Seminare statt. Die Anbieterinnen und Anbieter entscheiden mal mit, mal ohne ihre Seminaristen Form, Inhalt und Organisation. Eine wichtige Regel ist, dass alle Referenten nur Themen anbieten, die ihnen selbst Spaß machen. Alle Angebote werden in einer großen Schulversammlung vorgestellt und die Kinder entscheiden im Anschluss, welche Seminare sie besuchen wollen. Dies ähnelt der Arbeit von Freinetfortbildungen mit dem Plenum und den Atelierangeboten. Projekte, Unterrichtseinheiten, halbjährliche Oberthemen, Mottotage oder andere Angebote finden zu anderen Zeiten des Schulalltags statt.    

Beispiele einiger unserer Kinderunis  

Musik   

„Glockenspiele“ - „Klanggeschichten“ - „High School Musical“ - „Die Zauberflöte, Oper von Wolfgang Amadeus Mozart“ - „Mandalas in Musik und Bild“ - „Mittelalterliche Musik“   - „Schulranzen-Musik“ - „Body Percussion“ - „Musical - Band“ - „Standard - Tänze“ - „Obertöne selber singen“ - „Kinderlieder-Potpourri, von ‚Hänschen klein’ bis ‚Backe, backe Kuchen’ - „Karaoke“ - „Alte Kinderlieder“   

 „Sprechen und Erzählen können“  

• „Erzählen zu Bilderbüchern ohne Text“  • „Ketten-, Mosaik- und Phantasiegeschichten erzählen“  • „Eigene Erzählungen aus Jim Knopfs Drachenstadt • „Szenisches Spiel zum Vorgelesenen“  • „Tell and play your own story in English”  • “Mit Figuren und Handpuppen selbst erzählen”  • „Ausbildung zum Leiten von Mitmachgeschichten“  • „Erzählen zum Bauen mit Holzklötzen“  • „In der Erzähllandschaft in der Sporthalle“  • „Neue Menschen erfinden – und ein eigenes Theater erzählen“  • „Märchen hören, erzählen und verändern“ • „Bilder erzählen Geschichten - zu Geschichten Bilder malen“ • „Lügen- und Quatschgeschichten erzählen“   

Inklusion  

• „Inklusiv und exklusiv, aber nicht eingeschlossen und ausgeschlossen“ • „Türme im Wald – die Ideen aller verbinden“ • „Im Bus der Gefühle – Sich selbst und die Anderen immer neu kennenlernen“ • „ Wir sind Inklusion – Erprobungen, Erkundungen und Erfahrungen“ • „Wir gehen in den Dschungel – Wer sind wir – Was brauchen wir“ • „Rollenspiel Piraten, vom Piratencodex bis zum Piratenrat “ • „Körperbilder – auf der Suche nach den eigenen Geheimnissen“ • „Jeder Mensch ist ein Künstler- von Künstlern als Künstler lernen“ • „Von der Schubkarre bis zum Yoga – Körper, Arbeit und Entspannung“ • „Phantasiewelten – Was wir in meiner und unserer Welt brauchen“ • „ Forumtheater - die eigenen Probleme spielend lösen“ 

     

Stile und Epochen  

"Kleidung und Malerei in der Steinzeit" - "Ägypten- Tänze, Schrift und Kunst"  - "Architektur und Kunst der Mayas und Azteken" - "Die Kunst der Aborigines" - "Kinderalltag im Mittelalter" - "Mystik und Zaubersprüche des Mittelalters - "Kunst der Römer" - "Mode, Gedichte und Kunst der Romantik" - "Musik zur Zeit der französischen Revolution" - "Stilepochen der modernen Kunst" - "Zukunftswerkstatt"    

Naturwissenschaftlichen  

Forumsangebote mit vielen chemischen Experimenten - Geheimschrift - Heißluftballons bauen - „Brennt da die Kerze – oder was?“ - Wasserexperimente (unter dem Vordach) - Säuren und Laugen -  Farbstoffe in Filzstiften  - Molekularkräfte    

Kunst   

• Kleine Künstlerbildkarten groß nachmalen • Specksteine bearbeiten • Farben und Klänge  • Malen mit Wachsstiften, Kreide und Kohle • Zahnbürsten-Graffiti • Chinesische, arabische und andere Schriften • Konkrete Poesie • Königinnen und Könige der Farben • Welche Farbe hat die Welt? • Superbuchstaben   

Die Kinderuni „Erziehung“ etwas ausführlicher beschrieben  

Die Seminare der Kinderuni „Erziehung“   

- Welche Rolle spielt Schlafen in meiner Erziehung - Ein Brief an mich selbst als Erwachsener - Geschwister - Was brauche ich zum wachsen? - Wer darf uns was sagen?  - Höflichkeit auf dem Fußballplatz - Erziehung durch Eltern und/oder mich selbst?“ - Erziehung früher – Erziehung heute  

An einem Mittwoch war die eintägige Kinderuni „Erziehung“. Über eine Woche hatten wir uns in den Klassenräten mit den Kindern beraten. So kamen in einer Lehrerinnenkonferenz elf verschiedene Seminarthemen zusammen und zu allen Themen fanden sich Lehrerinnen und Lehrer, die die Themen abdecken konnten und wollten. In den nächsten Tagen nach dr Vorstellung in der Schulversammlung belegten die Kinder acht Seminare zu den oben genannten Themen. Zwei Seminare waren so oft angefragt, dass zwei Kolleginnen ihre Themen zurückzogen und stattdessen beide Themen doppelt angeboten wurden. Eins entfiel.  

Wir versammelten uns um 8 Uhr im Forum, damit die Kinder in die von ihnen gewählten Gruppen fanden und um letzte Umentscheidungen zu regeln. Dann wurde bis 12.30 Uhr in 

den Gruppen, inklusive Pausen – durchgearbeitet. Die Stimmung war gut, die Arbeit intensiv. Die Kinder äußerten ihre Ansichten sehr fundiert und zeigten sich als wahre Erziehungsexperten. In der Nachmittagszeit, so berichteten die nachmittäglichen Mitarbeiterinnen, tauschten die Kinder ihre verschiedenen Erlebnisse, Erfahrungen und Ergebnisse in den Erziehungsseminaren unter einander aus.  

Einige Lehrerinnen- und Lehrerberichte aus den Seminaren:  „Mit 10 Kindern sprachen wir zunächst darüber was Schlaf ist. Schnell kamen wir zu verschiedenen Schlafarten wie Mittagsschlaf oder auch dem gefährlichen Sekundenschlaf. Nachdem wir geklärt hatten, wie lange ein Baby, ein Schulkind und ein Erwachsener schlafen sollte, um fit zu sein, lautete die Anschlussfrage: Was ist guter Schlaf? Es kam zu einer langen Gesprächsrunde zum Thema Träume. Die Kinder hatten ein großes Bedürfnis, über ihre Träume zu sprechen. Positiv und beruhigend dabei war, dass die meisten sich zufrieden über ihren Schlaf äußerten. Die meisten Kinder dieser Gruppe kennen viele Einschlafrituale und wissen genau, was sie brauchen, um gut zu schlafen. In Rollenspielen probierten sich die Kinder als Eltern und Kinder aus und brachten ihre Kinder zu Bett. Deutlich wurde, dass man eigentlich nur gut schlafen kann, "wenn man ausgetobt ist - sonst bin ich noch nicht müde wenn es noch hell ist!" Nachdem viele Kinder ihre Traumschlafzimmer gemalt hatten, entwarfen wir ein Mindmap zum Thema Schlafen. Dabei wurden sowohl Bedingungen zum Einschlafen wie "ein kleines Licht, Hörspiele, Kuscheln und Ruhe" genannt, als auch das Wort Träume. Diese gehören für die Kinder zum Schlafen dazu. Als Abschluss schrieben die Kinder Briefe an ihre Träume oder an ihre Eltern, was diese schon gut beim Zu-Bett-bringen tun bzw. Verbesserungstipps. Unsere Gruppe war von einer großen Offenheit und von einer tollen Atmosphäre geprägt.“  

„Die Gruppe „Erziehung durch Eltern und/oder mich selbst“ mit 12 Kindern begann mit einer Meinungsumfrage: 1 Kind erklärte sich selbst erziehen zu wollen und können, 9 lehnten dies ab. 10 erklärten, dass andere sie erziehen dürften, was wiederum 3 ablehnten. 2 fanden Erziehen doof, 10 finden es klasse gut erzogen zu werden und alle erklärten, dass Erziehen mal so und mal so ist.  Sie zählten auf, was sie an der Erziehung der Erwachsenen ablehnen: „Man muss immer tun was sie sagen“, Moralpredigten, gemeines Rummeckern, Rummotzen, aus Ärger Anschreien, „dass sie immer versuchen einem gutes Benehmen beizubringen, was ich selbst kann“, früh ins Bett geschickt zu werden, für Geschwister Ärger kriegen, Erwachsene, die immer ihren Willen haben müssen, „dass immer alles ordentlich sein muss“, „Erst schimpfen und dann denken!“, immer auf kleine Geschwister aufpassen müssen und Motzen bei zu Spätkommen. Sie sammelten Eigenschaften von Erwachsenen, die sie schätzen. Sie nahmen einige dieser Eigenschaften mit in Gespräche, die sie in fast halbstündigen Spaziergängen zu zweit führten. Zwei Beispiele zum Thema „Platz lassen“ und „Geduld haben“: „Ich muss total viel denken! Und dann kann ich es gar nicht ab, wenn meine Mutter immer auf mich einredet. Sie soll mir mehr Platz zum eigenen Denken lassen.“ Ein anderer Junge: „Meine Eltern haben mir beigebracht, dass ich mir immer viel Platz für mich selbst lasse. So arbeite ich immer an eigenen Themen, wo ich selbst denken darf, aber auch immer was mit den Händen machen kann.“ – „Meine Mutter hat 45% Geduld, mein Vater nur 15%. Meine Mutter hat sie am meisten beim Aufräumen, mein Vater, wenn er sie hat, bei allem.“ „Meine Mutter hat nur 3%, vor allem bei Hausaufgaben. Mein Vater hat 20% und dann kann er richtig helfen.“ Die wichtigen Eigenschaften der Erziehung wurden in eine Rangfolge gebracht und aufgezählt: Am Wichtigsten ist, dass Erwachsene einfach nett sind. Es folgen gemeinsam auf dem zweiten Platz: Vorbild sein, Liebe und Zeit haben. Auf dem dritten Platz folgen: Beschützen, Spielen und „Mama sein“. In der nächsten Gruppe waren: Geduld, Fürsorge, Lustig sein, Loslassen können, dann Mitfühlen, Trösten und Sport machen, gefolgt von 

Hilfsbereitschaft, Knuddeln (Küssen, Kuscheln), die Welt zeigen (etwas unternehmen), Verstehen, Beachten, Helfen, Mittoben, Trennung vermeiden, „Papa sein“, ernst sein und Ideen haben. Auf die Frage „Wie will ich sein? – Wozu will ich mich selbst oder will ich erzogen werden“ zählten sie auf: Nett sein, ein gutes Herz haben, selbst Vorbild sein, hilfsbereit, ein guter Vater sein (viele Nennungen), Mutter sein, sportlich, ein guter Mensch sein (einmal: der beste Mensch der Welt sein), ein Künstler sein, verständlich und verstehend sein, mitfühlen, Spaß haben können, trösten können, nicht auslachen, nicht äußerlich oder innerlich verletzen, nett sprechen können, schenken können, froh sein, verlieren können, helfen, ein guter Teamarbeiter sein, Außenseitern helfen, fröhlich sein und wissen, wann ich Quatsch mache und wann nicht  und, ein guter Freund sein. Dann wandte sich die Gruppe der Frage des Benehmens zu: 4 sagten, dass sie Benehmen lernen wollen, 11, dass sie es schon können, niemand, dass er es sich nicht könne. 8 möchten sich noch besser benehmen können. In der Folge wurde viel im Rollenspiel, bzw. Forumtheater erprobt und vieles diskutiert. Z.B., ob man lernen muss die „Klappe zu halten“, oder einem Erwachsenen zu sagen, dass es „langweilig mit ihm ist“, oder „dann doch „mit etwas rumfummeln, sich ablenken“, oder „zeichnen und zuhören“, „Pausen machen“, „Unruhe ertragen lernen“ oder „bewusst stören“ oder „lernen, darüber zu reden“. Am intensivsten wurde es bei der Frage, ob es ein „gutes Streiten“ gibt. Ablehnen tun sie, was sie aber auch können:  Beschimpfen, Beleidigen, Treten, Hauen, Verletzten, Zickenkrieg, Petzen und Anbrüllen. In der Schlussabstimmung sagte kein Kind, dass es sich nur selbst erziehen wolle, 7 Kinder, dass sie sich selbst erziehen wollen und von ihren Eltern erzogen werden wollen und 5 Kinder wollten, nur von den Eltern erzogen werden. Dieses Kinderuniversitätsseminar dauerte von 8.15 Uhr bis 12.30 Uhr und einer 45minütigen Pause und mit den Worten „Schade, dass es vorbei ist!“  

 „Die Kinder der Gruppe "Ich schreibe einen Brief an mich selbst in zwanzig Jahren" haben mit viel Spaß Zeitkapseln gebastelt. In diese Zeitkapseln kamen der Brief, den die Kinder an sich selbst schrieben, um ihn in zwanzig Jahren zu öffnen. In die Zeitkapsel kamen neben dem Brief auch Gegenstände wie Fotos, gefundene Steine, Federn und selbstgebastelte Armbänder. Die Briefe haben die Kinder alleine geschrieben und es sollte auch ein Geheimnis bleiben, was die Kinder für sich in zwanzig Jahren wünschten. Neben Wünschen, Träumen und Visionen wurden auch Aspekte der "Erziehung" thematisiert, also wie sich die Kinder die Erziehung in zwanzig Jahren vorstellten. Die Kinder, die noch nicht gut schreiben konnten haben Bilder gemalt, wie und wer sie in zwanzig Jahren sein wollten. Interessant war, dass einige Kinder " Erziehen" zuerst als ein " Auseinanderziehen" einer Figur verstanden.“   

Am Abend trafen sich fast 40 Erwachsene zum Elternabend im Forum der Schule, um die Berichte aus den Gruppen von den Lehrerinnen und Lehrern zu hören und darüber zu reden. Die Erwachsenen waren sehr angetan vom Feedback ihrer Kinder, die durch die Bank die demokratische und liebevolle Erziehung ihrer Eltern lobten und zu schätzen wussten. Ihre Kritik an Alltagssituationen und an den vielen „Fehlern“ der Erziehung war dagegen genau so reichhaltig und qualifiziert. Es wurde viel mit Mitteln des Rollenspiel- und Forumtheaters gearbeitet, gemalt, gezeichnet und Modelle gebaut, aber auch vieles auf hohem emotionalen und intellektuellen Niveau ausgedrückt und dokumentiert. Eines von vielen Highlights war der Filmbeitrag von Felix, Marc und Celine aus der Gruppe "Erziehung früher und heute". Hier prägte ein Kind den Satz: „Wenn man mir was beibringen will, dann muss man es erklären oder vormachen.“   

 Ein Vater der Schule, Micha Steinhauer, hielt den gesamten Abend im Protokoll fest3:  

„Was ist überhaupt Schlaf? Schlafphasen- Kinder wollten über ihre Träume sprechen - Was brauchen Kinder, um gut schlafen zu können? - „Ich schlafe gut, wenn …es ruhig ist, - ein Lied vorgesungen wurde,- vorher gekuschelt wurde, - es dunkel ist, - ein kleines Licht an ist, - die Türe einen Spalt offen ist, - ich keine Angst vor morgen habe - ich ausgetobt und müde bin  

„Ein Brief an mich selbst als Erwachsener“ Kinder haben sich teilweise als Erwachsene verkleidet - Die Briefe an sich selbst wurden in ‚Zeitkapseln’ gesteckt (kleine Kästchen, die verziert wurden) und von den Kindern zu Hause gelagert, verborgen, versteckt. - Die Kapseln waren den Kindern sehr wichtig. - Manche Kinder machten zusätzliche ‚Schätze’ rein. - Sie nehmen die Briefe an sich selbst sehr ernst, wollten, dass sie nicht von Erwachsenen gesehen werden und sehr intim behandelt werden. Für die Kinder war es sehr wichtig, sich ihre eigene Zukunft vorzustellen - Den Mädchen waren Persönliches und die Beziehungsebene wichtiger, den Jungs Berufe, Traumberufe usw. „Liebe Grüße von R. an R.“ - „Ich hoffe, du bist immer nett zu deinen Kindern und nicht so streng“ „Ich hoffe, dass du nicht so eine verbissene Pferdetussi geworden bist“ - „Ich hoffe, dass du keine motzige Mutter geworden bist. Und ich hoffe, dass du mit deinen Kindern so freundlich sprichst, dass deine Kinder es verstehen können, wenn sie mal etwas nicht dürfen“   

„Thema Geschwister“ Die Kinder haben eine sehr realistische Einschätzung ihrer Familiensituation und ihrer Geschwister. Sie wünschen sich eher ältere Geschwister, die sie beschützen und verstehen. Diese sollen auch eigene Interessen haben. Streit ist ok, doch Versöhnung ist wichtig. Ältere Geschwister sollten schlauer sein, etwas beibringen können. Sie sollten ehrlich spielen, nicht mit Absicht gewinnen lassen. Sollten Zeit haben für mich. Kindern ist ein eigenes Zimmer wichtig, auch wegen der persönlichen Sachen. Eher gleichgeschlechtliche Geschwister gewünscht. Gegen die Eltern zusammen halten. Die Kinder waren sich nicht sicher, ob sie sich um jüngere Geschwister so gut kümmern könnten, wie sie es für sich selbst von ihren älteren Geschwisterwünschen.  

„Was brauche ich zum Wachsen?“ Kinder verstanden das Thema zuerst als körperlich wachsen und waren sehr interessiert an diesem Aspekt. Erst nach und nach wurde ihnen klar, dass in erster Linie inneres Wachstum gemeint war. Die Kinder haben sich mit der Gestaltung von Ton dem Thema genähert, haben Bäume mit wurzeln geformt, Tiere usw. Dann haben sie aufgeschrieben, was sie von den Erwachsenen brauchen, um gut wachsen zu können: z.B. Liebe, Erhaltung der Natur, Gestreichelt werden, Lernen.  

Wer darf uns was sagen? Kinder haben ihre Impulse zu verschiedenen Aspekten auf Plakat-Kartons geschrieben. Wie wird etwas gesagt? Gedroht, geschimpft, gebeten, freundlich, motzig, nett. Wer darf uns etwas sagen? Eltern, Lehrerinnen, Trainer, Verkäufer, die Playstation. Wer darf was bestimmen? TV: Eltern bestimmen die Zeit, Kinder den Film. Eltern bestimmen über Strom- und Wasserverbrauch. Eltern bestimmen über Schlafenszeiten. Eltern bestimmen über Menge der Süßigkeiten. Eltern bestimmen über PC-Spiele. Kinder wollen mitbestimmen beim Essen, Duschen und Baden, bei Ausflügen und Urlaub, Haustieren (ob überhaupt Tiere bestimmen. Erwachsene, welche Tiere bestimmen die Kinder), Friseur, Arbeit in der Schule.  

                                                           3 Doppelungen in Lehrinnen und Elternbericht bleiben stehen! 

Höflichkeit auf dem Fußballplatz Was heißt Höflichkeit? Höflichkeit gilt nicht nur für Freunde sondern für alle, z.B. jemanden die Türe auf halten. Wie und von wem lernen wir Höflichkeit? Von Vorbilder wie Eltern, LehrerInnen, Trainer, Stars (aber nicht alle Stars, s. WM). Phillip Lahm war eindeutig höflichster Spieler Die Kinder haben Plakate zu dem Thema geschrieben. Wie können wir Höflichkeit umsetzen? Entschuldigen, keine Alleingänge, Hand reichen, faire Gruppenbildung. In der Gruppe wurden dann Szenen gespielt und Höflichkeit ausprobiert. Es wurden von den Kindern sehr präzise Beobachtungen benannt, z.B. „Wurde  der Torwart fair behandelt?  

„Selbst-Erziehung und  Eltern-Erziehung“ Frage: Kann man sich selbst erziehen? 1 Ja, 9 Nein. Was ist doof an Erwachsenen? Müssen, Ärger kriegen, meckern, schreien, immer alles ordentlich, gutes Benehmen lernen, früh ins Bett, erst schimpfen sie – dann denken sie, kleine Geschwister werden bevorzugt, Ich will es unordentlich haben! Was sollten die wichtigsten Eigenschaften von Erwachsenen sein? 1. Platz: Nett sein, 2. Platz: Gute Vorbilder, Liebe zeigen können, Zeit haben, 3. Platz: beschützen, spielen, Mama sein 4. Die Welt zeigen, trösten, beobachten, toben, Papa sein, sich nicht trennen. Wozu will ich erzogen werden? Zu einem netten Menschen- Gutes Herz – Hilfsbereitschaft - Ein guter Vater sein – Sportlich - Normaler Mensch - Künstler sein. Kinder wollen sich selbst erziehen zu: Mitfühlend sein - Niemand verletzen wollen - Lernen nett zu sprechen - Schenken lernen - Froh sein können - Verlieren können – Teamarbeiter - Guter Freund sein - In Not helfen. Benehmen: Ich möchte mich gut benehmen lernen - Ich möchte das richtige Eigene tun ohne andere zu stören - Auf gute Weise streiten lernen (ohne schlagen, schreien, usw.). Aufgaben:  Kinder bilden Paare, jedes Paar unterhält sich über einen der Werte, die die Kinder gesammelt haben (Geduld, Freundlichkeit, usw.) Danach bringen die Kinder ihre Ergebnisse in die Runde ein. Beispiel ‚Geduld’: Meine Mama hat 45 % Geduld, mein Papa nur 15 %. Differenzierung: Meine Mama hat bei Hausaufgaben viel Geduld, aber wenig in der Küche usw. „Ich will so viel denken, aber meine Mama quatscht mir immer dazwischen“. Von wem wollt ihr lieber erzogen werde – von euren Eltern oder von euch selbst? 7 Kinder: teils-teils, 5 Kinder: Nur von den Eltern.  

„Erziehung früher –Erziehung heute“ Zitate aus Märchen und alten Geschichten zeigen, wie Erziehung früher war. Erziehung früher in Schule: Nicht stören, still sitzen, gehorchen, nicht widersprechen. Wie ist es heute? Wie hätte ich es gerne heute? Aufgabe: Brief an den Autor des Struwwelpeters schreiben. Kinder haben kleine einfache Bücher gemacht zu Erziehung früher und heute. „Wenn man mir etwas beibringen will, muss man es mir vormachen oder erklären. Dann improvisierte Theaterszenen. Jede Kleingruppe spielt je zwei Szenen vor zu:  So will ich es nicht - So finde ich es gut“    

• Uni Siegen – Homepage der Kinderuni: „Das Wort Universität stammt von dem lateinischen Wort universitas ab, was so viel wie Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden bedeutet. Die ersten Universitäten entstanden im hohen Mittelalter. Im Unterschied zur Schule suchen sich die Studierenden in der Uni ihre Fächer aus und studieren nur, was ihnen Spaß macht.4  

• Grundschule Harmonie: Wir haben unsere Schule mit eigener Kinderuni, damit alle Lernenden als begabte Menschen lernen können und damit Lernen wieder Spaß macht.   

• Und an die Unis: Kehrt in der Lehrinnenbildung zur Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden zurück. Lasst die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer wieder aussuchen, was sie lernen wollen, damit es ihnen Spaß macht.                                                            4 http://www.uni-siegen.de/kinderuni/lexikon/?lang=de