Walter Hövel
Ein-Blicke in die Schule des Jahres 1986
Fakten einer Schule. Die Namen sind verändert.


Thomas fehlt schon die zweite Woche. Auch Jale und Rosi machen heute blau.

Die Lehrerin wird während des Unterrichts aus der Klasse geholt. Wieder ein Anruf vom Jugendamt.

Die ABM-Leute sind sauer. Sie müssen ständig vetreten, obwohl das nicht ihre Aufgabe ist.

Udo ist von Zuhause abgehauen. Er will sich nicht mehr verprügeln lassen.

Der Hausmeister ist fertig. Sein Getränkeautomat ist schon wieder kaputt gemacht worden.

Der monatliche Besuch des Elektrikers bleibt aus. Die Lampen bleiben defekt.

Zwangsversetzung! Bei einem "Überhang" von 0.25 Stellen stehen 3 Kolleginnen und ein Kollege auf der Liste.

Die Kollegin mit Adresse auf Mallorca ist für einen halben Tag da. Sie gibt ihr jährliches Attest ab, um weiter zu fehlen.

Die Stadt ist spendabel. Es werden die Mittel zur Sanierung von zwei Klassenräumen angeboten. Warum meldet sich kein Lehrer?

Der Krankenwagen fährt schon wieder vor. Diagnose: Schnittverletzungen.

In Sport war Badminton angesagt. Es waren aber nur 5 Schläger da.

Guilia und Fatma prügeln sich. Guilia hatte "Scheißtürkin" gesagt.

Die Kollegin Müller konnte die Tür zum Klassenraum nicht schließen. Sie war in Reperatur.

Dagmar ist schwanger. Sie kommt nicht mehr zur Schule.

Auf der Konferenz ist eine miese Stimmung. Alle giften sich an. Der Grund ist eigentlich belanglos und nicht ausgesprochen.

Die Schulleitung ist sauer. Sie hat einen Anruf bekommen, dass mit ihrer Schulstatistik etwas nicht stimmt.

Die Lehrerin bleibt mal wieder eine Stunde länger. Sie muss mit Marlene reden, ihrer alleinstehenden Mutter, ...

Sascha bittet dich den Büchereigenanteil später bezahlen zu können. Die Eltern sind arbeitslos. Beim Sozialamt gibt es nichts.

Die 6a wird nach der 4.Stunde nach Hause geschickt. Es ist niemand mehr zum Vertreten da.

Der Unterricht im Technischen Werken wird grundsätzlich fachfremd durchgeführt. Es gibt keine ausgebildeten Lehrer*innen.

Die Kollegin wird von den Kollegen schräg angeguckt. Sie will die Zeugnisse mit ihrem Computer schreiben.

Textil und Musik konnten dieses Jahr nicht erteilt werden.

 

Eine Lehrerin kommt ins Lehrerzimmer. Sie sagt "Draußen ist eine Riesenschlägerei",  setzt sich und trinkt ihren Kaffee.

Aysun geht nach dem 8.Schuljahr in die Türkei. Sie ist 16. Sie wird verheiratet.

 

Der Vater hatte nur ein Kind. Die anderen 10 (!) waren Mädchen.

"Meine" Frau ist seit 4 Jahren arbeitslos. Der Finanzminister hat kein Geld für Neueinstellungen.

Die Kollegin Schmitz fragt sich, ob sie wirklich Englisch, Deutsch, Erdkunde, Biologie und Wirtschaftslehre fachfremd unterrichten kann, während sich der Kollege Meyer fragt, ob es richtig ist, dass er "seine" Klasse in der Woche nur 4 Stunden sieht.

Der Medienraum bekommt eine Stahltür und seine Fenster werden vergittert. Es wird zu oft eingebrochen.

Die Reinigung der Schule erfolgt aus Kostengründen nur noch alle zwei Tage.

Kollegin Wagner: "Wir machen seit Jahren die pädagogischen Vortänzer, bekommen tut die Schule dafür nichts."

Kollege Yilmaz unterrichtet unterdessen an drei verschiedenen Schulen, bei uns 12 Stunden.

Auf der Klotür steht: "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein".

Die Kollegin führt den Elternabend mit zwei Anwesenden durch.

Eine andere Kollegin schmeißt Betablocker ein, bevor sie in den Unterricht geht. Andere trinken sich einen.

 

Ein Schüler steht vor der Tür des Lehrerzimmers und sagt bei blanken Messer "Den bringe ich um". Er lässt sich das Messer abhehmen und geht wieder.

 

Der Schulleiter sagt zu mir: "So einen Kollegen wie dich wünsche ich dir auch, wenn du Schulleiter wirst".