Walter Hövel

Über das Spielen*
Warum sind die immer so sicher, die sagen,“Hast du den ganzen Tag wieder nur gespielt statt zu lernen.

Warum sind die anderen so inkonsequent, wenn sie wissen, dass „beim Spielen mehr als gelernt wird“.

 

So ist es auch „beim Volk“, bei Erzieher*innen und viel öfter bei so vielen Schulmeister*innen. Der Bayrische Bildungsplan formuliert ungeniert: Aber zugleich will kein Kind nur spielen, es will auch mit realem Leben und ernsthaftem Tun befasst sein.“

 

Würden die Hamburger Bildungsempfehlungen nicht von der „zweckfreien Tätigkeit der Kinder“ reden, wären wir weiter:„ … daß Erzieherinnen das Spiel nicht für angebliche Bildungszwecke benutzen sollen ... Es darf nicht umgebogen werden, um ein von den Erwachsenen vorgegebenes Ziel zu erreichen.“

 

Wir wissen, zum Ernst des Lebens gehört es zu spielen. Spielen scheint uneingeschränkt eine Eigenschaft lernender Lebewesen, also aller (!) Tiere zu sein. Wir scheinen uns im frühen Spiel zu erproben, Fähigkeiten zu trainieren … zu lernen. Entscheiden wir auch was? Finden wir auch neue Lösungen? Können wir aufhören mit Spielen? Wie war und ist das bei den Leser*innen?

 

Heike Wagner kommentiert einem Film mit ihrer sehr jungen Tochter: „Ich fand spannend, was da alles gleichzeitig ablief: nachahmen, fantasieren, Absprache treffen und direkt verwerfen, Freund-schaftsgrenzen abtesten, Barrieren aus dem Weg räumen, nebeneinander und miteinander agieren, dialogisch und monologisch sprechen...“

 

Wir fahren augenscheinlich mit dem Spielen immer fort. Es scheint ein Lebensmotor zu sein. Spielen wir als Kind oder/und später aus Langeweile, Übermut, Gewohnheit, zwanghaft, ungezwungen, scheinbar unüberlegt, auf etwas abzielend? Wie wissen wir was wir tun?

 

Ich selbst spielte mit Spielzeug, andere ohne, oder mit Naturmaterialien. Ich spielte weniger mit anderen Kindern. Später spielte ich mit ihnen „Budenbauen, Irgendwo-Raus-oder-Runter-Springen, Räuber und Gendarm, Onkel-Doktor, Fußball, Fangen, Verstecken, … dann wurde ich älter.

In unseren Schulen spielten wir - außer Theater – nicht, dann gar nicht mehr. Später lernte ich Singen, Zeichnen, Büchermachen, Reisen, Feueranzünden, Kochen, Zelten. Dann wurde Lernen bewusster, organisierter, beeinflusster. Ich lernte Verlieren, Einschätzen, Überzeugen, Radfahren.

Und ich musste vieles lernen, weil Erwachsene das wollten: Ordnung, Gehorchen, Benehmen, Lernen in der Schule, Essensmanieren, Schwimmen, Mich-Richtig-Anziehen, Waschen, Kämmen, Haushalten, Mit-Geld-Auskommen, Rechtzeitig-Schlafen-Gehen, Reden, Schweigen, Einordnen, ...

Spielen wurde immer mehr zu überlegten Tun, zum Erwachsenwerden. Mit ihnen spielte ich auch Karten, Brettspiele, Wegfahren, später selber Rollenspiele, Liebesspiele, Zeittotschlagen...

 

Spielen Jugendlicher

Wenn ich die Welt und mein Können erkunden will, welche besseren Möglichkeit habe ich als das elektronische Spiel? In 100 Jahren wird man auch dieses oder jenes gute alte Spiel vermissen. Wer weiß dann noch von Frau Zehnpfennig? … von der Unbeaufsichtigt-Spielen-Nostalgie der Ehemaligen der 1950er, und, wenn Bruegel nicht die Kinderspiele gemalt hätte, …

 

Gerade Jugendliche üben oft zum Unverständnis vieler ihrer Erwachsener im elektronischen Spiel ihre Weltveränderung und ihre Stellung in der Welt. Sie ist dort zugänglich und möglich. Alle heutigen neuen Denkwege brauchen den spielenden Menschen. Ohne eigenes Spielen wird das Lernen immer schwieriger.

 

Ich halte jede schulische Situation, in der gespielt wird, für kindgerecht und lehrreich“

 

 Spiel und Reform des Denkens

Professionelle ginge einige Verständnisstationen bis zum heutigen Spielbegriff. Mein Weg führt über Fröbel, Montessori, Freinet, Pickler, Lago, Juul, Renz-Polster, vor allem Sevgül, Jakob, Tamara, Jette, Jale, Michi oder Deniz.

 

Friedrich Fröbel (1782 - 1852) ist einer der ersten der den Namen „Pädagog*in“ überhaupt verdient. Er forderte eine wissenschaftliche Ausbildung auch weiblicher Erzieherinnen weg vom männlich dominant erziehendem Priester-ähnlichem Militär, ohne Ahnung vom Kind. Er erfand das Wort „Kindergarten“, um aus dem einsperrenden „Kinderhaus“ herauszukommen. Er erkannte, dass das „Spiel die höchste Stufe der Entwicklung des Kindes ist“. Das Spiel ist in Fröbels Pädagogik ein zentrales Element. Er vertritt die Auffassung, dass das Kind sich im Spiel ausdrückt und zu sich selbst findet. Hier ergreift es die Welt und eignet sie sich dadurch an. Es lernt also durch das Spiel.1  Fröbel2 wollte weder bewahren (heute 'betreuen' oder 'beschützen') noch belehren (heute 'unterrichten' und 'spielerisch fördern'). Er „setzt dem die Entwicklung entgegen. “3 

 

"BEI DER ERZIEHUNG MUSS MAN ETWAS AUS DEM MENSCHEN HERAUSBRINGEN
UND NICHT IN IHN HINEIN."

Friedrich Fröbel

 

Er glaubte, wie so viele Reformpädagog*innen noch heute, dass die Kinder bereits ihr eigenes Menschsein in sich tragen. Heute sagen einige eher, das jedes Kind entscheidet, welche Weltsicht es übernimmt und welche neue Weltsicht es neu kreiert. Kinder erschaffen sich und ihre Welt aus den alten Baustoffen ständig neu.

 

 Seit Fröbel sollte die Frage nicht mehr sein, wie schaffe ich es 'spielerisch' etwas an das Kind heranzutragen, sondern Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, die eigene individuelle und menschenrechtliche Entwicklungen ermöglichen, bei von ihnen selbst überblickter Wahl ihrer Wege.

 

Emmi Pickler (1902-1984) war wie viele Kinderärztin mit Reformideen. 1930 ging sie nach Ungarn als Privatärztin, 1946 gründete ein Waisenhaus. Spielmaterial sollte nicht auf bestimmte Funktionen festgelegt sein, sondern freies Experimentieren erlauben.4 Wieder mehr fortschrittliche Kindererzieher*innen berufen sich heute auf sie.

 

Maria Montessori sagte etwas Ähnliches: Es gilt, eine Lernumgebung zu schaffen, die es dem Kind erlaubt, sich zu „offenbaren“. Sie spricht auch vom sogenanntem "inneren Bauplan", ein eigener im Kind angelegter "Entwicklungsfahrplan", den jedes Kind in sich trägt und den der Erwachsene nicht kennen kann. Es gibt natürlich Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung von kleinen Kindern. Die kann jeder beobachten und die sind auch erforscht. Aber wie jedes einzelne Kind sich nach und nach die Welt aneignet, welchen Weg es dabei geht, in welcher Geschwindigkeit es sich die Dinge aneignet und was es wann bevorzugt - das ist bei jedem Kind verschieden.“5

 

Da ist der Individualitäts- und Diversitätsbegriff.

 

Elise und Célestin Freinet taten den nächsten Schritt. Sie wollten nicht, dass Kinder selbst die Welt wie sie schon war, sondern ihre eigene Welt aktiv verändern und selbst schafften. Sie wollten, dass Kinder nicht einfach spielen, um sich im Spiel zu vertiefen. Sie wollten wissen, was sie dabei tun, welche neue, eigene Welt sie wie dabei für sich erschaffen. Die Freinets wollten die Welt zuerst für Unterdrückte verändern. Diese mächtige Fähigkeit fanden sie, weil sie es zuließen und provozierten, bei Kindern.

 

 Sie fanden das Spiel der Kinder wieder in ihrem „Tasten und Versuchen“, im „den Kindern das Wort geben“, in ihren Klassenräten, in der Kooperation, im Freien Ausdruck, beim eigenen Fragen und Forschen, dem nicht-schulisch-didaktisierten Lernen in ihren Klassen, der kritischen Sicht von selbstbestimmter veränderbarer Welt.

 

 Die Freinets setzten dabei nicht den Spielbegriff als solchen in den Mittelpunkt ihres Tuns, sondern die „Arbeit“. Sie hatten – im Geist ihrer Zeit – mit Eltern und ihren Kindern zu tun, die in Fabriken, auf Bauernhöfen oder im Fischfang zum Überleben hart „arbeiten“ mussten.

 

Bildung sollte nicht nur eine intellektuelle,
sondern eine die ganze Person betreffende Angelegenheit sein.“6
Vera A. Sippel

 

Sie prägten den Begriff „Le Travail-jeu“ (Arbeit mit Spielcharakter). Sie wollten die nicht-entfremdete Arbeit auch bei Kindern anerkennen, etwa bei ihrem Schreiben oder ihren Experimenten. Und es gab den Begriff „Les jeux travaix“. Dazu zählten sie Spiele mit Arbeitscharakter wie das Boulespiel, Kegeln, Ball- oder Reiterspiele.7

 

Arbeit und Spielabsichten 1994-2014

Aber das Spiel ist nicht die Arbeit der Kinder. Es ist viel mehr. Es ist das eigene Werden. Sie ist mehr als die Vorbereitung auf die Arbeit. Das Spiel aller Lebewesen, und davon gingen die Freinets eigentlich aus, ist ein unauslöschlicher Bestandteil jedes lebendigen Lernens.

 

Vielleicht hätten sie besser - wie alle „Linken“ dieser Zeit nicht auf „die Arbeit“ reduziert, sondern auf den menschlichen Müßiggang, die Beziehung und das Spiel selbst gesetzt. Oder sie hätten konsequenter die Kinder selbst ihr Lernen bestimmen lassen.. Auch sie entschieden noch zu oft, was für Kinder gut ist.

 

Sie sahen aber nicht die Form, sondern den Inhalt. Armut und Unbildung war und ist die Hauptursache für schlechtes Lernen. Besser hätten die Freinets die Selbstbestimmung der Kinder in ihrer Ästhetik und gelebten Demokratie, in Inklusion und im Verwirklichen von Kinderreservaten betrieben, als die „Moderne“ Schule oder deren Rettung. Das Abstellen auf das Gleis der Arbeit war schon sehr mit dem Zeitgeist der linken Parteien, der Gewerkschaften und der Arbeiterbildung verbunden. Es steckte eigentlich mehr und Besseres in ihren Texten.

 

In Worten blieb auch an der Grundschule Harmonie die Arbeit im Mittelpunkt, obwohl das Lernen, Demokratie, Selbstbestimmung und Spiel immer wichtiger wurden.

 

Wir entwickelten uns im Spiel. Nicht nur in Präsentation, Versammlung, Theaterspiel. Beim Filmedrehen, beim Suchen und Finden im Verkleidungsfundus, im Freien Ausdruck oder im Füllen freier Zeit konnten wir uns spielend weiter entwickeln.

 

Vor allem lernten wir nicht nur im Fremdsprachenlernen das Rollenspiel zu benutzen. Wir spielten uns durch unser Lernen. Wir kreierten aus unserem Forum eine „virtuelle“ englische Kleinstadt, an der wir an vielen Orten unsere Dialoge erfanden. Wir feierten im Forum ganze Feste auf Englisch. Wir machten einen Gottesdienst nur in englischer Sprache. Wir verwandelten unsere Turnhalle in „A pirate ship we visited each week to speak and sing English". Wir machten Zirkusvorführungen, Supergirl- und Batmanausbildungen, "Having holydays in different countries in the net", etc, etc. Wir spielten auf Englisch den 'Werewolf“ oder übersetzten viele andere Spiele. Wir präsentierten zig Theaterstücke in englischer Sprache. Wir empfingen unsere englische Partnerschule mehrere Tage lang im Jahr und sprachen mit ihnen im Netz. Wir lernten nicht mehr Englisch um Englisch zu reden, sondern spielten Englischreden beim Englischlernen.

 

Spielen ist die einzige Art richtig, richtig verstehen zu lernen.“
Frederic Vester; Dozent an der Bundeswehrhochschule München

 

Menschlichkeit oder Vergesslichkeit

Leider machen sich Pädagog*innen immer wieder Bilder von Menschen, als sie – vor allem von jungen Menschen machen zu lassen. Leider „vergessen“ auch die besten Pädagog*innen immer wieder ihre Absicht, nicht auf das Kind, also den Menschen einwirken zu wollen. Sie vergessen selber zu lernen. Sie „vergessen“, dass auch Materialien, durch Erwachsene oder „Schulen“ vorgegeben, zum – wie Freinet einmal sagte „ Gefängnis der Didaktik“ werden können.

 

Das einfachste ist – oft gegen die Wissenschaften, kontrollierende Fachkräfte und Mächtige - Kinder und Menschen einfach spielen zu lassen. Wir taten und förderten dies an unserer Schule. Wir vergaßen aber nie, - gemeinsam mit Kindern - durch Reflexion und Aufschreiben zu lernen.

 

 „Die Eltern von heute dürfen nicht erwarten, dass ihnen der Staat oder der Arbeitgeber genügend Zeit zur Verfügung stellt, um zu lieben, zu schlafen, zu essen und zu spielen. Sie müssen sich die Zeit selbst nehmen. Denn ohne diese Dinge verliert die Familie ihren Sinn.“

Jesper Juul

 

Wir ließen sie gerne spielen, weil es uns gelang, die Richtigkeit dessen ihren Eltern klar zu machen! Das jederzeit betretbare Schulgelände und -gebäude unterschied uns von anderen Schulen: Kinder konnten selber über ihr Lernen entscheiden und immer und überall ihre eigenen Spiele spielen.

 

Kinder lernen nicht erst zu spielen, sie können es. Sie sind schon frei, selbst in Unfreiheit. Um das zu wissen, muss man selbst die Freiheit schon erlebt haben, oder glauben, was man sieht.

 

 Lernen und Spielen für wen?

Die eigentliche Frage ist für wen wir beobachten? Für die Wissenschaft; erfolgreich investiertes Geld, die Bestätigung bereits vorhandener Systeme oder für das Weiterkommen der Agierenden? Das sind zuerst spielende Kinder und dann Erwachsene.

 

Was hat das Kind davon sich so zu verhalten wie es sich verhält? Wir fragen nach dem Warum und stoßen bestenfalls darauf, was wir schon“ sehen und wissen, was wir tun. Aber wir wissen immer zu wenig. Wir stellen Hypothesen auf und begründen unser weiteres Handel, anstatt die Kinder zu fragen. Eigentlich ist dieses Fragen die besondere Fähigkeit der Freinetpädagogik! Es geht oft darum „das Kind als solches“ zu verstehen. Kinder wollen verstanden werden. Wir können lernen zu verstehen, was da gerade bei jedem Kind passierte.

 

Es gibt immer „unsere Leute“

Im Berliner Bildungsprogramm, heißt es: "Das Spiel der Kinder ist eine selbstbestimmte Tätigkeit, in der sie ihre Lebenswirklichkeit konstruieren und rekonstruieren... sie verhalten sich, als ob das Spiel Wirklichkeit wäre. Kinder konstruieren spielend soziale Beziehungen und schaffen sich die passenden Bedingungen. Kinder verbinden immer einen Sinn mit dem Spiel und seinen Inhalten. Sie gebrauchen ihre Fantasie, um die Welt im Spiel ihren eigenen Vorstellungen entsprechend umzugestalten. Für die Spielenden ist allein die Handlung, in der sie ihre Spielabsichten und Ziele verwirklichen, wesentlich und nicht ihr Ergebnis. Gerade darin liegen die bildenden Elemente des Spiels. Das Spiel ist in besonders ausgeprägter Weise ein selbstbestimmtes Lernen mit allen Sinnen, mit starker emotionaler Beteiligung, mit geistigem und körperlichem Krafteinsatz. Es ist ein ganzheitliches Lernen, weil es die ganze Persönlichkeit fordert und fördert..."8

 

Kinder sind dabei nicht die 'anderen Wesen'. Sie nehmen genau unsere als ihre Welt auf.
„Sie zeigen „Ehrgeiz,
Freude und Begeisterung, Aufmerksamkeit und Konzentration, Nachahmen, Fuschen, Frustration, Gezanke , 'Null Bock' und 'Kreative Handlungskompetenzen'“
Karina Weber, Erzieherin in Sankt Augustin

 

 Was ist nun Spielen?

 Es gibt kaum einen schöneren Text über „das Spielen“ eines Erwachsenen als den von Max Resch (28). Das Studium der Wissenschaften machte ihn nur stärker, so dass er weiter spielen konnte. Folgendes spielte (sagte) er in Sprache: „Spielen ist der wohl komplexeste Vorgang, der mit der schönsten Leichtigkeit stattfindet.  Manchmal macht der Ehrgeiz einen Knoten ins Hirn, und ich biete mir dabei selbst die Stirn.  Auch betrete ich Welten, in denen ungeahnte Regeln gelten, sie lassen mich Neues erfinden, die Knoten im Hirn entwinden und in den Lüften zelten. Unfreiwilliges Spielen, dass entspannt selten, unbewusstes Spielen ist gleichzeitig gestalten,  Ideen finden, sie verlieren und sie halten, sie formen und drehen, Neues aus Altem.  Drauf los und im Moment, der das Leben ist und den ein gutes Spiel sehr gut kennt". 

 

 "Eine Frage, die noch wichtig wäre: Spiel ich mit oder gegen, alleine, zu zweit oder mit allen zugegen? Spielen heißt adaptieren, kreieren, reagieren, am besten ohne Gewinnen und ohne Verlieren. Aber mit Überraschung. Denn man kann mit Allem spielen. Gerade war es das Spiel mit Worten und der Inspiration einer Frage, wo die Antwort wohl abhängt von meinem Zustand an jedem Tage.“

 

Hat jeder Mensch als Kind anders oder genau so gespielt wie als Erwachsener, als Heranwachsender oder Alter? Ich glaube, das Spiel verändert sich und wächst mit sich selbst. Manchmal denke ich, wir imitieren gerne, wenn wir älter werden, das eigene Kind in uns oder die kopienhafte Erinnerung an uns selbst und nennen es "Spiel". Ich glaube, da es – wie die Wissenschaften heute belegen – keine lineare Zeit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gibt, unsere eigene Kindheit und sein Spiel „neben uns selbst“ liegen.

 

 Spielen ist mehr als Lernen

Wenn schulisches Lernen eine Sackgasse eines künstlich-gesellschaftlichen Lernens ist (Mütter fragen zum Entsetzen Ihrer Kinder auf der ganzen Welt „Was hast du heute in der Schule gelernt?“), ist das Spielen aller Lebewesen dann nicht die schon lange vorhandene Lösung? (Stell dir vor die gleiche Mutter fragt endlich „Was hast du heute in der Schule gespielt?“)

 

Darinnen ist Spielen eben auch Ästhetik, Entrücktsein, Imagination, Unerreichbarkeit, Freiheit, Lerngarantie, Übung, Wiederholung, Reihenfolge, Individualität, Natürlichkeit … wie Demokratie, Inklusion, Heterogenität, Menschenrechte,...

 

Ist Spielen gar eine Form des freien Lebens aller Lebewesen? Auf jeden Fall befinden wir uns im Dreieck von Spiel, Lernen und Leben, wobei wir uns in der Mitte selbst mit unserer Freiheit und Demokratie spiegeln.  Manche erkennen sich sogar wieder.

 

 Mein Spiel
Ich erinnere mich daran, als ich als Schuleiter zu den neuen Eltern sagte: „Für Sie beginnt heute vielleicht der Ernst des Lebens. Für ihre Kinder beginnt der Spaß. Sie sind an unserer Schule.“

 

Das Spielen ist divers, immer anders, von Kultur zu Kultur, von Person zu Person, von Lebewesen zu Lebewesen, von Alter zu Alter, vom Welterkunden bis zur Sucht. Es ist die Kunst des Lebens, alles auch anders, "spielerisch" zu können.

 

Mir ist im Leben nie eine Pädagogik begegnet, die so auf's Spielen aus war wie die Freinet-Pädagogik. Sie spielt mit dem 'Freien Text', dem 'Text libre', mit der Sprache der Kinder und den Sprachen. Sie spielt mit Tönen, mit der Mathematik, mit dem Zeichnen und den Farben, mit den Fragen und der Kritik an der Welt, der selbst gelebten Demokratie,`mit der 'natürlichen Methode' des Lernens, dem 'Freien Ausdruck', dem 'tastenden Versuchen', mit allem, selbst dem Lernen.

Das gesamte Lernen ist ein einziges Spiel.

 

1Ebenda

 

3Ebenda

 

4ttps://www.balance-paedagogik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=118:der-paedagogische-ansatz-von-emmi-pikler&catid=65&Itemid=178

6Vera A. Sippel, Ganzheitliches Lernen im Sinne der Simulation globale, Gunter Narr Verlag, Tübingen 2003

7Nachzulesen in „Hering//Hövel, Immer noch der Zeit voraus

 

8https://kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/freispiel-spiele/1610