Lisa Perkmann

 

 

Fortsetzung unseres Gesprächs

 

Wir brauchen die Kunst“

 

 

 

W.H.: … so eben schaffte ich es Ihre Arbeit zu Ende zu lesen. Ich bin sehr froh, dass Sie große Teile Butterwegge, Pongratz und anderen widmen. Das findet meine Sympathie.

 

 Ich erinnere mich an meine Jugend. Ich war nie ein begeisterter Leser von Karl Marx. Er war mir "zu abstrakt". Ich bevorzugte Friedrich Engels oder Robert Owen. Die verstand ich besser.

 

Ich bin faul und gewöhne mir so schlecht eine philosophische oder wissenschaftliche Sprache an. Manchmal denke ich, das ist ein Nachteil. Andererseits weiß ich, dass mich viele Menschen verstehen, auch wenn ich ihnen "zu abstrakt" bin. Dieser Umstand schreckte mich immer ein wenig von der Hochschule ab.

 

Ich habe Ihre Arbeit voller Freude gelesen. Ich finde mich vor allem im Bezug auf die Kunst wieder. Ich hoffe für Sie, dass Ihre Arbeit die Anerkennung erfährt, die sie verdient.

 

Ich hatte mehr "Gefühl" oder "Verstehen" für Sie, als wir das Interview machten als bei Ihrer Arbeit. Aber das liegt wahrscheinlich in der "Natur der Sache". 

 

Ich bin froh. dass Sie diese Arbeit schrieben und hoffe, dass Sie etwas in der Theorie und Praxis der Sozialarbeit bewirken  können. Sie hat es bitter nötig!

 

Gerne bin ich bereit mit Ihnen weiter zu schreiben und mich auszutauschen.

 

 

L.P.: Wer ist Robert Owen?

 

W.H.: Robert Owen begegnete ich mit 20. Ich las Friedrich Engels, den "Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft". Guck auf meine Homepage, da ist mehr zu Robert Owen.

 

 

L.P.: Wo finden Sie sich in der Kunst am meisten wieder?

 

W.H.. Na ja, zur Kunst. Ich glaube ich bin Dadaist, Surreslist. Ich bin Maler. Ich halte keinen Rhythmus. Ich spiele kein Instrument. In Chören singe ich Tenor, lernte aber nie Noten. Trotzdem brachte ich mein Kollegium dazu 2 Jahre lang alle 14 Tage in der Konferenzen Musiklehrer*in zu lernen. Wir waren alle Musiklehrer*innen. Das Fach gab es aber nicht, genauso wie Kunst, Deutsch, Mathe oder Sachunterricht. Kunst und Musik waren immer!

 

Ich mache sehr gerne Menschenschattenspiel. Ich tanze, bin aber sehr eigen.... Ich spiele unheimlich gerne Theater.
Ich hänge ein paar meiner Bilder an (oder morgen bei besserem Licht.)

 

 

L.P.: Die Bilder sind sehr rot! Das ist spannend, außerdem bewegen sie sich: auch spannend anzusehen.

 

Ich glaube auch, dass Kunst Handwerk und Ausdruck zu gleich ist. Wir wollen sie nicht, wir brauchen sie. 

 

 

 

Wie habt ihr also unterrichtet?

 

W.H.: Wir haben an der Grundschule Harmonie versucht nicht zu lehren. Die Kinder haben gelernt. Die Lehrer*innen lernten. Wir "zwangen" die Kinder zu lernen.

 

 

L.P.:...das klingt vernünftig, ich habe eine Waldorfschule bis zur 5.Volksschule besucht, fand mich aber auch in der staatlichen Schule gut zu Recht.

 

W.H.: Mein Verhältnis zu den Waldorfianer war immer gut. Was ich bei ihnen nicht mag, ist dass sie immer wissen wollen, was für Kinder richtig ist. Waldorflehrer*innen lehren gerne. Ich kannte viele Leute vor allem aus dem Westen Deutschlands (Annen bei Witten). Da hätte ich noch viel mehr zu erzählen.

 


L.P.: Wie sehen Sie diese Zweiteilung, normale (") Schule und alternative (") Schule bzw. was sind ihre prägendsten Erfahrungen hierzu?
W.H.: Mein Verhältnis zu freien Schulen ist nicht so toll. Sie sind bezahlt von denen, die Geld haben. Aber viele von ihnen machen eine bessere Pädagogik als die staatlichen Schulen. Je älter ich werde, je mehr sehe ich Schule als Lernort generell in Frage gestellt. Aber gerade untere Schichten brauchen historisch den Schutz ihrer Schulen. Sie haben ein Recht auf Bildung!
Meine prägende Erfahrung ist die, dass die heutigen Schulen nicht zum Lernen da sind, sondern zum Erziehen von Kindern. Sie sollen die gleichen Fehler wie wir machen.

 

 

L.P.: Eine Frage zu Europa würde ich Ihnen gern noch stellen, wie sehen sie unser Europäisches Bündnis, unsere Union?

 

W.H.: Ich war schon als Kind begeisterter Europäer. Ich finde unser Verhältnis zu Frankreich toll. Der alte Erzfeind wurde zu einem Freund. Die neue Wendung Europas zu einer neokapitalistischen Bündnis ist aber das, wo vor ich immer Angst hatte. Es will ein Europa der Regionen oder der Menschen. Vor allem "unsere" Haltung zu Nichteuropäern ist mir sehr suspekt. Europa ist mir lieber als Nationen in Europa! Europa steht für mich für Frieden. Europa steht gegen Armut. Die Grundschule Harmonie war zertifizierte Europaschule.

 

L.P.: Glauben Sie das liegt im Naturell des Menschen, immer die gleichen Dinge und Erziehungsmaßnahmen weiterzugeben?

 

W.H.: Nein. Das ist die Mischung aus Herrschaft, Gewohnheit, Erziehung, Religion, "Kultur", Sprache, Denkinterpretation oder Deutungsfähigkeit, Spiel, Arbeit für Andere, Armut, Philosophie, Psychologie,... Es gibt nicht eine uns bekannte Ursache. Es ist die Entwicklung zu mehr Vielfalt und mehr Menschlichkeit.

 

Daher stehe ich auf Bildung.Ich stehe auf Lernen (auch außerhalb der Schule). Ich vertrete geistige Fähigkeiten (wie Ausschüttung von Hormonen als auch die Entwicklung anderer vermenschlicher-ter Umgangsformen.) Unserer Gehirn lernt besser zu werden, sich selbst zu belohnen, aber unser gemeinsames und individuelles Gehirn lernt gleichzeitig mehr Demokratie, mehr Menschenrechte.

 

 

Nicht im Sinne von Lehren. Das ist Herrschaft. Ich glaube, alles was Menschen heute schon können, haben sie sich selbst beigebracht. Keine andere Macht tat das. Ich halte Menschen für lernfähig.