Rezension von Walter Hövel:

 

Marlies Schmitz, Stefan Schmitz
Tagebuch vom Zugehen auf das Ende

 

 

 

Niemals werde ich diesem Buch gerecht.

 

Ich muss nicht immer einer Meinung mit Marlies Schmitz sein. Aber ich verehre sie. In meiner Zeit der Grundschule Harmonie war sie eine der wenigen, die eine eigene Meinung hatte. Nicht nur diese hatte sie. Sie ist sich selbst treu, sie lebt, sie ist und war voller Liebe zu ihrem Mann, ihren Kindern und den Kindern „meiner“ Schule.

 

 

 

Sie war eine wunderbare Expertin in Fragen des Autismus. Sie unterschied gesellschaftlichen und „echten“ Autismus. Sie war großartig und beeinflusste das Kollegium mit ihren Gedanken und Erfahrungen. Sie konnte die Reparaturfähigkeit der Erwachsenen durch den Freiburger BlickTests und -Methoden. Sie kämpfte unermüdlich für IHREN Ortsteil „Harmonie“ und das dazugehörige seltene runde Kirchengebäude. Sie lebt IHRE Kunst - und IHREN tiefen Glauben.

 

 

 

Sie ist eine Expertin, nicht eine der vielen ernannten. Zu oft wird sie nicht gesehen.

 

 

 

Uns trennen Menschen wie Emil Nolde und wahrscheinlich auch Anselm von Canterbury. Ich will ein anderes Leben, aber mit einer Marlies Schmitz.

 

 

 

Ihr Glaube war mir immer fremd. In meiner persönlichen Kirchen- und Religionsgeschichte ging zu vieles schief, sie lebt eine andere Geschichte. Ich konnte das akzeptieren. Es gab sehr viele Überschneidungen, unendlich viele Gründe der Zusammenarbeit. Sie gibt und gab anderen das Gefühl von Akzeptanz.

 

 

 

Was mich bei ihr beeindruckt ist ihre Liebe. Ich mag eigentlich keine Leute, die „Kinder lieben“. Bei ihr ist es echt oder ist es eher die Kunst, für die sie sich, wie einst George Bernard Shaw, entschieden hat. Sie liebt über den Tod hinaus. Sie will nichts bekommen, aber sie gibt den Menschen.

 

 

 

Ihre Art von Respekt ist zeitlos. Sie weiß, dass Menschen Respekt brauchen, um ihren Weg durch das Leben und darüber hinaus zu gehen. So geht sie ihren Weg einer ständigen Veränderung, sie lebt. Sie ist ins ewige Leben hineingeboren. Es ist IHRE Kunst. Marlies Schmitz ist eine Künstlerin.

 

 

 

Das vorliegende Buch, verlangt eine eigene Art der Auseinandersetzung. Marlies will nicht, dass die Menschen Ihren Weg nachgehen. Sie will, dass sie ihren eigenen suchen. Sie ist ein Werk, sie wirkt in und mit IHRER Arbeit. Sie will, dass du auch dein Werk machst.

 

 

 

So wie sie das Werk ihres Lebens lebt, ist sie nie an das jetzige Leben gebunden. Es gibt keinen Tod. Vor allem Kinder merken das! Es ist Denken, das wirklich gestaltet. Sie läßt auch andere in ihre „Denk Räume“.

 

 

 

"Einen Menschen lieben heißt, ihm zu sagen: Du wirst nicht sterben."

 

Gabriel Marcel, ein französischer Philosoph (1889-1973)

 



 

In ihrem Buch begegnen sich die „sichtbare und unsichtbare Welt“. Dem Augenblick des „Zugehen auf das Ende“ wohnt „Magie“ innen. Diese Magie macht Marlies Schmitz, weil das Leben sie macht.

 

Zwei, der für mich tollsten Sätze des Buches: „Dass wir die Menschen werden durften, die wir geworden sind“ und „Das Leben lebt sich.“

 

Die Schmitzens erweisen sich als sehr wissenschafts- und bibelfest. Sie erklären gut, wie die beiden Dinge zusammengehen können. (Aufhorchen ließ mich die auch von mir gesehene Tatsache, dass zumindest Tiere ein ähnliches Leben und einen ähnlichen Tod wie Menschen haben). Außerdem ist ihre Nähe zu Gregory Bateson erwähnenswert, wenn sie Gott den „Geist“ nennen.

 

Sie versuchen die „Wiederauferstehung von den Toten“ zu beweisen. Sie begründen Gott als einen Gott der Freiheit: „Gott schafft die Welt und in ihr den freien Menschen, obwohl er nicht muss“. Ihre Antwort ist „die Liebe, weil er die Liebe ist“.

 

Marlies erfährt diese Liebe. Ich erahne diese Liebe, auch wenn ich sie nicht zu eigen mache.

 



 

Marlies Schmitz ist gerade in IHRER Kirche etwas Besonderes.