"Schulleitung der Grundschule Harmonie und die dort Arbeitenden, waren nicht
immer einer Meinung - Oft und in vielen Dingen, weil darüber gesprochen
und gestritten wurde."  (Walter Hövel)

Julia Schmitz
ÜBER LERNLANDSCHAFTEN BEIM ENGLISCHLERNEN
„Learning is a life-long process. No school, or even university, can provide its
pupils or students with all the knowledge and the skills they will need in their
active adult lives. Adult life, in its personal as well as its vocational aspects, is
far too diverse and too subject to change for any educational curriculum to attempt
to provide a detailed preparation. It is more important for a young person
to have an understanding of him or herself, an awareness of the environment
and its working, and to have learned how to think and how to learn.” (1)

Individuelle Förderung, Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit als Auftrag für die
Arbeit in der Schule sind im Schulgesetz und in den aktuellen Lehrplänen fest verankert.
Insbesondere die Erziehung zur Selbstständigkeit und die Übernahme der Verantwortung
für das eigene Lernen werden in der heutigen Gesellschaft zunehmend wichtiger. Dabei ist
es unerlässlich, die Kinder in ihrer (Lerner)Persönlichkeit mit ihren (Lern)Voraussetzungen
wahr- und ernst zu nehmen und sie ihren eigenen Lernweg gehen zu lassen.

Die Grundschule Harmonie nimmt diese Aufgabe ernst und gestaltet das Schulleben immer
wieder so, dass jedes Kind seinem Lernstand entsprechend arbeiten und sich weiterentwickeln
kann. Der Lernbereich „Englisch“ wird dabei noch nicht in der offenen Lernform
in den Schulalltag integriert, wie dies der Fall in den anderen Lernbereichen ist.

Da die Grundschule Harmonie offenes Lernen in anderen Lernbereichen konsequent umsetzt, stellen
sich folgende Fragen: Sind wir zu offenem Englischlernen schon bereit? Ist es überhaupt sinnvoll,
Englischlernen offen zu gestalten? Bei dem Versuch, diese Fragen im Rahmen einer LehrerInnen-
konferenz zu beantworten, wurde allen KollegInnen zunehmend deutlich, dass die Organisation des
Lernens zum Zeitpunkt dieser Arbeit nicht den entscheidenden Punkt aufzeigte.

Vielmehr stellte sich heraus, dass für die Arbeit an der GS Harmonie vornehmlich ein Konzept wichtig
ist, das aufzeigt, ob und wie es gelingt mit Kindern über Strategien ihres Englischlernens zu reflektieren
und diese weiterzuentwickeln, um daraus Konsequenzen für ihr weiteres Englischlernen ziehen zu können.
Diese Überlegungen können dann in weiteren Schritten genutzt werden, um eine Veränderung in der
Unterrichtsgestaltung vorzunehmen. Denn ohne die Entwicklung strategischer Kompetenz ist
Englischlernen im offenen Lernen, in dem selbstbestimmt und -verantwortet gelernt,wird, undenkbar (3).
Damit stellt dieses Konzept einen wichtigen Beitrag zur Schulentwicklung der Grundschule Harmonie dar.

Im theoretischen Teil wird zunächst auf den Begriff „Lernerstrategien“ eingegangen, um anschließend
auf Begründungen und Verfahren zur Entwicklung von Lernerstrategien einzugehen.

Eine mögliche Klassifizierung von Lernerstrategien in die „four skills“ (5) und den Erwerb
sprachlicher Mittel, als Grundlage des Konzeptes, wird näher betrachtet. Da Lernerstrategien
zu einem großen Teil zur Selbstständigkeit beitragen können, schließen die theoretischen
Grundlagen damit ab.
 
Im praktischen Teil der Arbeit werden zunächst die erforderlichen Lehrerkompetenzen für
das Entwickeln von Lernerstrategien sowie die vorhandenen Kompetenzen der Kinder und
die Lernerstrategienkultur an der Grundschule Harmonie dargestellt. Aufgrund der theoretischen
Grundlagen und der Beschreibung der Bedingungen an der Schule wird das Verfahren zur
Entwicklung von Lernerstrategien vorgestellt. Anschließend wird die Durchführung des Konzeptes
erläutert, das sich in die Phasen „Bewusstwerden vorhandener Lernerstrategien“, „Erproben neuer
Strategien“ und „Lernerstrategien-Landkarte“ einteilt. Die Auswertung des Konzeptes gliedert sich
in dessen drei Phasen und endet mit einer Evaluation der Selbstständigkeit der Kinder. Abschließend
wird ein kritisches Fazit gezogen, dem ein Ausblick mit möglichen Konsequenzen für die Schule
und den Englischunterricht folgt.

„What is [...] a strategy? That this question is still being asked after more than 30 years of research
  may come as a surprise to you.” (6)
 
Es gibt eine Vielzahl von Definitionen zu Strategien (7). Den meisten Definitionen ist gemein,
dass sie Strategien als Pläne mentalen Handelns kennzeichnen, die dazu dienen, ein Ziel zu erreichen.
Einigkeit herrscht darüber jedoch nicht.
 
Bei einer Betrachtung von Strategien bezogen auf das Lernen allgemein und das Fremdsprachenlernen
insbesondere, tauchen in der Fachliteratur unterschiedliche Begriffe wie Arbeitstechniken, Lernstrategien,
Lerntechniken, Operationen, Lerntaktiken oder Lernerstrategien auf, die mehr oder weniger synonym
verwendet werden8 und zu denen es keine einheitliche Definition gibt. In dieser Arbeit wird der Begriff
Lernerstrategien verwendet. Das Auswahlkriterium dafür ist die Charakterisierung des Fremdsprachen-
lernens als ein komplexer, von den Lernenden aktiv gestalteter Informations- und Konstruktionsprozess (9).

Anders als bei den übrigen Begriffen rücken damit die Lernenden in den Mittelpunkt. Es wird verdeutlicht,
dass Strategien abhängig von den Lernenden selbstständig und individuell konstruiert werden.
Dabei verfügt jeder Mensch über eine andere Sammlung und Verknüpfung von Lernerstrategien.

Darüber, ob und in welchem Ausmaß Lernerstrategien den Lernenden bewusst sind, aktiv
ausgeführt werden, ein Ziel haben und einen Beitrag zum Lernen leisten, herrscht bisher
keine Einigkeit in der Literatur (10). In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass Lernerstrategien
Pläne der Lernenden sind (11), die sowohl bewusst als auch unbewusst verwendet werden.
Sie werden von den Lernenden mit der Absicht verwendet, ein bestimmtes Ziel zu
erreichen und können analog zu den Hypothesen, die beim Lernen gebildet werden, verändert,
verworfen und neu generiert werden. Dabei erleichtern sie das Lernen, indem sie Wege
aufzeigen, wie ein Ziel erreicht werden kann (12). Anhand der Beschreibung von
Strategien zum Erwerb sprachlicher Mittel und zur Entwicklung sprachlicher Fertigkeiten
soll der Begriff der Lernerstrategien weiter definiert werden.
 
BEGRÜNDUNG FÜR DIE ENTWICKLUNG VON LERNERSTRATEGIEN

„Nur wenn es gelingt, bei den Schülern ein Repertoire an Strategien aufzubauen
und zu fördern, können sie sich zu selbstverantwortlichen, autonomen
Lernern entwickeln.“ (13)

Die Bedeutung von Lernerstrategien im Fremdsprachenunterricht wird zunehmend zum
Mittelpunkt der fremdsprachendidaktischen Reflexion. Ausgehend vom Schulgesetz und
vom aktuellen Lehrplan sind neben der Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen,
der Förderung der Entfaltung der Person sowie der Befähigung zum selbstständigen
und eigenverantwortlichen Handeln, auch die Aufgabe der Entwicklung von
strategischem Wissen für ein lebenslanges, nachhaltiges Lernen aufgeführt. Diese Forderungen
können durch die Entwicklung von Lernerstrategien im Englischunterricht zu einem
großen Teil umgesetzt werden.

Dem Entwickeln von den in den Richtlinien formulierten, übergreifenden Kompetenzen
wird eine wichtige Rolle beim Lernen in der Grundschule zuteil. Es wird als
Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung und Anwendung angeeigneter Kenntnisse
und Fertigkeiten angesehen. Damit ist ihre Aneignung entscheidend für einen Wissensaufbau.
Diesen übergreifenden Kompetenzen, Wahrnehmen und Kommunizieren, Analysieren und
Reflektieren, Strukturieren und Darstellen sowie Transferieren und Anwenden, können zum
großen Teil Lernerstrategien untergeordnet werden. So gibt es beispielsweise Strategien zu
Wahrnehmen und Kommunizieren, wie „auf Mimik und Gestik achten“ oder intelligentes Raten. (16)

Im Bereich „Englisch“ des Lehrplans werden konkrete Strategien genannt, die die Kinder
am Ende der Schuleingangsphase bzw. des 4. Schuljahres beherrschen sollen. Die Entwicklung
von „Language Awareness“ spielt dabei ebenso eine große Rolle, da Lernerstrategien
Bausteine des Sprachlernbewusstseins sind.

Kommunikationsfähigkeit wird als übergeordnetes Lehr- und Lernziel des Fremdsprachenunterrichts
angesehen. Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen gliedert Kommunikationsfähigkeit
in sechs verschiedene Kompetenzen: linguistische, soziolinguistische, soziale, strategische
und soziokulturelle Kompetenz sowie Diskurskompetenz. Demnach ist die strategische Kompetenz
ein wichtiger Bestandteil, um kommunikationsfähig zu werden (19).

Auch Fremdsprachenlernen wird als konstruktiver Prozess verstanden, den nur die Lernenden
selbst konstruieren können (20). Der Förderung von Lernerstrategien wird damit ein besonderes
Gewicht eingeräumt: Um den Prozess der Wissenskonstruktion voranzutreiben,
müssen die Lernenden vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biografie aus verschiedenen
Lern- und Arbeitstechniken selbstständig auswählen können.

Im Rahmen der konstruktivistischen Lerntheorie wird deutlich, dass die Selbstständigkeit
der Lernenden eine wesentliche Rolle beim Lernen spielt. Die Entwicklung von Lernerstrategien
ermöglicht es den Lernenden, selbstständig tätig zu sein und die individuell erforderlichen
Konstruktionsprozesse durchzuführen. Denn der Verfügbarkeit von individuell geeigneten
Lernerstrategien kommt eine entscheidende Rolle für erfolgreiches, selbstverantwortetes Lernen
zu (21). Damit stellt die Entwicklung von Lernerstrategien einen deutlichen Beitrag zur
Lernerorientierung und Selbstständigkeit (nicht nur) im Fremdsprachenunterricht dar (22).
Auch im Rahmen von PISA wurde das lernstrategische Wissen der SchülerInnen (23) untersucht
und als bedeutende Bedingung für das selbstbestimmte Lernen angesehen (24).

Aufgrund des schnellen Wandels in unserer Gesellschaft kommt dem lebenslangen Lernen
und damit „Lernen lernen“ eine zunehmend wichtige Rolle zu. Für die Schule bedeutet
dies, dass nicht mehr allein Wissensvermittlung im Vordergrund steht, sondern vor allem
der Aufbau von Strategien und die Verknüpfung der Persönlichkeit der Lernenden mit dem
Inhalt. Strategien können dabei als (veränderbares) Instrumentarium angesehen werden,
die den lebenslangen Lernweg begleiten und mit steuern. Das Bewusstwerden über den
eigenen Lernprozess, sowie dessen Reflexion und Evaluation, sind im Kontext von „Lernen
lernen“ unerlässlich. Die Lernenden müssen dazu angeregt und -geleitet werden, ihren
individuellen Lerntypen entsprechend geeignete Strategien auszuwählen. Zur Entwicklung
einer Lernerpersönlichkeit muss diesen Bereichen auch im Fremdsprachenunterricht eine
Möglichkeit der Entfaltung eingeräumt werden. (25)
 
Somit gibt es aus verschiedenen Sichtweisen Begründungen für die Entwicklung von
Lernerstrategien: als Chance zur Lernerorientierung, zu selbstständigem Lernen, zum Aufbau
einer Lernerpersönlichkeit, zum lebenslangen Lernen sowie als wesentlicher Baustein
der Kommunikationsfähigkeit und des konstruktivistischen Verständnisses von Wissensaufbau.
 
VERFAHREN ZUR ENTWICKLUNG VON LERNERSTRATEGIEN
Ausgehend von dem Verständnis von Fremdsprachenlernen als einen aktiven und von den
Lernenden selbst zu gestaltenden Konstruktionsprozess wird in dieser Arbeit konsequenterweise
der Ausdruck Entwicklung und nicht Vermittlung von Lernerstrategien verwendet.

Damit soll verdeutlich werden, dass Entwicklung von Lernerstrategien in erster Linie ein
von den Lernenden aktiv gesteuerter Lernprozess ist.

Die Möglichkeiten zur Entwicklung von Lernerstrategien reichen von behavioristischen
Ansätzen, in denen Strategien kleinschrittig eingeübt werden, bis hin zu konstruktivistischen
Umsetzungen, die den individuellen Lernenden mit ihren Vorwissen in den Mittelpunkt
stellen. Radikal sind dabei Eiglers (26) Ansichten. Er hält eine gezielte Entwicklung
von Lernerstrategien für unmöglich. Für ihn besteht die einzige Möglichkeit in der Entwicklung
von Lernerstrategien darin, eine Umgebung zu schaffen, in der Probleme gelöst
werden und sich im Zuge dessen Lernerstrategien herausbilden. Dabei argumentiert er,
dass Lehren nur dann einen Einfluss auf die Entwicklung des Denkens und Lernens nimmt,
wenn Lernen von Wissen und Fähigkeiten angeregt wird. Erst durch das Lernen von Wissen
und Fähigkeiten kann sich auch Denken und Lernen entwickeln. (27)
 
Da in dieser Arbeit davon ausgegangen wird, dass Lernerstrategien durch gezielte Anregungen,
Herausforderungen und Gespräche weiterentwickelt werden können, wird im Folgenden
näher auf Methoden eingegangen, die davon ausgehen, dass die Entwicklung von
Lernerstrategien beeinflussbar ist. In der Literatur werden dabei die integrierte und separate
Strategievermittlung unterschieden. (28)

In einem separaten Strategietraining werden Strategien direkt vermittelt und sollen anhand
von Aufgaben eingeübt werden (29). Das bedeutet, die Lehrperson gibt eine Aufgabe vor und
die Lernenden sollen zur Bearbeitung dieser Aufgabe eine von der Lehrperson bestimmte
Strategie verwenden. Auf diese Weise werden, losgelöst vom Unterrichtsgeschehen und von
den individuellen Voraussetzungen der Lernenden, unterschiedliche Strategien eingeübt.

Für dieses Strategietraining spricht, dass der Fokus der Lernenden auf den Strategien liegt,
wenn sie nicht gleichzeitig mit inhaltlichem Lernen beschäftigt sind. Diese eher behavioris-
tische Form der Strategievermittlung sollte kritisch betrachtet werden, da es äußerst fragwürdig
ist, in welchem Ausmaß dieses Einüben von Strategien es ermöglicht, Strategien in das
individuelle Repertoire aufzunehmen. (30)
 
Dagegen ermöglicht eine integrierte Entwicklung von Lernerstrategien das Bearbeiten von
Aufgaben im alltäglichen Unterrichtsgeschehen mit selbstbestimmten Strategien.
Befürworter dieser Methode argumentieren, dass Lernen im Kontext effektiver ist als das
Trainieren von isolierten Fertigkeiten. Außerdem wird den Lernenden die Anwendbarkeit
aufgrund des sinnvollen Kontextes deutlich und damit der Transfer auf andere Situationen
erleichtert (31).

Während beim Strategietraining die Strategien von außen vorgegeben werden, werden bei
der selbstbestimmten Strategieerprobung die Strategien von den Lernenden erarbeitet.
Dies geschieht im gemeinsamen Gespräch mit den SchülerInnen. Hier werden die
Lernerstrategien anhand der Evaluation von Lernprozessen und -ergebnissen thematisiert
und die Lernenden mit ihren Kompetenzen ernst genommen. (32)

Innerhalb eines Strategietrainings ist die Rolle der Lehrenden die der Hauptlieferanten an
Wissen und Informationen; sie sind die Instruktoren, Richter, Kontrolleure etc. Die Lernenden
versuchen sich die Strategien anzueignen. In einem Unterricht, in dem die Entwicklung
von Strategien integriert ist, müssen SchülerInnen und LehrerInnen ihre Rolle neu gestalten.
Der Lehrperson kommt die Aufgabe zu, eine Lernumgebung zu erschaffen, in der die Kinder
die Möglichkeit haben, die für sich adäquaten Lernerstrategien zu entdecken und zu entwickeln.
Das bedeutet, dass die Lernenden ausreichend Möglichkeiten haben müssen, um Strategien
zu erproben und zu evaluieren. Gleichzeitig muss die Lehrperson dabei alternative Strategien
anbieten und die Lernenden gezielt zur Reflexion über ihre Lernprozesse anregen.

Die Lehrenden werden zu Lernbegleitenden, Beratenden und Helfenden. Den SchülerInnen auf
der anderen Seite wird eine größere Eigenverantwortlichkeit zuteil und sie können ihren Lernprozess
aktiv gestalten. (33)

Chamot und O’Malley äußern ihre Unentschlossenheit bezüglich der Wahl des Verfahrens
zur Entwicklung von Lernerstrategien:
„An unresolved issue in instruction in learning strategies is whether instruction should
focus only on learning strategy instruction or should be integrated with classroom
instruction in the language or content subject.“ (34)
 
Dagegen besteht nach Tönshoff (35) mittlerweile ein Konsens darüber, dass nicht die
Vermittlung von scheinbar allgemein sinnvollen Strategien angestrebt wird.
Strategieentwicklung ist vor allem dann wirkungsvoll, wenn Lernerstrategien nicht in
getrennten Programmen antrainiert werden, sondern innerhalb des Unterrichtsgeschehens
integriert sind. Ob eine Strategie effektiv ist, hängt nicht von der Qualität der Strategie ab,
sondern von dem individuellen Hintergrund, der die Lernenden prägt.

So verdeutlicht auch Haß (36), dass eine lineare Progression beim Erwerb von Lernerstrategien
nicht möglich ist. Das liegt u.a. daran, dass die Reihenfolge des Erwerbs maßgeblich von der
Individualität des Lerners abhängt.

Daher soll vielmehr innerhalb des normalen Unterrichtsgeschehens die Möglichkeit der
individuellen Auswahl aus einem Strategienspektrum angeregt werden, um bewusst die
zum jeweiligen Lernertyp passenden Strategien auszuwählen, praktisch zu erproben und
evaluieren zu können. Die Lernenden können so ihre Strategiensammlung erweitern und
verändern. Auch Cohen argumentiert, dass eine Überbetonung von Strategien und eine
isolierte Einübung zu einer Verlangsamung des Lernprozesses führen. (37)
 
KLASSIFIZIERUNG VON LERNERSTRATEGIEN
Wie bei dem Versuch der Definition, gibt es ebenso keine Einigkeit über die Klassifizierung
von Lernerstrategien. So gibt es die Unterteilung in Primär- und Stützstrategien (38), in die
verschiedenen Funktionen für den Prozess der Informationsverarbeitung (39), z.B. Wieder-
holungsstrategien, in allgemeine und fremdsprachenspezifische Strategien (40) und in
kognitive, metakognitive und sozial-affektive Strategien bei Chamot/O’Malley (41) sowie
nach Rampillon (42) in die sprachlichen Teilkompetenzen Wortschatz, Grammatik,
Hörverstehen, Lesen, Sprechen und Schreiben. Dabei ist zu beachten, dass es bei jeder
Klassifikation Überschneidungen der Kategorien gibt, denen die Strategien zugeteilt sind.

Im Rahmen dieser Arbeit ist die Zuordnung der Strategien zu den verschiedenen
sprachlichen Teilkompetenzen sinnvoll, um dabei den Praxisbezug von Beginn an zu
berücksichtigen. Aus diesem Grund wird im Folgenden die Differenzierung von Haß und
Rampillon sinnvoll kombiniert (43).

Dabei ist zu beachten, dass weder erwartet wird, dass Grundschulkinder all diese Strategien
verwenden noch verwenden müssen. Die Entwicklvon Lernerstrategien ist ein Prozess,
der vermutlich ein Leben lang wächst. Daher sind die folgenden Strategien nicht als Zielvorgabe
für die Grundschulzeit anzusehen. Vielmehr sollen sie viele verschiedene Möglichkeiten
aufzeigen und den Horizont öffnen.

STRATEGIEN ZUM ERWERB SPRACHLICHER MITTEL
„Also ich finde, ich sollte immer aufschreiben und dann für mich vorlesen, in
meinen Gedanken und es dann so in meinem Kopf behalten. Immer da drauf
gucken und dann kann ich das kurz behalten und dann wieder drauf gucken
und irgendwann lang behalten.“ (Kind , GS Harmonie, (44), 2. Klasse)

Strategien zum Erwerb sprachlicher Mittel sind Strategien, die den Lernenden dabei helfen,
ihren Wortschatz zu erweitern, zu festigen und ein neues Sprachsystem zu konstruieren.
Eine Erweiterung des Wortschatzes kann durch das Erschließen von Wortbedeutungen
mit und ohne Hilfsmittel geschehen. Das Festigen von neuen Wörtern geschieht meist
durch häufige Wiederholung (45). Im Folgenden sind die Strategien zum Erwerb sprachlicher
Mittel nach Haß und Rampillon aufgeführt (46):
- Strategie Bemerkung
- Dekodierungsstrategien (47)
- Kontext, intelligentes Raten (Die Bedeutung eines unbekannten Wortes in einem
  kontextuellen Zusammenhang, z.B. in einem Text, kann durch den Bedeutungs-
  zusammenhang erschlossen werden.)
- Muttersprache. (Ein unbekanntes Wort kann durch seine graphologische, phonologische
  und/oder morphologische Ähnlichkeit (Sprachform) zu einem Wort aus der
  Muttersprache, der Zielsprache oder einer anderen Fremdsprache erfasst werden.)
- Zielsprache
- Fremdsprache
- Aktivierung des Weltwissens
- Die subjektiven Erfahrungen der Lernenden unterstützen dabei, neue Wörter
  aus dem Kontext zu erschließen.
- Benutzung eines Wörterbuches (Die Benutzung eines Wörterbuches hilft dabei, den
  Wortschatz gezielt zu erweitern. Es lohnt sich, ein elektronisches Wörterbuch (48)
  zu benutzen, da hier das Suchen des deutschen Wortes wegfällt. Für die jüngeren Kinder
  der Grundschule eignen sich besonders Bildwörterbücher, da sie schriftentlastend sind.)
- Erstellen einer Wortschatzkartei/ -Vokabelheft (Das Erstellen einer Wortschatzkartei oder
  Anfertigen eines eigenen Vokabelheftes hilft Lernenden, neue Wörter zu erarbeiten und
  durch die ständige Wiederholung zu memorisieren.)
- Ordnen von Wörtern (Neue Wörter sollten in Wortfelder, Klassifizierungen und/oder Mind-Maps
 geordnet werden, um eine Vernetzung im mentalen Lexikon zu begünstigen.)
- Auswendiglernen (Das (flexible) Auswendiglernen von sinnvollen, authentischen Kurzdialogen
erhält durch den notwendigen Sinnzusammenhang eine wichtige Rolle.)
 
STRATEGIEN ZUR ENTWICKLUNG SPRACHLICHER FERTIGKEITEN
Strategien bezogen auf die sprachlichen Fertigkeiten sind für den Umgang mit der Fremdsprache
besonders wichtig, da sie bei der rezeptiven und produktiven Verarbeitung von
Sprache eingesetzt werden. Zu den fertigkeitsbezogenen Strategien gehören Hörverstehens-,
Sprech-/Interaktions-, Lese- und Schreibstrategien. (49)

STRATEGIEN ZUM SCHREIBEN
„Ich kenn schon viele englische Wörter und weiß, wie man sie schreibt. In meiner alten Schule
durften wir die nie aufschreiben, aber jetzt liebe ich es, richtige Geschichten zu schreiben.“
(Kind, 4. Klasse)
 
Aufgrund der überwiegend unterstützenden Funktion des Schreibens in der Grundschule (50)
sind viele der in der Literatur genannten Strategien kaum auf den Englischunterricht der
Grundschule übertragbar. Aus diesem Grund sind im Folgenden lediglich die Strategien
aufgelistet, die auch in der Grundschule sinnvoll zum Einsatz kommen können:
- Strategie Bemerkung
- motivierendes Schreibziel festlegen (Das Festlegen eines Schreibanlasses und eines Schreibziels
  sind notwendig, um von einer sinnvollen Kommunikationssituation für den Schreiber ausgehen
  zu können.)
- Ideen- und Redemittelsammlung (Dies kann z.B. in Form einer Mind-Map geschehen, die das
  Kind mit Hilfe eines (Bild-) Wörterbuches herstellt.
-  Benutzung eines Wörterbuches (Bei unbekannten Wörtern oder zum Nachschlagen der Rechtschreibung
  können Wörterbücher herangezogen werden.)
- Korrekturlesen (Die Lehrperson oder das Kind (mit Hilfe von Vorlagen) korrigieren die geschriebenen
  Wörter/Sätze.)

Strategien bei Rampillon wie „Fehlerstatistik führen“, „Erstellen einer Gliederung“, „Anfertigen
einer Reinschrift nach der Überarbeitung des Entwurfs“ etc. sind ungeeignet, da
sie den Schwerpunkt zu sehr auf das Schreiben verlagern und diesem im Englischunterricht
der Grundschule eher eine untergeordnete Bedeutung zugeschrieben wird. Wie beieinem Kind
können individuell betrachtet jedoch auch diese Strategien sinnvoll sein (51).

STRATEGIEN ZUM LESEVERSTEHEN
„Die Wörter herauszufinden ist anstrengend. Du kannst die Wörter ja gar nicht
immer wissen. Du musst ja erst die Wörter reden lernen und danach kannst du
die Wörter erst gut lesen, dann kommen sie durch.“ (David, 2. Klasse)

Ähnlich wie ein Kind es für sich herausgefunden hat, kommt dem Leseverstehen, wie auch
dem Schreiben, im Englischunterricht der Grundschule eine untergeordnete Funktion zu.
Aus diesem Grunde sollten die Strategien für das Leseverstehen genau hinterfragt, auf den
jeweiligen Kontext (einige Wörter/Sätze, überwiegend mit bekanntem Wortschatz) reduziert
und insgesamt das Leseverstehen im Englischunterricht nicht schwerpunktmäßig behandelt
werden. Rampillon ordnet den Lesearten „überfliegendes Lesen“ und „textverarbeitendes Lesen“
Strategien zu, die im Folgenden durch Haß ergänzt werden (52):
- Leseart Strategie Bemerkung
- überfliegendes Lesen
- skimming/reading for gist (Der Leser erfasst, worum es in dem Text geht. Es dient der ersten Orientierung.
- scanning (Der Leser richtet das Lesen auf eine bestimmte Information aus, alles andere
  wird als unbedeutsam übergangen.)
- textverarbeitendes Lesen
- erschließendes Lesen (Die Strategie beinhaltet die gleichen Vorgehensweisen, wie beim Erschließen
  von unbekannten Wörtern)  - 
- Benutzung des Wörterbuches (Bei unbekannten Wörtern können diese im Wörterbuch nachgeschlagen
  werden.)
- predicting (Der Leser stellt Vermutungen über den weiteren Textverlauf auf.
- Sinnfragen stellen (Um über das „word-by-word reading“ hinweg zu kommen, ist es erforderlich, dass der
  Leser sich immer wieder Sinnfragen stellt z. B. in Gedanken oder schriftlich.
- Visualisieren und Strukturieren (Dazu gehören folgende Tätigkeiten: Markieren der wesentlichen Aspekte
  bzw. des Unverstandenen, Bezüge kennzeichnen, den Hauptgedanken gesondert markieren oder „note-taking“
  Haltung (Eine bewusste Haltung einzunehmen, bedeutet benötigte Materialien bereitzulegen, den möglichen ...)

STRATEGIEN ZUM HÖRVERSTEHEN
„Wenn man die Leute irgendwie sieht, dann sieht man ob sie traurig sind, wütend,
also mit dem Gesicht, oder ob die schreien und böse sind. Sag ich mal so.“ (Kind, 2. Klasse)
 
Hörverstehen ist ein mentaler Prozess, der sich in drei Stufen vollzieht: Vom Globalverständnis
zum Grobverständnis und schließlich zum Detailverständnis, wobei die Reihenfolge
nicht festgelegt ist. Die verschiedenen Strategien zum Hörverstehen sind für alle drei
Stufen wichtig. Da Strategien des Leseverstehens wie des Hörverstehens dazu dienen, den
Sinn aus rezipierten Texten zu konstruieren, sind die Strategien ähnlich. Im Folgenden sind
daher die Strategien aufgeführt, die zusätzlich beim Hören hinzukommen (54):
- Strategie Bemerkungen auf Sprechersignale achten (Dazu zählen Sprechersignale wie '
  Mimik und Gestik sowie  Segmentierungsstrategien, die Wörter erkennen lassen, die wichtig
  für die Gesamtstruktur des Gehörten ist.)
- auf Stimmungen achten (Durch das Achten auf die prosodischen Merkmale (Intonation, Rhythmus,
  Stimmhöhe, Lautstärke) oder die Emotionalität (Ironie, Zuneigung, Hass) einer Äußerung lassen sich
  weitere Schlüsse auf den Inhalt ziehen.)
- Assoziieren von Wörtern (Anhand verschiedener Ordnungen von Einzelwörtern in Wortfelder,
  Klassifikationen etc. können SchülerInnen Kollokationen schneller identifizieren und dadurch
  auch die Informationsbearbeitung vorentlasten.)
- note-takingpractice (Zur Entlastung des Gedächtnisses fixieren SchülerInnen verstandene Wörter/
  Hauptaussagen/Aussagen zu einem bestimmten Aspekt.)
- intelligentes Raten (Ausgehend von Verstandenem wird auf Unverstandenes geschlossen. Dabei bezieht
  der Hörer sein Vor- und Weltwissen ein sowie die Strategien, die zur Identifikation von unbekannten
  Wörtern verwendet werden können: Erschließen mit Hilfe der Muttersprache, der Zielsprache, einer

 STRATEGIEN ZUM SPRECHEN
„Nachsprechen hilft mir, dann weiß ich auch ungefähr, wie es ausgesprochen
wird. Ich wende es bei schwierigen Wörtern an, bei denen ich nicht weiß, wie
sie ausgesprochen werden, wenn ich sie lese.“ (Kind, 4. Klasse)

In diesem Bereich sind vor allem Strategien bedeutsam, die bei individuellen lexikalischen
oder strukturellen Defiziten unterstützen. Dazu sind Strategien notwendig, die den Abbruch
der Kommunikation vermeiden, dabei unterstützen in der Fremdsprache zu bleiben
und/oder kommunikativ erfolgreich zu sein. Neben den Strategien zur kreativen Sprach-
konstruktionen kommen Strategien hinzu, die dazu dienen, die insbesondere für den Beginn
des Sprachenlernens notwendige Reproduktion zu unterstützen. Es ergibt sich folgende
Übersicht (55):
- Strategie Bemerkungen
- Definition und Umschreibung (Das benötigte Wort wird definiert oder umschrieben z.B. durch
  die Angabe von bestimmten Merkmalen, Form, Verwendungszweck etc.)
- Verwendung ähnlicher Begriffe (Es wird ein Wort verwendet, das der Bedeutung des gesuchten
  Wortes ähnlich ist.
- Vereinfachung (Das unbekannte Wort wird durch die Verwendung von synonymen Begriffen,
  Gegenteilen oder z.B. über- bzw. untergeordneten Begriffen ersetzt.
- paralinguistische Strategien. Nonverbale Strategien(, wie der Einsatz von Mimik, Gestik und
  Körperhaltung, unterstützen oder ersetzen die verbale Kommunikation.)
- Hilfen anfordern (Hierzu gehören z.B. nach der Bedeutung englischer Wörter fragen
  oder ein englisches Wort erfragen.)
- Auswendiglernen (Sprachmuster werden gespeichert und dienen den Lernenden als
  Ankerpunkte.)
-  Vorsprechen/Nachsprechen (Anhand eines Sprachvorbilds (Lehrer, Medien etc.) hört das Kind
  z.B. einen Dialog oder einen Reim, den es anschließend nachspricht.)
-  Lautes Vor-sich-hin-Sprechen (Das Kind wiederholt den Lernstoff, in dem es die sprachlichen
  Mittel aktiv verbalisiert.)

SELBSTSTÄNDIGKEIT
„Language learning and language use strategies can have a major role in
helping shift the responsibility for learning off the shoulders of the teachers
and on to those of the learners.“ (56)
 
Trotz der Vielzahl an erziehungswissenschaftlichen Theorien und pädagogischen Konzepten
zeichnet sich der Konsens ab, dass Selbstständigkeit oberstes Ziel pädagogischen Handelns
ist bzw. sein sollte, der Unterricht in seiner Gesamtheit dem Bildungsziel Selbstständigkeit
verpflichtet ist und dieses Ziel nicht auf einzelne Phasen beschränkt wird (57).

Auch die Begründungen für die Entwicklung von Lernerstrategien können zum
großen Teil dem Ziel der Selbstständigkeit untergeordnet werden. Wie schon erläutert,
kann die Entwicklung von Lernerstrategien damit entscheidend zur Selbstständigkeit
beitragen. Aufgrund des übergreifenden Ziels mit der Entwicklung von Lernerstrategien
neben den fachlichen Kompetenzen auch die Selbstständigkeit nachhaltig zu beeinflussen,
wird in diesem Abschnitt näher auf Selbstständigkeit und Lernerstrategien eingegangen.

Selbstständigkeit wird in dieser Arbeit als selbstgesteuertes und selbstbestimmtes Lernen
verstanden. Während selbstgesteuertes Lernen motivationale, kognitive, metakognitive und
ressourcenbezogene Steuerung umfasst, meint selbstbestimmtes Lernen die eigenverantwortliche
Entscheidung darüber, was und wie gelernt wird. Die Fähigkeit bzw. der Wille zum
selbstständigen Lernen bestimmt dabei darüber mit welchem Maß an Selbstständigkeit
die selbstbestimmte Arbeit erledigt wird. (58)

Der Grad an Selbstständigkeit kann in drei Stufen gegliedert werden (59). In der ersten Stufe
beherrschen die Lernenden die „technische Selbstständigkeit“. Das bedeutet, sie sind dazu
in der Lage, ihr Lernen selbstständig zu organisieren und zu planen: den Arbeitsplatz angemessen
zu gestalten, sich ein geeignetes Ziel zu setzen, Material zusammenzutragen, Informationen
zu beschaffen, Schritt für Schritt die Lernhandlung festzulegen etc.

 Hat sich z.B. ein Kind das Ziel gesetzt, eine Kommunikationssituation in einem Supermarkt sprachlich
bewältigen zu können, so kann es damit beginnen, wichtige Fragen und Antworten zu sammeln,
um daraus einen Dialog zu entwickeln. Dabei hat die Lehrperson keine passive Rolle, im Gegenteil:
Er unterstützt das Kind aktiv und achtet beispielsweise auf die Übertragbarkeit und Authentizität
der sprachlichen Mittel. Die „inhaltliche Selbstständigkeit“ integriert dazu die Fertigkeit, den Inhalt
der Sache zu erarbeiten. Dabei muss der Inhalt mit dem Vorwissen verknüpft werden, eine andere
Darstellungsform gesucht werden oder zusätzliche Informationsquellen genutzt werden.

Haben die Lernenden sich also eine sinnvolle Einkaufssituation organisiert, so kann er nun durch
mehrfaches Anhören, auswendig lernen, sprechen, Interaktion mit anderen, Rollenspiele,
Erweitern des Dialogs und Übertragen auf andere Verkauf-/Kaufsituationen den Wortschatz und
die sprachlichen Strukturen aufnehmen und verarbeiten. Die dritte Stufe, die „reflektierende
Selbstständigkeit“, beinhaltet außerdem den Aspekt der Evaluation. Hier überwachen die Lernenden
ihren Lernverlauf und Lernfortschritt, schätzt seine Leistung ein, erkennt Schwierigkeiten und
reagiert auf die vorangegangene Einschätzung des Lernfortschritts. Außerdem prüfen die
Lernenden, wie effektiv ihre Herangehensweise war, um daraus einen Gewinn für zukünftiges
Lernen zu ziehen. Das Kind, das den Dialog lernt, erkennt Schwierigkeiten z.B. bei
der Aussprache und versucht sie zu beheben, indem es weitere Ressourcen heranzieht.

KOMPETENZEN DER LEHRENDEN
Das Entwickeln von Lernerstrategien stellt eine besondere pädagogische Herausforderung
dar (60). Die Lehrenden müssen vorab ergründen, welche Lernerstrategien es im Englischunterricht
gibt, verschiedene Konzepte zur Vermittlung von Lernerstrategien analysieren, ein
geeignetes Konzept erarbeiten und es den Bedingungen der Schule anpassen. Die Visualisierung
des Englischlernweges sowie die Bezeichnungen der Strategien müssen für die Kinder klar
und angemessen aufbereitet sein. Dieses Konzept ermöglicht sehr eindringlich, das Englischlernen
jedes einzelnen Kindes in den Blick zu nehmen und den Lernprozess zu begleiten und zu evaluieren.

Die Lehrenden sind gefordert eine Lernatmosphäre und -umgebung zu schaffen, in der die
SchülerInnen mit ihrem Sprachlernen experimentieren können und dazu motiviert werden (61).

Im Rahmen einer sinnstiftenden Kommunikation werden Gespräche über Sprachenlernen initiiert
und herausgefordert, um mit den Kindern über ihre  Lernerstrategien im Englischunterricht zu
reflektieren (62).

Auch im Bereich des Beratens sind Lehrende in hohem Maße dazu aufgefordert, mit den Kindern
über individuell sinnvolle Strategien zu sprechen und sie in ihrem Lernprozess zu unterstützen (63).

Dabei muss eine personenzentrierte Haltung eingenommen und auf die individuellen Kompetenzen,
Interessen, Neigungen, Fähigkeiten und Sichtweisen der Lernenden eingegangen werden –
ohne die subjektive Wahrnehmung als Maßstab zu gebrauchen (64).

Im Sinne des erziehenden Unterrichts trägt das Konzept dazu bei, die Kinder besonders in ihrer
Sach- und Selbstkompetenz zu stärken. Durch das Bewusstwerden und Entwickeln der individuellen strategischen
Kompetenz im Englischunterricht können sich die Kinder als kompetente Fremdsprachenlerner wahrnehmen (65).

BEDINGUNGEN DER SCHULE
„Wir begriffen, den Kindern die Verantwortung für ihr Lernen zurückzugeben [...].“ (66)

Von der Seite der Lernenden setzt das Entwickeln von Lernerstrategien besondere Kompetenzen
voraus. Sich eigene Ziele zu setzen erfordert die Fähigkeit der Kinder, ihren eigenen
Lernprozess reflektieren zu können, um einzuschätzen, was sie als nächstes lernen
müssen. Gleichzeitig müssen die Kinder Strategien kennen, die ihnen dabei helfen, ihre
eigenständig gesetzten Ziele erreichen zu können.

In der Grundschule Harmonie arbeiten die Kinder selbstbestimmt an eigenen Aufgaben,
Herausforderungen und Zielen. Sie beschäftigen sich mit verschiedensten Themen handlungsorientiert,
weitgehend selbstständig und ohne Fachgrenzen. Sie sind es gewohnt, ihr
Lernen und ihre Lernerstrategien täglich im Klassenkreis zu reflektieren und zu evaluieren,
um ihren individuellen Lernweg effektiver zu gestalten (67).

 Dabei beraten sich die Kinder gegenseitig. Durch die Arbeit in jahrgangsübergreifenden Klassen
wachsen die Kinder in diese hohe Form der Reflexions- und Beratungskultur hinein.
Neben den täglichen Klassenkreisen gibt es zahlreiche individuelle Gespräche oder kleinere Kreise,
in denen über das Lernen und die jeweiligen Lernerstrategien gesprochen wird und Optimierungsvorschläge
und Alternativen angeboten werden. In einer solchen Lern- und Lebenskultur wird die
Lehrperson keineswegs überflüssig, sondern wird zum Lernbegleiter und -berater unter
Berücksichtigung der Lehrpläne des Landes NRW. (68)
 
Im Rahmen dieses offenen Lernens an der Grundschule Harmonie bildet der Lernbereich
Englisch noch eine Ausnahme. Englisch findet stark lehrerzentriert statt und ist der einzige
Lernbereich, in dem die Kinder kaum die Möglichkeit haben, selbstbestimmt und eigenverantwortlich
zu lernen. Am Anfang eines Schuljahres wählen die Kinder ein Englischseminar
selbstständig aus, an dem sie dann verpflichtend teilnehmen.

Innerhalb der Seminare werden sie kaum dazu angeleitet, selbstverantwortlich zu arbeiten,
sondern nehmen an dem vom Lehrenden vorbereiteten Programm teil. Nicht nur mehr
Lernerorientierung, sondern auch mehr Selbstständigkeit, Selbstverantwortung und -bestimmung
stellen sicherlich besonders im Fach Englisch eine besondere Herausforderung dar, da dem Lehrenden
als sprachliches Vorbild im Englischunterricht eine bedeutende Rolle zukommt. Mit dem
Ausbilden von Lernerstrategien kann dennoch ein erster Schritt zu größerer Selbstständigkeit
auch im Englischunterricht geleistet werden.

Der Begriff und die Bedeutung von Strategie sind nur wenigen Kindern im Vorfeld bekannt.
einige  können ohne weitere Erklärungen von mir den Begriff der Strategie
erläutern: „Eine Strategie ist sowas wie ein Plan, den man macht.“, „Eine Strategie ist
ein Weg, den man sich ausdenkt, um zu etwas zu kommen.“

Alle anderen Kinder benötigten konkrete Beispiele, um den abstrakten Strategiebegriff zu verstehen.
Den meisten Kindern fiel es dann leicht, das Konzept der Strategie auf den Englischunterricht zu
übertragen, allerdings bezogen sie dabei ihr Strategieverständnis vor allem auf die vier
Fertigkeiten im Allgemeinen. Folgende Strategien nennen sie beispielsweise vor Beginn
des Konzeptes:
·  „Auf Englisch reden, Englisch lernen, lesen.“
· „Sprechen, danach das Schreiben.“
· „Naja, erstmal Buchstaben und Wörter, dann Sätze, genauso wie im Deutschen.“
· „Aufschreiben, aussprechen meistens als erstes, das bestimmte Land bereisen.“
· „Das weiß ich jetzt nicht, weil irgendwie lern ich das. Ich weiß es selber nicht.“
 
ÜBERLEGUNGEN ZUM KONZEPT
„Language teaching and learning [...] shifted from an interest in the mechanisms
of language to an interest in the mechanisms of the language learner.” (69)

Es wurden bereits zwei Verfahren zur Entwicklung von Lernerstrategien gegenüber
gestellt. In Anlehnung an Tönshoff (70) beinhaltet das Konzept dieser Arbeit Aspekte von
damit der Verlagerung in dem oben dargestellten Zitat gerecht, berücksichtigt die Situation
der Schule sowie die Lernvoraussetzungen der Kinder. Aufgrund der Selbstverständlichkeit
des Reflektierens über individuelle Lernerstrategien in den anderen Lernbereichen
wird davon ausgegangen, dass die Kinder dies mit gezielter Anregung auch auf den Englischunterricht
übertragen können. Abhängig von dem Grad der Öffnung des Unterrichts (71)
und den vorliegenden Bedingungen der jeweiligen Schule und Lerngruppe wird die Selbstbestimmung
der Kinder bei der Durchführung des Konzeptes weitgefasster oder deutlicher eingegrenzt sein.

Das Konzept gliedert sich in drei Phasen. Die erste Phase dient dem Bewusstwerden, Reflektieren
und Festhalten der Strategien, die die Kinder bereits verwenden.
In der anschließenden Phase werden die Strategien der Kinder von mir ergänzt. Der
Schwerpunkt dieser Phase liegt auf dem Erproben aller bewusstgewordenen und erarbeiteten
Strategien. Dabei soll jedes Kind für sich herausfinden, welche Strategien ihm dabei
helfen, Englisch zu lernen und welche nicht. Während das Bewusstwerden der Strategien
in der ersten Phase in das alltägliche Unterrichtsgeschehen integriert ist, weist die Strategieerprobung
Merkmale des expliziten Strategietrainings auf (72).

Obwohl die Kinder in offener Weise ihre Arbeit selbst bestimmen, wählen sie hier bewusst
eine Strategie aus, deren individuelle Qualität sie prüfen. Es wird zudem Wert darauf gelegt,
dass die Kinder die Strategien ausgehend von den gemeinsam erarbeiteten Strategien selbstbestimmt erproben.

In der dritten Phase wird ausgehend von den Kindern eine Visualisierungstechnik erarbeitet
und eingesetzt, die den Kindern ermöglicht, die gewonnenen Einsichten über ihre Lernerstrategien
festzuhalten. Diese Visualisierungstechnik wird nicht vorgegeben, sondern bewusst mit den Kindern
entwickelt, um eine möglichst hohe Identifikation mit dem Visualisierungsgegenstand
zu ermöglichen. Dazu wird verstärkt mit den Kindern in Einzelinterviews
und Gruppengesprächen über ihre Sichtweisen zu Strategien gesprochen (73).
Diese Gespräche über das Englischlernen, die in jeder Phase stattfinden, werden aufgrund
der Komplexität auf Deutsch durchgeführt.

Während der ersten und zweiten Phase sowie am Ende der dritten Phase finden ständig
Evaluationen statt (74): im Einzelgespräch, in einer kleinen Gruppe oder gemeinsam mit allen
Kindern im Kreis werden die Aussagen der Kinder hinterfragt und vertieft. Bei diesen Gesprächen
dient die Methode des qualitativen Interviews in Form eines Leitfadens als Orientierung (75).

Die Methode des qualitativen Interviews ermöglicht, die Sicht der Kinder
wissenschaftlich zu erfassen. Die Kinder werden dabei als „aktive Subjekte ihrer Lerntätigkeit
und Realitätsverarbeitung begriffen“ und können aufgrund der offenen Gesprächs-
technik ihre eigenen Vorstellungen artikulieren (76). Wichtig ist es hierbei, die Aussagen der
Kinder ernst zu nehmen, nicht zu bewerten und den Perspektiven und Denkformen der
Kinder mit Empathie, Geduld und Offenheit zu begegnen (77).

DURCHFÜHRUNG UND ENTWICKLUNG DES KONZEPTES
Das Konzept zur Entwicklung von Lernerstrategien wurde in der Englischlerngruppe
„Learning In My Own Way“ erprobt. Die Kinder dieser Gruppe haben sich zu Beginn des
Schuljahres freiwillig für diese Lerngruppe entschieden. Das Konzept wurde über einen
Zeitraum von 12 Wochen erprobt. Um die spätere Übertragbarkeit auf andere Klassen der
Grundschule zu gewährleisten, wurde bei der Auswahl darauf geachtet, dass die Lerngruppe
jahrgangsübergreifend (2-4) ist. Erstklässler wurden aufgrund der Durchführung im
ersten Halbjahr des Schuljahres und der Komplexität nicht aufgenommen. Die Lerngruppe
setzt sich aus 18 Kindern, mit 11 Mädchen und 7 Jungen zusammen. Davon befinden sich
7 Kinder im 4., 5 Kinder im 3. und 6 Kinder im 2. Schuljahr.

BEWUSSTWERDEN VORHANDENER LERNERSTRATEGIEN
„Das ist ein schönes Gefühl, wenn einem auf einmal einfällt, wie man Englisch lernt.“

(Kind, 2. Klasse)

Der Fokus lag zu Beginn der Unterrichtsreihe zu Lernerstrategien auf dem Inhalt des von
den Kindern gewählten Unterrichtsgegenstands. Das bedeutet, dass sich die Kinder eigene
Interessensschwerpunkte setzten und dabei noch nicht bewusst die benötigten Strategien
berücksichtigten . So entwickelten Lisa (2. Klasse), Lea (3.) und Celine (4.) ein
eigenes Theaterstück und führten es auf. Julian und Tim (beide 4.) schrieben ihre Abenteuerreise
auf Englisch auf, David (2.), Dominik (2.), Anna (2.) und Lukas (4.) übten verschiedene
Dialoge und Astrid und Alexandra (beide 2.) lernten authentische ‚clapping games‘.

Meine Aufgabe hierbei war es, die Kinder bei ihren individuellen Projekten zu
unterstützen, ihnen geeignete Materialien an die Hand zu geben und dabei die Inhalte soweit
zu lenken, dass sie machbar und gegenüber dem Lehrplan verantwortbar sind. Zudem
wurden die individuellen Gespräche während der Erarbeitungszeit dazu genutzt, das Nachdenken
über die benutzten Strategien anzuregen. Je nach Grad der Öffnung des Unterrichts
können hier die Arbeitsmöglichkeiten weiter geöffnet oder eingegrenzt werden.

Nachdem die Kinder jeweils an ihren eigenen kleinen Projekten gearbeitet haben, wurde am
Ende jeder Englischstunde im Kreis gemeinsam reflektiert, welche Strategien sie verwendet
hatten. Dazu hingen an der Tafel fünf große Plakate, auf denen die fünf Strategiebereichen,
neue Wörter, Schreiben, Leseverstehen, Hörverstehen sowie Sprechen, aufgelistet waren.

Ziel dieser Phase war es, die Plakate mit den Lernerstrategien der Kinder zu
füllen. Zu Beginn war es dabei hilfreich, auf konkrete Situationen einzugehen und anhand
derer zu beraten, welche Strategien verwendet werden können.

Auch erwiesen sich Fragen wie „Was passiert in deinem Kopf, wenn du einen Text liest/
etwas hörst/ mit jemandem sprichst/...?“, „Wie schaffst du es, das zu verstehen?“,
„Was hilft dir dabei?“ als günstig, um die vorhandenen Strategien ins Bewusstsein zu bringen.

Den Kindern fiel es im Laufe der Zeit zunehmend leichter, sich in die abstrakte Ebene der
Strategien hineinzudenken. So konnten wir immer mehr Strategien sammeln. Schnell etablierte
es sich zudem, dass viele Kinder bereits während der Arbeit auf den Strategieplakaten die
verwendeten Strategien eintrugen und nicht mehr explizit die gezielte Reflektion am Ende
benötigten, um der Strategien bewusst zu werden. So stellte Lea (3. Klasse) fest:
„Wenn ich am Theaterstück dran bin und den Text sprechen will, fällt mir auf einmal im Kopf
ein, das mach ich ja so und so und dann schreib ich das sofort auf.“

Die  aufgeführten Strategien haben die Kinder zu einem großen Teil selbstständig
erarbeitet. Anhand der folgenden Zuordnung wird deutlich, welche Bezeichnungen die
Lernenden für ihre Strategien gefunden haben. Dabei ist auffällig, dass die Kinder viele
Strategien nennen, bei denen keine direkte Zuordnung möglich ist. Diese Strategien sollten
nicht als falsch angesehen werden, sie liefern vielmehr wertvolle Einsichten in die Denkweise
der Lernenden.
- Kinderstrategien Zuordnung
- neue Wörter kennenlernen
- „Hört man irgendwo“ ---
- sich selbst übersetzen ---
- Wörterbuch benutzen Benutzung des Wörterbuches
- Leute fragen, die gut Englisch können ---
- mit Engländern sprechen --- - merken
- auf Karteikarten aufschreiben und wiederholen
- häufige Wiederholung, Erstellen einer Wortschatzkartei
- oft wiederholen: aufschreiben, dann aussprechen;
- um die Schule gehen und sagen
- häufige Wiederholung, Auswendiglernen
- ganz oft sagen häufige Wiederholung, Lautes Vor-sich-hin-Sprechen
- lesen, aufschreiben, im Kopf merken und wieder gucken
- Auswendiglernen
- Ähnlichkeit mit Deutsch oder einer anderen Sprache
---
Schreiben
- erst sprechen, dann fällt das Schreiben leichter
- eigene deutsche Geschichten übersetzen ---
- Wörterbuch benutzen Benutzung des Wörterbuches
- abschreiben und danach kontrollieren, Korrektur lesen
- Gedanken sammeln Ideen- und Redemittelsammlung
Leseverstehen
- wenn ich ein Wort nicht kenne: überlegen,
- was etwas heißt, manche Wörter kenne ich woanders her,
- Wörterbuch benutzen, genau gucken, was vorher und nachher kommt
erschließendes Lesen, Benutzung des Wörterbuches
- erst nur die Wörter lesen, die ich schon kenne „skimming“/“reading for gist“
- Bücher lesen, die englische und deutsche Schrift benutzen
- erst sprechen lernen, dann kommen die Wörter auch beim Lesen durch
- markieren/anmalen: was ist wichtig, was verstehe ich nicht?
- visualisieren und strukturieren
Hörverstehen
- überlegen, was etwas heißt, manche Wörter kenne ich woanders her,
- genau gucken, was vorher und nachher kommt
- intelligentes Raten (besonders der Vergleich mit der Muttersprache)
- auf Gesicht und Bewegungen achten, Gesichtssprache
- auf Sprechersignale achten
- wie jemand spricht auf Stimmungen achten
- Melodie der Sprache (Frage oder Antwort) auf Stimmungen achten
- dazu schreiben „note-taking-practice“
- auf Wörter achten, die ich kenne „skimming“, speziell bei einem Film oder Buch
- auf die Bilder achten intelligentes Raten
- Untertitel englisch/deutsch einstellen ---
- vorher auf Deutsch lesen/gucken ---
Sprechen
- vorsprechen/nachsprechen vorsprechen/nachsprechen
- vorher überlegen und genau aufschreiben ---
- vorher überlegen und als Stichpunkte aufschreiben
- „note-taking-practice“
- Stichwörter sagen ---
- (einen Dialog oder eine Theaterszene) auswendig lernen
- auswendig lernen
- wenn mir ein Wort nicht einfällt: ein anderes überlegen
- Verwendung ähnlicher Begriffe
- Wort erklären Definition und Umschreibung
- Hände und Füße benutzen paralinguistische Strategien
- laut vorsagen lassen ---
- jemanden fragen, was etwas heißt Hilfen anfordern

Einige der Strategien scheinen auf den ersten Blick eher ein Inhalt zu sein, also nicht der
Frage gerecht zu werden „Wie lerne ich?“ sondern „Was kann ich machen?“.
Bei genauerer Betrachtung und intensiven Gesprächen mit den Kindern stellte sich aber
heraus, dass die Kinder z.B. auch in der Strategie „eigene deutsche Geschichten übersetzen“
einen Weg sahen, der ihnen dabei hilft, Englisch zu lernen. So wurde diese Strategie bewusst
dazu verwendet, Einsichten in den Satzbau der englischen Sprache zu erlangen. Daher sollten
die Aussagen der Kinder nicht als falsch abgestempelt werden, sondern im Gespräch versucht
werden, die Konzepte der Kinder über ihre Lernerstrategien zu verstehen.

ERPROBEN NEUER STRATEGIEN
„Each learner develops strategies and techniques which suits his or her individual
needs and personality and implements these in different ways.” (79 )

In dieser Phase wurde die Zielsetzung des Unterrichts eindringlich auf die Strategien gelenkt.
Dabei wird davon ausgegangen, dass Strategien nicht an sich „gut“ sind, sondern erst
im Zusammenhang mit den Lernenden und ihren individuellen Hintergründen als „gut“
oder „schlecht“ definiert werden können. Dementsprechend war das Ziel in dieser Phase,
dass die Kinder gezielt Strategien auswählen und ausprobieren, um im Anschluss zu evaluieren,
ob und aus welchem Grund die Strategie jeweils hilfreich für ihr Englischlernen ist oder nicht.

Der Inhalt und die Projekte der Kinder wurden zugunsten der Strategien in den  Hintergrund
geschoben. Anders als erwartet, hatten die Kinder keine Motivationsschwierigkeiten,
sondern waren gespannt darauf, ihre Lernerstrategien gezielt zu erforschen. Dazu
beigetragen hat, dass die Kinder aufgrund des praktizierten offen Unterrichts ihre Projekte
auch unabhängig vom Englischunterricht vertiefen konnten. Zudem war die Strategiewahl
in einigen Fällen mit dem Projekt vereinbar.

Im Vorfeld und in Anlehnung an den dargestellten Strategienfundus von Haß und Rampillon
wurden von mir Strategien ausgewählt, die zum einen besonders relevant für die Grundschule
sind und zum anderen den Bedingungen der Grundschule Harmonie und der Lerngruppe entsprechen.
#
Daher wurden im zweiten Teil die Strategien explizit angesprochen, die die Kinder während
der Phase des Bewusstwerdens nicht genannt hatten und gleichzeitig eine Bedeutung für das
Englischlernen in der Grundschule darstellen. Dazu zählten Folgende:
- Hör- und Leseverstehen
· das Assoziieren von Wörtern
· „scanning“
· „predicting“
- Sprechen
· Vereinfachung
- Schreiben
· motivierendes Schreibziel festlegen.

Diese Strategien wurden eingehend besprochen und anhand von Beispielen von mir und
einzelnen Kindern veranschaulicht. Dabei wurde deutlich, dass die Strategie „ein motivierendes
Schreibziel festlegen“ für die Kinder so selbstverständlich war, dass sie zuvor nicht
als Strategie wahrgenommen worden ist.

Die Englischstunden dieser Phase begannen damit, dass die Kinder im Anfangskreis die
Strategie, die sie erproben möchten, auf einen Wegweiser schrieben. Dabei wurde darauf
geachtet, dass sich die Zweitklässler überwiegend mit Strategien aus den Bereichen „Sprechen“,
„Hörverstehen“ und „Erwerb sprachlicher Mittel“ beschäftigen. Im Kreis stellten sie
anschließend kurz die Strategie vor, erklärten und berieten sich, welche Materialien und
welchen konkreten Anwendungsbezug sie benötigen, um die ausgewählte Strategie zu erproben.

Nach diesem Kreis hatten die Kinder die Gelegenheit, die Strategie zu erforschen und zu prüfen.
Im Abschlusskreis wurde schließlich gemeinsam evaluiert, welche Strategien die Kinder für sich
sinnvoll fanden. Dazu erklärten sie jeweils, aus welchem Grund und zu welchem Maß sie ihre
Strategie als hilfreich erachteten. Auf dem Wegweiser hielten die Kinder schließlich mit einem
Symbol fest, ob die erprobte Strategie hilfreich war oder nicht.

LERNERSTRATEGIEN-LANDKARTE

„Wenn man keine Strategien hat, hat man keinen Weg und wenn man keinen Weg hat,
dann fällt man ins Leere.“ (Kind, 3. Klasse)
 
Dieses Verständnis von Strategien wurde von vielen Kindern übernommen. Für sie wurden
Strategien zu Wegweisern, die den Weg zum Englischlernen zeigen, wenn sie hilfreich
sind. So begannen wir in der zweiten Phase damit, die zu erprobenden Strategien auf
Wegweiser aufzuschreiben. Ein Kind (2. Klasse): „Und wenn so eine Strategie blöd ist, dreh
ich das Schild [den Wegweiser] so um, damit ich nicht falsch rumlaufe.“

Aufgrund der Akzeptanz und dem anschaulichen Verständnis des Wegweisers wurde die
Idee der Lernerstrategien-Landkarte entwickelt, die im Kunstraum umgesetzt wurde. Jedes
Kind bekam ein DinA-3 Blatt und den Auftrag seinen individuellen Englischlernweg aufzumalen,
an dessen Anfang das jeweilige Kind und am Ende das Ziel „Englisch lernen“
stehen sollten. Als Anregung ist es sinnvoll, den Kindern eine mögliche Lernerstrategien-
Landkarte vorzustellen.

Die Befürchtung, dass sich die Kinder zu stark an dem Beispiel orientieren würden,
bestätigte sich nicht. Im Gegenteil: die Kinder kreierten unterschiedlichste
individuelle Landkarten.

Zwei Lernerstrategien-Landkarten sind im Folgenden exemplarisch dargestellt:

Abb. 1: Landkarte von Astrid, 2. Klasse Abb. 2: Landkarte von Lisa, 2. Klasse
Die Wege der Kinder, die zum Englischlernen führen, sind nicht ohne Hindernisse. So gibt
es Baumstämme, die über dem Weg liegen, wie bei Maja (3. Klasse): „Da muss man erstmal
rüber klettern, Englisch lernen ist ja auch nicht so einfach,“ oder Lisa (2.), die ihren
Weg wie Serpentinen und mit vielen Bergen über das Blatt schlängelt und dies folgendermaßen
begründet: „Ich habe noch einen langen Weg vor mir und da gibt es viele Berge. Es
ist anstrengend einen Berg hochzuklettern und Englischlernen ist manchmal richtig anstrengend.“
Lukas (4.) baut Piraten auf seinem Englischweg ein, „Da komm ich nur vorbei,
wenn ich ganz viel Englisch mit dem spreche!“
 
Die Wege, die von dem richtigen Englischlernweg abgehen, sind gekennzeichnet mit Löchern,
Schluchten, gefährlichen Kaninchen, landen in einer Sackgasse oder heißen z.B.
„Papaweg“ und „Mamaweg“, wie bei Celine (4. Klasse): „Die lenken mich immer vom
Lernen ab.“ Damit machen die Kinder deutlich, dass es immer wieder Situationen gibt, die
sie am Englischlernen hindern und sie vom Englischlernen abbringen.

Tim (4. Klasse) und Pascal (3.) fassen ihre Landkarten weiter. Die Wege ihrer Landkarten
enden jeweils in einem Lernbereich. Neben einem Englischlernweg gibt es einen Mathematiklernweg,
Deutschlernweg, Themalernweg, Spiellernweg, usw. Tim erklärt: „Man lernt ja eigentlich immer
irgendwas, ob ich jetzt diesen Weg gehe oder den hier. Die Sachen, die man lernt sind nur anders.“

Die Landkarten sind veränderbar, genauso wie sich die Strategien ändern können, die zu
bestimmten Zeitpunkten nützlich sind. Fabian (4. Klasse) deutet das in seiner Landkarte
an, denn die beiden Wege, die von seinem Englischlernweg fortgehen, führen durch Wirbelstürme
nach Amerika und Australien. Er erläutert: „Bevor ich nach Amerika oder Australien
gehe, muss ich erstmal richtig viel Englisch lernen. Vorher verstehe ich da ja sowieso nichts.
Aber später kann es mir viel helfen, wenn ich den Weg nach Amerika gehe und mit richtig
englischen Leuten spreche. Dann mach ich dort auch den Wirbelsturm weg und dann ist das
mein neuer Englischlernweg.“

Nach dem Erstellen der Lernerstrategien-Landkarte bekamen die Kinder den Auftrag, ihre
Strategien auf von mir vorbereiteten Wegweisern aufzuschreiben und auf die Landkarte zu
kleben. Dabei sollten sie die Strategien aufkleben, die sie während der Phasen des Bewusstwerdens
und des Ausprobierens der Strategien als hilfreich oder nicht hilfreich bewertet haben:
die hilfreichen Strategien werden auf dem Englischlernweg befestigt, während die (noch) nicht
hilfreichen Strategien auf Wege geklebt werden, die vom Englischlernweg wegführen.

AUSWERTUNG DES KONZEPTES
Mein Ziel war es herauszufinden, ob und wie es gelingt mit Kindern über Strategien ihres
Englischlernen zu reflektieren und diese weiterzuentwickeln, um daraus Konsequenzen für
ihr weiteres Englischlernen ziehen zu können. Dazu ist die Auswertung von drei Fragen
notwendig:
· Inwiefern besitzen die Kinder bereits Lernerstrategien?
· Inwiefern können die Kinder zielgerichtet Strategien erproben?
· Inwiefern können die Kinder die Auswahl ihrer Lernerstrategien begründen?

Da Selbstständigkeit eine weit umfassende und bedeutende Begründung für das Entwickeln
von Lernerstrategien ist, wird zudem ansatzweise darauf eingegangen, inwiefern
die Kinder anhand ihrer untersuchten Lernerstrategien und der entwickelten Lernerstrategien-
Landkarte die Möglichkeit haben, selbstständiger den Lernbereich ‚Englisch‘ anzugehen.

Anhand der Abschlussinterviews und der Kreisgespräche, die ich meinen Beobachtungen
gegenüberstelle, möchte ich diese Punkte nun näher untersuchen. (80)
 
AUSWERTUNG: BEWUSSTWERDEN VORHANDENER LERNERSTRATEGIEN

Um die erste Phase zu evaluieren, ist die Frage „Inwiefern haben die Kinder bereits Lernerstrategien?“
zielführend, da eine Phase für das Bewusstwerden von vorhandenen Lernerstrategien
nur Sinn macht, wenn die Kinder tatsächlich über Lernerstrategien verfügen.

Dazu wurden vor Beginn der Reihe Einzelinterviews geführt, um herauszufinden, inwiefern
sie bereits Strategien, die für sie hilfreich sind oder nicht, benennen, an Beispielen
darlegen oder beschreiben können. Ergänzend wurden Beobachtungen bei den Kindern
durchgeführt, die ihre Lernerstrategien noch nicht verbalisieren konnten.

Bei den ersten Gesprächen wurden verschiedene Ebenen über das Bewusstsein von Lernerstrategien
deutlich. So gab es ein Kind, das noch keine Strategien benennen konnte. 9 Kinder erklärten
hilfreiche und nicht hilfreiche Strategien, aber bezogen diese nicht auf sich als individuellen Lerner,
sondern stellten sie als allgemein hilfreich bzw. nicht hilfreich dar, wie Celine: „Also man liest ein
englisches Wort. Dann nimmt man sich ein englisches Blatt und schreibt es aus dem Kopf auf.
Dann kann man gucken, ob man es richtig geschrieben hat.“

8 Kinder waren bereits in der Lage, einige Lernerstrategien zu nennen, die
konkret auf sie als Lerner bezogen waren, wie bei Fabian: „Bei mir ist das so: Ich lerne die
Wörter, aber ich spreche die meistens nicht. Aber die prägen sich bei mir auch so gut ein.“

Den Kindern fiel es leichter, die hilfreichen Strategien zu benennen. Dabei wurden am
häufigsten Merkstrategien genannt (8) (81). So wusste Fabian (3. Klasse) schon, wie er sich
Wörter gut merken kann: „Ich wiederhol es mir hier drin [zeigt auf seinen Kopf]. Ich denke
nämlich immer sehr viel nach, auch wenn man mir das gar nicht ansieht.“

Bei Maja (4. Klasse) fließen zusätzlich Aspekte des Lerntyps mit ein: „Ich hab mir das in den Kopf
gesetzt. Wir haben englische Bilderbücher und ich hab das immer wieder gesagt und dann ist es
mir in den Kopf gegangen. Wenn ich die Sachen sehe, dann kann ich das auch irgendwie auswendig.“

Strategien der Bereiche „neue Wörter“ und „Sprechen“ (jeweils 6) sind ebenso stark vertreten.
4 Kinder nannten das (elektronische) Wörterbuch als wesentliche Strategie, um
neue Wörter zu lernen. Aber auch das Bedürfnis neue Wörter von einer kompetenten Person
zu lernen, wurde mehrfach genannt, wie Celine es äußert: „Ich würde jetzt Spanisch
lernen. Und da frag ich jemanden, ob er Spanisch kann. Wenn er „Ja“ sagt, dann frag ich
ihn, was „Hallo“ heißt. Dann sagt er „Hola“. Dann sag ich „Okay“ und schreib es mir
auf. Dann vergesse ich das mein Leben nicht mehr.“

Beim Sprechen wurde die Bedeutung von Muttersprachlern der Fremdsprache betont sowie das
Vor- bzw. Nachsprechen von englischen Wörtern/Strukturen. David macht deutlich, dass Strategien
der Bereiche „neue Wörter merken“ und „sprechen“ für ihn eng miteinander verbunden sind:
„Man muss versuchen, die Sachen richtig im Kopf zu behalten und wenn dann Engländer da sind
mit denen zu sprechen.“

Zum Hörverstehen (4) wurde überwiegend auf die Wichtigkeit von Mimik und Gestik eingegangen:
„Wenn man die Leute irgendwie sieht, dann sieht man, ob sie traurig sind, wütend also mit dem
Gesicht oder ob die schreien und böse sind.“, so Alexandra. An dieser Stelle wird die Vereinfachung
des Lernens bei gleichzeitigem persönlich-emotionalem Bezug deutlich.

Strategien, die die Kinder als nicht hilfreich bezeichnen sind überwiegend allgemeine Strategien
des Lernens (9). So hebt Lisa z.B. die Rolle der Motivation hervor: „Manchmal, wenn man sich weh tut,
dann vergisst man manche Sachen oder wenn man Ärger bekommt und heult, speichert es so der Kopf
und man weiß es nicht mehr.“ Der Bereich „Lesen“ wurde von vier Kindern insgesamt als unnütz
angesehen und wie bei Astrid sinnvoll begründet: „Ich kann noch nicht so gut lesen, deswegen
hilft mir Lesen nicht.“

Simon (2. Klasse) konnte zum Zeitpunkt der Durchführung noch keine Strategie benennen,
die ihm beim Englischlernen hilfreich ist oder nicht. Im Unterricht konnte ich feststellen,
dass er zusammen mit einem anderen Kind arbeitete und sie gemeinsam einen Dialog eingeübt
hatten. Dabei wendete Simon z. B. Merkstrategien an. Es schien ihm zu helfen, einzelne
Wörter auf seinem Dialogzettel bunt anzumalen und den Dialog mit seinem Partner
oft durchzusprechen.

Der Blick auf die einzelnen Kinder zeigt, dass sie vor Durchführung der Unterrichtsreihe
schon Lernerstrategien, besonders Merkstrategien und allgemeine Strategien, kennen und
anwenden. Die Erarbeitung der Strategien legt dar, dass den Kindern während der
Phase des gezielten Bewusstwerdens von Strategien solche bewusst wurden, die sich zum
einen auf das Leseverstehen und das Schreiben beziehen und die zum anderen die übrigen
Bereiche weiter ausbauen.

Die Phase des Bewusstwerdens der Lernerstrategien war ferner sinnvoll, um den Umfang
der von den Kindern ausgehenden Strategien gezielt zu erweitern. Die intensiven Gespräche
konnten den Kindern ihre Lernerstrategien „entlocken“. Die Versprachlichung der
Lernerstrategien diente damit gleichzeitig dem Entwickeln von Lernerstrategien.

Dabei bleibt natürlich ungeklärt, ob es zusätzliche Strategien gibt, die die Kinder noch nicht
äußern können und die gleichzeitig nicht beobachtbar sind, wie z.B. die Strategie „sich in
Gedanken Fragen zum Inhalt stellen“.

Viele der Kinder beziehen die Strategien noch nicht auf ihre Lernerpersönlichkeit, sondern gehen
von allgemeingeltenden Strategien aus. Da es sich bei der Strategieentwicklung um einen
lebenslangen Prozess handelt, ist sie auch für die Kinder, die Strategien schon konkret auf sich
beziehen konnten, nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Strategien müssen ständig auf ihre Gültigkeit
überprüft und gegebenenfalls geändert, ausgetauscht oder erweitert werden.

AUSWERTUNG: ERPROBEN NEUER STRATEGIEN
Um auszuwerten, ob das selbstbestimmte Erproben neuer Strategien sinnvoll ist, wurden
wiederum Kreisgespräche, Einzelinterviews und Beobachtungen durchgeführt. Dabei ist
die Frage zielführend, inwiefern die Kinder Strategien zielgerecht erproben können, d. h.
ob sie sich bewusst eine Strategie ausgewählt und diese konsequent erprobt haben. Die
zielgerichtete Auswahl der Strategie wurde anhand von Interviews untersucht, während zur
Evaluation der konsequenten Erprobung dieser Strategie Beobachtungen durchgeführt
wurden.
Aus den ersten Gesprächen zeichnete sich bei einigen Kindern bereits ein Bedarf zur Erprobung
von bestimmten Strategien ab. So erklärte Lena (4. Klasse): „Ich möchte ein englisches
Buch lesen und weiß nicht was die Wörter heißen, dann kann ich das nicht lesen
und weiß nicht was da steht.“ Hier wird deutlich, dass sie noch keine hilfreichen Strategien
für sich entdeckt hat, mit unbekannten Wörtern in einem Text umzugehen. In unserem Gespräch
vereinbarten wir gemeinsam, dass sie vor allem die Strategien zum Leseverstehen
erproben wird. Auch Fabian und Henrike drückten ihr Interesse an Leseverstehensstrategien
aus. Während Fabian (3. Klasse) schon eine Vorstellung davon hat, wie er sich den
Inhalt eines Textes aneignen kann, „Also ich möchte mal in einem Buch was nachlesen
können, aber nicht nur Quellen82 aus dem Buch suchen.“, äußert Henrike (3.) generelle
Neugier daran: „Ein englisches Buch zu lesen, hab ich noch gar nicht ausprobiert. Das
mach ich mal.“ Pascal (3.) äußerte seine Unzufriedenheit im Bezug auf das Hörverstehen:
„Wenn einer einfach alles auf Englisch sagt, dann kapier ich nicht, was der sagt. Wenn
nur Englisch geredet wird, weil ich dann nicht weiß, was gemeint ist. Dann kapier ich
nichts. Dann hab ich das Gefühl, dass ich einfach zu dumm dazu bin.“ Damit Philipp sich
als kompetenten Lerner im Bereich des Hörverstehens wahrnehmen kann, nahm er sich
vor, vordergründig mit Strategien zum Hörverstehen zu arbeiten.
So gab es immer Kinder, die Strategien so auswählten, dass die Zusammenarbeit mit einem
anderen Kind möglich war. Lena erklärte beispielsweise: „Ich teste Abschreiben. Aber ich
spreche mich nochmal mit Elena ab.“ Genauso kam es vor, dass Kinder nicht zuerst eine
sinnvoll zu erprobende Strategie berücksichtigten, sondern den Inhalt in den Vordergrund
stellten, wie Celine: „Ich möchte einen ‚christmas shop‘ eröffnen.“ Durch zielführende
Gespräche konnten diese Situationen jeweils geklärt werden. Dabei sollte berücksichtigt
werden, dass sich die Lernenden in einem natürlichen Prozess der Strategieaneignung befinden.
Anhand der Wegweiser, auf denen die Kinder in jeder Stunde die zu erprobende Strategie
festhielten, konnte jederzeit verfolgt werden, ob die Kinder tatsächlich an der Strategie
arbeiteten, die sie sich im Planungskreis vorgenommen hatten. Das Ausführen der Strategien
gelang den meisten Kindern, sodass ich die Möglichkeit hatte, einzelne Kinder bei
82 Damit meinte Fabian, auch auf andere Medien als Bücher zurückgreifen zu können, um später in einem
Buch „was nachlesen“ zu können.

ihrer Strategieerprobung zu unterstützen. Während der Arbeit war es allerdings oft so, dass
die Strategie vernachlässigt wurde und die Sache im Vordergrund stand. Dadurch erwies
sich die Evaluation im Abschlusskreis als besonders hilfreich. Hier bekamen die Kinder
nochmals die Gelegenheit, explizit über den Wert ihrer Strategie nachzudenken und zu
reflektieren.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kinder zielgerichtet eine zu erprobende Strategie
auswählen konnten. Die zielgerichtete Erprobung dieser Strategie war problembehaftet.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass für viele Kinder die Forderung, erst eine Strategie
festzulegen und dann ein passendes Problem zu bearbeiten, unnatürlich war83. Aus diesem
Grund war es für viele Kinder schwierig, den Fokus während der Arbeitsphase auf der
Strategie zu behalten. Um den Fokus auch während der Arbeitsphase vom Inhalt der Aufgabe
weg zu den Strategien zu lenken, könnte die Arbeitsphase mit mehreren kürzeren
Kreisgesprächen unterbrochen werden, um durch die Reflexion die Aufmerksamkeit stetig
auf die Strategien zu lenken. Denkbar wären auch mehrere kleine Gesprächskreise, deren
Teilnehmer nach den fünf Bereichen (Leseverstehen, Schreiben, Hörverstehen, Sprechen,
Erwerb sprachlicher Mittel) aufgeteilt sind und die sich in kurzen Abständen treffen, um
die Verwendung der Strategie zu besprechen.


3.5.3 AUSWERTUNG: LERNERSTRATEGIEN-LANDKARTE
Die Zielsetzung für diese Phase war, dass die Lernenden einen Überblick über ihre Lernerstrategien
gewinnen und dabei die erprobten Strategien hinsichtlich ihrer Nützlichkeit reflektieren.
Um diese Zielsetzung zu prüfen, war die Frage leitend, inwiefern die Kinder die
Auswahl ihrer Lernerstrategien begründen können. Dazu wurden Interviews mit den Kindern
über ihre Lernerstrategien-Landkarte durchgeführt, bei denen die Begründungen der
Kinder zu der Auswahl ihrer Strategien im Vordergrund standen.
Die Begründungen dazu, warum eine bestimmte Strategie hilfreich oder nicht hilfreich ist,
fielen unterschiedlich aus. So gab es Kinder, die die Wahl einer Strategie nicht erklären
konnten, wie Kathrin: „‘Englisch abschreiben‘ hilft mir nicht, weiß nicht warum.“ Wenige
Begründungen erweckten den Anschein, dass sie geäußert wurden, um meinen Erwartungen
gerecht zu werden, wie bei Dominik: „‘Wörter abschreiben‘. Das hilft mir, weil
mir das beim Lernen hilft. Das ist eine gute Strategie und dann lernt man auch viel mehr.“
Einige Strategien wurden anhand von Beispielen erläutert. Alexandra erklärt an einem Alltagsbeispiel,
warum ihr die Strategie „lautes Vorsagen“ beim Merken hilft: „‘Laut vorsagen‘
hilft mir. Das kann ich nicht so gut sagen, warum. Hmm, so wie das mit einem
Parkschein ist. Dann sagt der Papa Nr. 130 und dann sagt der das immer wieder und dann
kann ich das irgendwann auch.“ Andere Begründungen knüpften an Situationen aus dem
83 Im Alltag steht man vor einem Problem oder einer Aufgabe und muss anhand derer eine passende Strategie
auswählen, nicht umgekehrt.

gemeinsamen Englischlernen an. Die meisten der Begründungen für die Auswahl der Strategie
bezogen sich jedoch auf die Lernenden selbst. Dabei gingen viele Kinder äußerst differenziert
vor, wie Tim: „‘Vorsagen‘ hilft mir manchmal, wenn es schwierig auszusprechen
ist. Aber wenn es ganz leicht ist, braucht mir das keiner vorsagen.“ Celine unterscheidet
den Nutzen, den sie aus dem Gebrauch eines Wörterbuchs beim Hörverstehen
ziehen kann. Sie hat nicht das Bedürfnis jedes Wort zu kennen, sondern kann sich anhand
von Mimik und Gestik (und den Wörtern, die sie kennt) das globale Verständnis aneignen:
„Ich brauch es manchmal, wenn ich das Wort gar nicht kenne. Wenn ich es ein bisschen
verstehen kann und mir merken kann, brauch ich kein Wörterbuch. Weil dann spricht der
sauer. Und wenn der fröhlich ist, spricht der ganz normal.“
Die Gespräche mit den Kindern ergaben, dass sie am Ende der Unterrichtsreihe genauer
über ihre Lernerstrategien Bescheid wussten. So wurden insgesamt 88 hilfreiche und 42
nicht hilfreiche Strategien in der Lernerstrategien-Landkarte verarbeitet. Die hohe Zahl der
hilfreichen Strategien zeigt, dass die Kinder die meisten erprobten Strategien als brauchbar
bewertet haben. Bei den hilfreichen Strategien wurde am häufigsten die Benutzung eines
Wörterbuches genannt (12), das besonders beim Schreiben, beim Erlernen von neuen Wörtern
und beim Merken hilft. Julian „‘Im Wörterbuch gucken‘ hilft mir, wenn ich Texte
übersetzen will, wenn ich ein Wort nicht weiß, guck ich da nach und weiß es dann und
kann es mir dann auch merken.“
Die Strategie „Vorsprechen/Nachsprechen“ im Bereich des Sprechens wurde von 11 Kindern
als hilfreich bewertet. Henrike begründet den Nutzen folgendermaßen: „‘Vorsprechen
und Nachsprechen‘ hilft mir, weil wenn du mir das z.B. vorsprichst, dann spreche ich das
nach und dann weiß ich, wie man das sagt und kann es mir leichter merken. Wenn ich das
dann öfter mache, kann ich mir das noch besser merken.“
„Abschreiben“ sowie „auf das Gesicht achten“ wurden von 6 Kindern gewählt. Für Julian
liegt der Nutzen des Abschreibens darin, orthografisch korrekt zu schreiben: „‘Abschreiben‘
hilft mir gut, weil dann weiß ich ungefähr, wie es geschrieben wird. Bei manchen
Wörtern weiß ich das nämlich nicht.“ Maja betont die Gefühle, die durch Mimik und Intonation
ausgedrückt werden: „Weil man weiß ja dann, wenn er spricht oder wenn er nicht
spricht, ob er gerade wütend ist oder gerade fröhlich ist. Und man hört es auch an der
Stimme.“
Strategien wie „lautes Vorsagen“, „ganz oft sagen“, „Dialog lernen“ und „auf Bilder achten“
wurde von jeweils 4 Kindern als nützlich erachtet. Lisa erklärt intuitiv die Bedeutung
des mehrkanaligen Lernens: „‘Lautes Vorsagen‘ hilft mir beim Merken. Wenn ich es laut
vorsage und auch höre, kann ich mir was besser merken.“84 Lukas hebt die Bedeutung des
bewusst wiederholten Sprechens hervor: „‘Tausendmal sagen‘ hilft mir, weil man das
dann öfter sagt, als man es sonst tut und dann kann ich es mir besser merken.“ Elena er-
84Wie Rampillon (1985: 102) bemerkt, ist das laute „Vor-sich-hin-Sprechen“ besonders effektiv, da die Möglichkeit
des mehrkanaligen Lernens geboten ist, wenn die Lernenden ihre Aussagen sprechen und dabei hören.

läutert den kommunikativen Nutzen von ‚Gespräche auswendig lernen‘: „Meistens sind
das tolle Gespräche. Das hilft mir, damit ich dann auch später mit Engländern reden
kann.“ „Intelligentes Raten“ verwendet Anna, z.B. beim Hören und Sehen einer Geschichte
oder eines Films, indem sie auch den Hintergrund mit einbezieht: „‘Auf Bilder achten‘,
das hilft mir beim Hören, weil wenn man die Bilder sieht kann man sich vorstellen, was die
sagen und dann kann ich das leichter verstehen. Und man sieht auch was dahinter passiert.“
Während „Abschreiben“ für einige Kinder hilfreich ist, wurde es mit am häufigsten als
nicht hilfreiche Strategie aufgezählt(4). Tim begründet dies mit der Notwendigkeit des
Sprechens: „‘Abschreiben‘ hilft mir nicht, da schreib ich nur die Buchstaben ab und weiß
nachher nicht, wie das ausgesprochen wird.“ Auch „das Wörterbuch benutzen“ und „einen
Dialog auswendig lernen“ wurden von 3 Kindern als nicht hilfreich bewertet. Für Astrid ist
die Benutzung eines Wörterbuchs noch zu komplex: „‘Wörterbuch benutzen‘ hilft mir
beim Finden von Wörtern nicht. Weil ich finde die Wörter dann nicht, das Lesen ist mir
noch sehr schwer.“ „Einen Dialog auswendig lernen und vorspielen“ ist für manche Kinder
unangenehm, wie für Lena: „Das hilft mir nicht, weil ich mach nicht gerne Theater. Da
fühl ich mich komisch.“ Damit wird deutlich, dass die Kinder zum einen individuelle Bedürfnisse
haben und sich zum anderen im Prozess der Strategieaneignung an unterschiedlichen
Stellen befinden.
Schreib- und Leseverstehensstrategien wurden abgesehen von der Benutzung eines Wörterbuchs
insgesamt weniger aufgeführt und häufig negativ besetzt. Dennoch gab es auch
hier individuell betrachtet verschiedene Ansichten. Beispielsweise bewertete Lena „Überlegen
wie etwas heißt“ im Sinne von intelligentem Raten bei einzelnen Wörtern als nicht
hilfreich: „Das hilft mir nicht beim Lesen, weil ich dabei andere Sachen im Kopf habe und
die vergesse ich dann wenn ich überlege, was ein Wort heißt.“ Tim vertritt die Sichtweise,
dass intelligentes Raten ihm hilft, „weil dann kann ich das mit dem Deutschen vergleichen,
ob was ähnlich ist und dann noch mit den Wörtern davor kann ich es noch besser machen.
Wenn davor z.B. steht ‚I go to the ...‘ dann kann da nicht „red“ stehen oder sowas.“ Lukas
äußert sich zu der Schreibstrategie „auf Ähnlichkeit achten“: „‘Ähnlich klingende Wörter‘
hilft mir nicht beim Schreiben, weil man sich dann auch gut vertun kann, dass das nicht
stimmt.“ Für Julian ist diese Strategie wiederum nützlich. Er achtet auf die Ähnlichkeit von
Wörtern beim Leseverstehen, Sprechen, Schreiben und Hörverstehen. Beim Schreiben
wendet er die Strategie vor allem beim Abschreiben an: „Wenn ein Wort so ähnlich aussieht
wie ein deutsches Wort, nicht wie man es ausspricht, aber wie es aussieht, dann könnten
die zusammengehören.“

Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass alle Kinder ihre individuelle Lernerstrategien-
Landkarte entwickelt haben und aufgrund derer zum größten Teil genau und individuell
begründen konnten, weshalb ihre ausgewählten Strategien für ihr Englischlernen hilfreich
sind oder nicht. Die Befürchtung, dass die Kinder Strategien in ihrer Landkarte aufnehmen,
ohne dies für sich erklären zu können, war somit unbegründet. Die wenigen der Strategien,
die die Kinder zum Zeitpunkt dieser Arbeit noch nicht für sich begründen könnten, geben
Anlass, Gelegenheit zur vertiefenden Erprobung zu ermöglichen. Damit die Kinder der 4.
Jahrgangsstufe verstärkt Strategien zum Schreib- und Leseverstehen entwickeln, kann dies
z. B. durch positive Beispiele der Kinder weiter angeregt werden.
 
Da es im alltäglichen Unterricht kaum leistbar ist, mit allen Kindern einzeln intensive Gespräche
über ihre Lernerstrategien-Landkarte zu führen, wäre es möglich, dass die Kinder
dies in Partnerarbeit ausführen und sich gegenseitig über ihre Strategien interviewen.

AUSWERTUNG: SELBSTSTÄNDIGKEIT
Zu Beginn der Erprobung befand sich die Mehrheit der Kinder in der ersten Stufe der
Selbstständigkeit. Das heißt sie waren überwiegend in der Lage, ihr Lernen selbstständig
zu planen und zu organisieren, u. a. durch die praktizierte Selbsteinschätzungskultur, die
den Kindern die Anforderungen des Lehrplans von Beginn an transparent macht. Die Stufe
der inhaltlichen Selbstständigkeit wurde ausgehend von meinen Beobachtungen lediglich
von drei Kindern beherrscht.
Nach Beendigung der Erprobung konnte ich beobachten, dass die meisten Kinder in der
Lage waren, auch inhaltlich einen selbstbestimmten Inhalt zu erschließen. Dies überwog in
den Bereichen, die sie intensiv erproben konnten und ist damit von Kind zu Kind unterschiedlich.
Durch weitere Möglichkeiten für das Erproben von Strategien könnte die
Selbstständigkeit in diesem Bereich weiter ausgebaut werden. Die reflektierende Selbstständigkeit
konnte angebahnt werden, da die Kinder ihren Lernprozess anhand der erprobten
Strategien evaluieren und bei Bedarf nach effektiveren Strategien suchen.

In den Interviews ergab sich ein ähnliches Bild. 17 der Kinder drückten aus, dass sie sich
mit dem Bewusstwerden, Erproben und insbesondere dem Festhalten der Strategien in einer
Landkarte als kompetentere Lerner fühlten. „Das macht meinen Bauch glücklich.“, so
ein Kind. Insgesamt wurde deutlich, dass die Kinder die Bedeutung ihrer Lernerstrategien-
Landkarte als wichtig ansahen. Auf die Frage „Wie hilft dir die Landkarte beim Englischlernen?“
sind im Folgenden einige Kommentare der Kinder aufgelistet, die die
Bedeutung der Lernerstrategien-Landkarte für das selbstständige Lernen veranschaulichen:
· Kind (4. Klasse): „Dann kann ich direkt nachgucken, was mir hilft und was nicht.“
· Kind (4. Klasse): „Wenn ich nicht weiß, wie ich lernen soll, dann guck ich hier drauf
und gucke mir an, aha, das hat mir geholfen und mache das dann. Oder ich kleb einen
neuen Pfeil drüber, wenn sich was ändert.“
· Kind (3. Klasse): „Naja, also, da hab ich meine Strategien drauf. Die Karte zeigt
mir den Weg, der besteht aus vielen Bestandteilen und manche sind falsch. Ich glaube,
das ist für mich so wie mit den Wochenzielen. Also dass man sieht, welche Strategien
man anwendet, wie man sich überhaupt vorstellt, wie man zu Englisch kommt.“
· Maja (3. Klasse): „Wenn man die Strategien ausnutzt. Wenn man die z.B. macht oder
wenn man sie sich nochmal anguckt. Ich würde das so machen, ich würde mir eine
aussuchen und dann benutze ich die und dann kann ich auch besser Englisch lernen.“

· Alexandra (2. Klasse): „Das hilft mir sehr gut. Weil man das ja selber gemalt hat und
selber hingeschrieben hat und es erklärt. Dann weiß man danach, was man damit anfangen
soll. Dann sage ich z.B. ‚ich will aufschreiben und dann aussprechen‘ und
dann mach ich das und dann macht das irgendwie höllisch Spaß.“
· David (2. Klasse): „Ich mach immer so weiter. Und wenn das nicht klappt, mach ich
wieder was anderes und kann die Wegweiser überkleben.“


4. FAZIT
Das entwickelte Konzept zur Entwicklung von Lernerstrategien trägt dazu bei, selbstreflexive
Einsichten des eigenen Englischlernens anzuregen und weiterzuentwickeln, um der
eigenen Lernerstrategien bewusst zu werden, sie zu stärken, zu erweitern und zu evaluieren.
Den Lehrenden liefert es die Möglichkeit, wertvolle Einsichten in die Denkweise und
Strategienanwendung der Kinder zu erhalten, um den Kindern angemessene Angebote im
Englischunterricht anbieten zu können. Gleichzeitig können die Lehrenden die Selbstbestimmung
der Kinder im Englischunterricht ausweiten und ihnen mehr Verantwortung für
ihr Lernen überlassen.
Das entwickelte Konzept stellt eine Möglichkeit dar, mit Grundschulkindern über ihre
Lernerstrategien zu reflektieren und sie weiterzuentwickeln. Der fachliche Kompetenzzuwachs
beginnt mit dem Versprachlichen bzw. Bewusstwerden der eigenen Lernerstrategien
und wird über den Prozess bis hin zur Lernerstrategien-Landkarte erkennbar. Die Durchführung
des Konzeptes hat gezeigt, dass die Kinder bereits eigene Lernerstrategien besitzen,
ihre Konzepte kommunizieren und sich mit den Lehrenden und anderen
MitschülerInnen darüber austauschen können. Sie sind in der Lage, Strategien gezielt zu
wählen, um sie auszuprobieren und gegebenenfalls in ihr Repertoire aufzunehmen. Die
Lernerstrategien-Landkarte hat sich als geeignetes Instrument für die Kinder herausgestellt,
um individuell und intensiv die eigenen Lernerstrategien bewerten und festhalten zu können.
Die Kinder haben einen hohen Zuwachs ihrer Lernerstrategien erfahren, ihre Verwendung
zugleich genauer begründen und dabei aus einem großen Strategierepertoire schöpfen
können. Inwieweit diese Kompetenzerweiterungen andere Kompetenzbereiche des Englischunterrichts
beeinflusst, ist im Rahmen dieser Arbeit nicht prüfbar. Aufgrund der Auswertung
der Selbstständigkeit kann vermutet werden, dass die Kinder ihr Englischlernen
zielstrebiger und bewusster in die Hand nehmen. Dabei ist der positive Effekt auf die Motivation
für das Englischlernen durch die Verwendung von Lernerstrategien hilfreich85.
85 Neuner-Anfindsen (2005: 29) beschreibt ähnliche Auswirkungen in ihrer Studie über Fremdsprachenlernen

 AUSBLICK
Für die Kinder der Englischgruppe „Learning In My Own Way“ schließt eine Phase der
Überarbeitung und der Vertiefung der Lernerstrategien an. Dabei können spezielle Lupen-
Landkarten erstellt werden, die einen einzelnen Strategiebereich genauer betrachten, um
einzelne Kinder in einem Bereich nachdrücklich zu fördern. Davon abgesehen ist beabsichtigt,
Lernerstrategien regelmäßig im Unterricht aufzugreifen, zu veranschaulichen, zu
vergleichen, zu lernen, zu entwickeln und zu evaluieren. Dabei wird das Ziel verfolgt, die
Kompetenzen der Kinder im Bereich der inhaltlichen Selbstständigkeit fest zu verankern
und in dem Bereich der reflektierenden Selbstständigkeit auszubauen.

Durch den demokratisch-kooperativen Austausch mit den Kindern wurden wertvolle Einsichten
über ihr Englischlernen gewonnen, aus denen weiterführende Konsequenzen für
den Englischunterricht an der Grundschule Harmonie gezogen werden können.

Das Konzept zur Entwicklung von Lernerstrategien schafft einen Rahmen, der die Notwendigkeit
von immer wieder stattfindenden Gesprächen über das Englischlernen aufzeigt. Daher gibt
es das Bestreben, das Konzept in den anderen Englischgruppen aufzugreifen. Dabei ist es
wünschenswert, das Konzept flexibel anzuwenden: Einzelne Lehrer werden den Fokus
mehr auf das Erproben legen, andere das Bewusstwerden von Lernerstrategien in den Mittelpunkt
stellen oder die Gespräche über das Englischlernen als festen Bestandteil des Unterrichts
immer wieder anregen.

Davon ausgehend wäre eine erste Grundlage gelegt, das Englischlernen der Kinder mehr
und mehr in das Schulleben und -lernen zu integrieren, so wie dies bereits mit Deutsch,
Mathematik, Sachunterricht, Kunst usw. geschieht. Wie dies konkret umgesetzt werden
kann und welche Anstöße dazu weiter nötig sind, wird auf der regelmäßig stattfindenden
Englischkonferenz gemeinsam mit dem Kollegium analysiert.

1 Trim zitiert bei Neuner-Anfindsen, S. (2005: 13).
2 Vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (2008: 11ff).
3 Vgl. dazu Artelt, C. (2003: 131ff).
4 Aufgrund der verbreiteten Verwendung in der Literatur wird an dieser Stelle das Binnen-I nicht genutzt.
Stattdessen wird hiermit darauf hingewiesen, dass mit dem Begriff „Lernerstrategien“ beide Geschlechter in
gleicher Weise gemeint sind.
5 Zu den ‚four skills‘ zählen Leseverstehen, Hörverstehen, Sprechen und Schreiben.
6 Cohen, A.; Macaro, E. (2008: 278).
7 Wie es beispielsweise in Zimmermann, G. (1997: 96ff) dargelegt ist. Vgl. auch Cohen, A. (2007: 13f).
8 Vgl. Bimmel, P.; Rampillon, U. (2000: 54). 
9 Vgl. Tönshoff, W. (2007: 331) oder Wolff, D. (2002: 339ff).
10 Vgl. Cohen, A. (2007: 29ff).
11 Vgl. Bimmel, P.; Rampillon, U. (2000: 45).
12 Vgl. Chamot/ O’Malley (1990: 43).
13 Wolff, D. (1997).
14 Für den aktuellen Bedarf zur Öffnung des Englischunterrichts siehe außerdem die EVENING-Studie,
nachzulesen bei: Engel, G. u.a. (2009: 197f).
15 Vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (2008: 11, 75, 83) sowie
das Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (2009: 2).
16 Vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (2008: 13).
17 Ebd. Seite 83.
18 Vgl. Rampillon zitiert bei Neuer Anfindsen, S. (2005: 35).
19 Vgl. Krumm (2007: 118). Als Einordnung in das Konzept der „communicative awarness“ vgl. Rampillon
zitiert bei Neuer-Anfindsen, S. (2005: 35) sowie Oxford, R. (1990: 8).
20 Wolff, D. (2002: 343ff).
21 Vgl. Tönshoff, W. (2007: 332f).
22 Vgl. Wolff, D. (2003: 74ff).
23 Ich habe in dieser Arbeit entweder geschlechtsneutrale Bezeichnungen oder das Binnen-I, mit dem beide
Geschlechter gemeint sind, verwendet.
24 Artelt, C. (u.a.) (2003: 131f).
25 Vgl. dazu Cohen, A. (2007: 38), Haß, F. (2006:168) sowie Bildungskommission NRW (1995).
26 Vgl. Eigler zitiert bei Zimmermann, G. (1997: 107). Für eine Übersicht vgl. auch White, C.; Schramm, K.;
Chamot, A. U. (2007: 112).
27 Ebd.
28 Vgl. z.B. O'Malley, J. M.; Chamot, A. U. (1990: 152), Wolff, D. (2003: 76f) sowie Düwell, H. (1992:
48ff).
29 Vgl. Wolff, D. (2003: 76).
30 Vgl. O'Malley, J. M.; Chamot, A. U. (1990: 152f).
31 Ebd.
32 Vgl. Tönshoff, W. (2007: 333).
33 Vgl. beispielsweise Oxford, R. (1990: 10f) und Wolff, D. (2002: 355ff).
34 Vgl. O'Malley, J. M.; Chamot, A. U. (1990: 152).
35 Vgl. Tönshoff, W. (2007: 332f).
36 Vgl. Haß, F. (2006: 170).
37 Vgl. Cohen, A. (2007: 39).
38 Vgl. Zimmermann, G. (1997: 101).
39 Ebd.
40 Vgl. Rubin zitiert bei Grenfell, M.; Macaro, E. (2007: 11) sowie Haß, F. (2006: 169f) und Oxford, R.
(1990: 17ff).
41 Vgl. O'Malley, J. M.; Chamot, A. U. (1990: 42ff).
42 Vgl. Rampillon, U. (1985: 26f).
43 Vgl. Haß, F. (2006: 172ff) und Rampillon, U. (1989: 32ff).
44 Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden die Namen der Kinder geändert.
45 Vgl. Haß, F. (2006: 172ff) sowie Rampillon, U. (1989: 33ff).
46 Ebd.
47 Dekodierungsstrategien dienen dazu, Wortbedeutungen ohne Hilfsmittel zu erschließen. Die Dekodierungsstrategien
sind besonders schwer voneinander zu trennen, da sie stark miteinander verknüpft sind.
48 Siehe dazu z.B.: http://dict.leo.org.
49 Vgl. Haß, F. (2006: 177).
50 Vgl. dazu den Lehrplan Englisch: Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-
Westfalen (2008: 71ff).
51 Für Kinder, deren Muttersprache Englisch ist, die bilingual aufwachsen oder sprachlernbegabt sind, ist es
durchaus sinnvoll, Strategien für das eigenständige Verfassen von langen Texten zu fördern.
52 Rampillon, U. (1989: 85) sowie Haß, F. (2006: 177f).
53 Die Verwendung des ‚note-taking‘ ist genauer unter 2.1.3.2.3 erläutert.
54 Vgl. Haß, F. (2006: 179) sowie Rampillon, U. (1989: 69ff).
55 Vgl. Haß, F. (2006: 179ff) sowie Rampillon, U. (1989: 97ff).
56 Vgl. Cohen, A. (1998:21).
57 Vgl. dazu z.B. Gilich, G. (1993: 6) oder reformpädagogische Ansätze wie bei Montessori.
58 Vgl. dazu Gilich, G. (1993), Artelt, C. (u.a.) (2003: 131ff).
59 In Anlehnung an Meyer, H. (2005: 168ff). Vgl. auch den Artikel „Kinder sind kompetente Lerner“ im
Förder- und Schulprogramm der Grundschule Harmonie unter www.grundschule-harmonie.de, insbesondere
Seite 19.
60 Im Folgenden werden die Lehrerkompetenzen dargelegt. Vgl. dazu das Seminarpapier AIDA (Arbeitsbereiche
In Der Ausbildung) des Studienseminars für Lehrämter an Schulen GHRGe (Grundschule) in Siegburg.
61 Vgl. Ellis, G.; Sinclair, B. (1989: 10).
62 Lehrerkompetenz „Unterrichten“ und Lehrerkompetenz „Diagnostizieren und Fördern“
63 Konrad, K., S. Traub (1999: 44).
64 Lehrerkompetenz „Beraten“
65 Lehrerkompetenz „Erziehen“
66 Walter Hövel,.Aus dem Förder- und Schulprogramm der Grundschule Harmonie, S.15, unter www.grundschuleharmonie.de.
67 Die Grundschule Harmonie bekam 2007 das Gütesiegel „Individuelle Förderung“ des Landes NRW.
68 Weitere Informationen zur Grundschule Harmonie, ihre Bedingungen und ihr Lernverständnis sind im
Anhang unter 6 von Dr. Falko Peschel zu finden.
69 Cohen, A. (2007: 26).
70 Vgl. dazu Tönshoff, W. (2007: 333).
71 Zu den Stufen der Öffnung siehe ausführlich: Peschel, F. (2002a: 76ff).
72 Vgl. Kapitel 2.1.2.
73 Auch hier liegt die Orientierung an dem qualitativen Interview in Form eines Leitfadens zugrunde.
74 Zur Evaluation wurden alle Gespräche transkribiert. Im Anhang sind exemplarisch jeweils zwei Transkriptionen
pro Erhebungsphase zu finden.
75 Vgl. Heinzel, F. (1997: 402f).
76 Ebd. Seite 397.
77 Ebd. Seite 406f.
79 Ellis, G.; Sinclair, B. (1989: 5).
80 Im Anhang auf Seite viii sind zur Veranschaulichung der Auswertung exemplarisch Transkriptionen und
Diagramme beigefügt.
81 Die eingeklammerte Zahl stellt die Anzahl der Kinder dar, die diese Strategie genannt haben

LITERATURVERZEICHNIS
Artelt, C. (u.a.) (2003): Selbstreguliertes Lernen: Motivation und Strategien in den Ländern
der Bundesrepublik Deutschland. In: J. Baumert (u.a.) (Hrsg.), PISA 2000 – Ein
differenzierter Blick auf die Länder der Bundesrepublik Deutschland, Opladen: Leske
und Budrich, 131-164.
Bildungskommission NRW (1995): Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. Denkschrift
der Kommission 'Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft' beim Ministerpräsidenten
des Landes Nordrhein-Westfalen. Berlin: Luchterhand.
Bimmel, P.; Rampillon, U. (2000): Lernerautonomie und Lernstrategien. Berlin: Langenscheidt.
Cohen, A. D. (2007): Coming to terms with language learner strategies: surveying the experts.
In: A. Cohen, E. Macaro (Hrsg.), Language Learner Strategies: Thirty Years of
Research and Practice. Oxford: Oxford University Press, 29-46.
Cohen, A. D. (1998): Strategies in Learning and Using a Language. New York: Addison
Wesley Languan Limited.
Düwell, H. (1992): Strategien des Lernens und Strategien des Lehrens für den Fremdsprachenunterricht.
In: H. v. Bömmel, H. Christ, M. Wendt (Hrsg.), Lernen und Lehren fremder
Sprachen. Tübingen: Gunther Narr Verlag, 39-61.
Ellis, G.; Sinclair, B. (1989): Learning to learn English: A course in Learner Training.
Teacher’s Book. Cambridge: Cambridge University Press.
Engel, G.; Groot-Wilken, B.; Thürmann, E. (2009): Englisch in der Primarstufe – Chancen
und Herausforderungen. Evaluationen und Erfahrungen aus der Praxis. Berlin: Cornelsen
Verlag.
Förder- und Schulprogramm der Grundschule Harmonie. Erhältlich unter:
www.grundschule-harmonie.de (Stand: 6.12.2009).
Gilich, G. (1993): Selbst, Selbststätigkeit, Selbstständigkeit. Analyse pädagogischer
Grundbegriffe als Beitrag zu einer Theorie von Selbstunterricht. Frankfurt: Lang.
Grenfell, M.; Macaro, E. (2007): Claims and critiques. In: A. Cohen, E. Macaro (Hrsg.),
Language Learner Strategies: Thirty Years of Research and Practice. Oxford: Oxford
University Press, 9-28.
Haß, F. (2006): There's method in this madness - Die Entwicklung von
Methodenkompetenz im Englischunterricht. In: F. Haß (Hrsg.), Fachdidaktik Englisch.
Stuttgart: Klett Verlag, 168-183.
Heinzel, F. (1997): Qualitative Interviews mit Kindern. In: B. Friebertshäuser, A. Prengel,
(Hrsg.), Handbuch qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. Weinheim:
Juventa Verlag, 396-413.
Konrad, K., S. Traub (1999): Selbstgesteuertes Lernen in Theorie und Praxis. München:
Oldenbourg.
Krumm, H.-J. (2007): Lehr- und Lernziele. In: K.-R. Bausch, H. Christ, H.-J. Krumm
(Hrsg.), Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Francke Verlag, 116-121.
Meyer, H. (2005): Was ist guter Unterricht? Berlin: Cornelsen.
Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (2008): Richtlinien
und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen. Frechen: Ritterbach.
Neuner-Anfindsen, S. (2005): Fremdsprachenlernen und Lernerautonomie. Sprachlernbewusstsein,
Lernprozessorganisation und Lernstrategien zum Wortschatzlernen in Deutsch
als Fremdsprache. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
O'Malley, J. M.; Chamot, A. U. (1990): Learning Strategies in Second Language Acquisition.
Cambridge: Cambridge University Press.
Oxford, R. (1990): Language Learning Strategies: What Every Teacher Should Know. Oxford:
Heinle & Heinle.
Peschel, F. (2002a): Offener Unterricht. Idee Realität und Perspektive und ein praxiserprobtes
Konzept zur Diskussion. Teil 1. Allgemeindidaktische Überlegungen. Baltmannsweiler:
Schneider Verlag Hohengehren.
Peschel, F. (2002b): Offener Unterricht. Idee Realität und Perspektive und ein praxiserprobtes
Konzept in der Evaluation. Teil 2. Fachdidaktische Überlegungen. Baltmannsweiler:
Schneider Verlag Hohengehren.
Rampillon, U. (1985): Lerntechniken im Fremdsprachenunterricht. München: Hueber
Verlag.
Studienseminar für Lehrämter an Schulen GHRGe (Grundschule): Seminarpapier AIDA.
Arbeitsbereiche In Der Ausbildung. Unveröffentlichtes Dokument.
Tönshoff, W. (2007): Lernerstrategien. In: K.-R. Bausch, H. Christ, H.-J. Krumm (Hrsg.),
Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Francke Verlag, 331-335.
White, C.; Schramm, K.; Chamot, A.U. (2007): Research methods in strategy research. In:
A. Cohen, E. Macaro (Hrsg.), Language Learner Strategies: Thirty Years of Research and
Practice. Oxford: Oxford University Press, 9-28.
Wolff, D. (2003): Lernerstrategien beim Fremdsprachenlernen. In: K.-R. Bausch, H.
Christ, & H.-J. Krumm (Hrsg.), Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Francke
Verlag, 70-77.
Wolff, D. (2002): Fremdsprachenlernen als Konstruktion. Grundlagen für eine konstruktivistische
Fremdsprachendidaktik. Frankfurt: Peter Lang.
Wolff, D. (1997): Lernstrategien: Ein Weg zu mehr Lernerautonomie. In: Zeitschrift für
interkulturellen Fremdsprachenunterricht [Online], 3(3). Erhältlich unter
http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at:4711/LEHRTEXTE/Wolff98.html (Stand: 6.12.2009).
Zimmermann, G. (1997): Anmerkungen zum Strategienkonzept. In: U. Rampillon, G.
Zimmermann (Hrsg.), Strategien und Techniken beim Erwerb fremder Sprachen.
Ismaning: Hueber Verlag, 95-109.